Die sogenannte „Künstliche Intelligenz“ durchdringt immer mehr Bereiche des täglichen Lebens. Oft wird sie einem schon beim Aktualisieren simpelster digitaler Anwendungen aufgenötigt. Und nicht nur Wirtschaftsverbände verkaufen sie als das Allheilmittel für fast alle Gebiete und schüren die Angst, KI würde Millionen Arbeitsplätze vernichten. Und so beiläufig findet KI inzwischen auch in der Leipziger Stadtverwaltung Anwendung. Weshalb OBM Burkhard Jung im Dezember 2024 erste Leitlinien zur Anwendung der KI in der Verwaltung erlassen musste.

Da das nicht der Stadtrat beschließen zu beschließen hatte, fand das auch noch keinen großen Nachhall in der Öffentlichkeit. Aber in der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen war man nun hellwach. Denn gleichzeitig kündigte die Verwaltungsspitze an, ein KI-Register zu erstellen, in dem die Leipziger Anwendungen von KI nachvollzogen werden können.

Das Register sollte eigentlich schon im März 2025 vorliegen.

„Mit der Vorlage VII-DS-09934: Bewertung und Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) in der Stadtverwaltung und Stadt Leipzig hat sich die Verwaltung selbst dazu verpflichtet, KI entsprechend eigenen KI-Leitlinien verantwortungsvoll einzusetzen. Dazu soll ein KI-Register zur Erfüllung der Anforderungen aus dem EU AI Act erstellt werden, in dem jede neu einzuführende KI-Anwendung verzeichnet wird. Laut Vorlage sollte der Aufbau des KI-Registers bis März 2025 abgeschlossen sein“, geht die Grünen-Fraktion in einer aktuellen Anfrage auf diesen Umstand ein.

Das KI-Register

Das Register existiert sogar irgendwie schon, wie die Grünen einem Artikel des städtischen IT-Dienstleisters Lecos aus dem Mai 2025 entnehmen konnten.

Im Mai hatte die Lecos dort berichtet: „Im März hat die Lecos einen wichtigen Fortschritt für die Digitalisierung und den verantwortungsvollen Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Stadtverwaltung Leipzig erreicht: Die hauseigene KI-Lösung zur automatisierten Bestimmung des zuständigen Sachbearbeitenden wurde als weiterer Anwendungsfall vorläufig ins offizielle KI-Register der Stadt Leipzig eingetragen. (…)

Deshalb kann diese KI-Lösung der Lecos nun von Mitarbeitenden der Stadt Leipzig in der zum Ordnungsamt gehörenden Ausländerbehörde eingesetzt werden: Dank ihr können Anträge, Anfragen und Mitteilungen an die Behörde automatisiert dem zuständigen Sachbearbeitenden zugeordnet werden.

Das reduziert Postlaufzeiten, beschleunigt die Bearbeitung von Bürgeranliegen und ermöglicht es dem Sekretariat der Ausländerbehörde, bei gleichbleibender Personalausstattung, mit dem gewachsenen Arbeitsaufkommen umzugehen.“

Der Algorithmus der KI verbessert also die Verwaltungsakte in der Ausländerbehörde.

Vorerst nur verwaltungsintern

Aber sucht man das Register, in dem man auch die anderen KI-Anwendungen finden könnte, wollte die Grünen-Fraktion wissen. Sollte nicht den Stadträten jederzeit die Möglichkeit gegeben sein, in dieses Register zu schauen?

Irgendwie aber steht das Register derzeit nur verwaltungsintern zur Verfügung, teilt jetzt das Verwaltungsdezernat mit.

„Das KI-Register steht aktuell nur zur internen Transparenz zur Verfügung, um KI-Aktivitäten innerhalb der Stadt zu koordinieren“, erklärt das Dezernat in seiner Antwort. „Es kann in der aktuellen Form nicht veröffentlicht werden, da es vorwiegend interne Prozessinformationen enthält.“

Aber dabei soll es nicht bleiben, betont das Verwaltungsdezernat: „Wir planen jedoch bis Ende 2025 auf der Seite leipizg.de einen Bereich mit Informationen zu im produktiven Einsatz befindlichen KI-Lösungen aufzubauen. Ferner planen wir im 4. Quartal den FA Allgemeine Verwaltung über aktuelle Aktivitäten zu informieren.“

Erste Anwendungen

Aber welche KI-Anwendungen beinhaltet das Register jetzt schon, wollte die Grünen-Fraktion wissen. Denn darüber gibt es ja keine offiziellen Meldungen, obwohl es gerade die gewählten Stadträte brennend interessieren dürfte, wo die Technik schon zum Einsatz kommt.

„Neben der automatischen Postsortierung in der Ausländerbehörde und der Digitalisierung der Verkehrszählung im Artikel der Lecos sind Übersetzungstools auf leipzig.de und Bildpixelverbesserungen (Typo3 Upscale Programme) im KI-Register enthalten“, zählt nun das Verwaltungsdezernat auf.

Das ist noch nicht viel, lässt aber ahnen, wie KI-Anwendungen sich auf verschiedensten Ebenen für Außenstehende kaum wahrnehmbar in Prozesse der Stadtverwaltung schieben.

Dass es dabei nicht bleiben wird, hatte OBM Jung in seiner Vorlage vom Dezember schon recht ausdrücklich beschrieben: „KI als Technologie bietet der Stadtverwaltung viele Chancen. Durch einen bewussten und kontrollierten Einsatz können Effizienzen gesteigert und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlastet werden. Bei Wegfall von wiederkehrenden Aufgaben durch Automatisierung, kann der Fokus mehr auf Arbeit am Menschen oder auf Ausnahmefälle gelegt werden.“

Vorrangig zur Entlastung der Angestellten

Noch ist diese Automatisierung – außer in der Ausländerbehörde – nicht sichtbar. Aber ganz offensichtlich wird die KI-Nutzung in den nächsten Jahren ein Teil der Strategie sein, Verwaltungsprozesse zu automatisieren und Personalstellen einzusparen.

„Treiber für die Entstehung dieser Vorlage ist die zwingende Notwendigkeit der Automatisierung und Teilautomatisierung von komplexen sowie hochstandardisierten Verfahren. Damit soll eine bessere Effizienz der Verfahren erreicht, zunehmende Schwierigkeiten bei der Fachkräftegewinnung ausgeglichen, nachlassende Arbeitszufriedenheit durch dauerhaft anhaltende Überlastung kompensiert werden“, beschrieb es die Vorlage vom Dezember.

„Der Einsatz von KI-gestützten Verfahren in konkreten, stark repetitiven Prozessschritten soll durch diese Vorlage ermöglicht und unterstützt werden. Die Diskussion über KI hat bereits zu einigen konkreten Anwendungsfällen geführt. Die Stadtverwaltung setzt KI vorrangig zur Entlastung der Beschäftigten von einfachsten Aufgaben ein.“

Die Vorlage zeigte sich sogar sehr optimistisch, dass die KI-Anwendungen in der Leipziger Verwaltung bald deutlich zunehmen werden: „Fazit aus der Beobachtung der Fachliteratur und dem Austausch in Facharbeitskreisen zeigt: Generative KI kann in Stadtverwaltungen eingesetzt werden. Die Frage ist nicht mehr, ob, sondern wie, für welche Aufgaben, unter welchen rechtlichen Bedingungen und welche Lösungen passgenau sind.“

Wirkliche Bedenken gegen die Nutzung von KI-Tools enthielt die OBM-Vorlage jedenfalls nicht.

„Künstliche Intelligenz (KI) ist eine Technologie, welche zukünftig umfassend dabei unterstützen kann, den gesellschaftlichen Auftrag der Stadtverwaltung Leipzig zu erfüllen, beispielsweise zur Förderung von effizienten Prozessen, Wirtschaft, Gesellschaft und Lebensqualität der Bürger. KI umfasst Systeme, die in der Lage sind, Aufgaben zu lösen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern“, beschreibt die OBM-Vorlage die erwarteten Vorteile für die Stadt.

Und betont: „Die Stadtverwaltung soll KI verantwortungsvoll nutzen, um Anwendungen und Lösungen zu entwickeln, die den KI-Leitlinien entsprechen und einen Mehrwert für Mitarbeiter und Bürger bieten. Es wird darauf geachtet, KI nicht als Selbstzweck zu verwenden und kritisch zu prüfen, wo ihr Einsatz sinnvoll und angemessen ist.“

Die KI biete „Potenziale zur Verbesserung von Bürgererfahrungen, Entlastung durch geringeren manuellen Aufwand und Raum für berufliche Weiterentwicklung“, betonte die Vorlage den erwarteten Nutzen von KI-Anwendungen. „Es sind allerdings klare Regelungen erforderlich, die sicherstellen, dass KI-Anwendungen mit den Grundsätzen einer guten Verwaltungsarbeit und im Zusammenspiel mit unserem Leitbild funktionieren. Die Einführung eines KI-Registers und die regelmäßige Bewertung neuer KI-Anwendungen vor ihrem Einsatz sind notwendig.“

Ein Arbeitsaufwand, von dem jetzt schon sicher ist, dass er deutlich zunehmen wird, je mehr KI-Werkzeuge in der Leipziger Verwaltung zum Einsatz kommen. Und entsprechend besorgte Nachfragen aus dem Stadtrat werden ebenso zunehmen. Denn hier geht es nicht nur um Verwaltungsprozesse, sondern auch um Berge von sensiblen Daten, die bei allen Verwaltungsprozessen eine zentrale Rolle spielen.