Die SPD fordert eine Wende in der deutschen und europäischen Politik zur Stahlindustrie: Um Jobs und Unternehmen in der EU zu retten, soll zukünftig vorrangig europäischer Stahl gekauft werden. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die heimische Wertschöpfung abwandert, weil internationale Regeln nicht mehr funktionieren“, heißt es in einem sechsseitigen Papier zur Stahlindustrie, aus dem die Nachrichtenagentur Reuters zitiert. Der Stahlsektor sei von großer strategischer Bedeutung, weshalb Europa etwa für die Rüstungsproduktion nicht auf Importe aus anderen Weltregionen angewiesen sein dürfe.
Bundesfinanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil hatte bereits in einer europapolitischen Grundsatzrede am 24. September eine „strategische Industriepolitik“ und Abnahmevorgaben wie „Buy European“-Regeln vorgeschlagen. Das Papier der SPD formuliert diesen Ansatz nun aus. Gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte Klingbeil: „Wir müssen in wichtigen Bereichen wie unserer Infrastruktur bevorzugt Stahl nutzen, der hier produziert wird. Das gilt gerade jetzt, wenn wir mit unserem 500-Milliarden-Euro-Investitionspaket wie noch nie zuvor in unsere Infrastruktur investieren.“
Arbeitsministerin Bärbel Bas sagte den Funke-Zeitungen, die Stahlproduktion müsse eine Zukunft in Deutschland haben. „Eine starke Stahlindustrie ist unverzichtbar für unseren Industriestandort und auch eine Frage der nationalen Sicherheit.“ Der SPD-Bundesvorstand soll die entsprechende Strategie mit dem Titel „Standort stärken, Transformation voranbringen, Arbeitsplätze sichern“ den Funke-Zeitungen zufolge am Montag beschließen.
Handelsschutz, Importbegrenzungen und Strompreissenkungen: Die Forderungen der SPD
In dem Papier heißt es, dass der Stahlsektor in Deutschland unter Druck stehe, obwohl deutsche Unternehmen hochinnovativ und international Vorreiter bei der Umstellung auf klimafreundliche Produktion seien.
© Lea Dohle
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Die SPD fordert, dass die EU-Kommission einen „robusten Handelsschutz“ gegen unfaire Praktiken anderer Länder durchsetzt: „Es geht hier nicht um Protektionismus, sondern um die Durchsetzung fairer Wettbewerbsregeln und europäischer strategischer Interessen.“ Die Menge an Stahlimporten solle reduziert werden.
Die schwarz-rote Bundesregierung wird dazu aufgefordert, Regeln für die Beschaffung klimafreundlicher Produkte festzulegen, besonders bei Stahl. Notfalls müsste der Export von Stahlschrott beschränkt werden, da dieser als Rohstoff wichtig sei.
Zudem fordert die SPD ein EU-Importverbot für russische Stahlerzeugnisse. Dabei müsse auch vermieden werden, dass diese indirekt, zum Beispiel über Drittländer wie die Türkei oder durch Weiterverarbeitung in Staaten wie Serbien, auf den europäischen Markt kommen könnten.
Der Strompreis für die Stahlindustrie sei trotz der beschlossenen Entlastungen noch zu hoch. Die Bundesregierung müsse sich deshalb auf EU-Ebene für Regelungen für einen Industriestrompreis einsetzen.
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