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Immer mehr russische Autobauer setzen Kurzarbeit ein. Das vertreibt die Fachkräfte. Jetzt sucht der Sektor nach Antworten.

Moskau – Probleme am russischen Automarkt auf der einen Seite, fehlende Einnahmen aus dem Ölexport und eine waschechte Treibstoffkrise auf der anderen: Kreml-Chef Wladimir Putin findet keine Lösungen. West-Sanktionen und ukrainische Angriffe auf russische Infrastruktur sorgen derzeit für ein regelrechtes Chaos in Russlands Wirtschaft. Der Autosektor ist nun auch betroffen.

Putins Auto-Branche steht vor Fachkräftemangel – wegen Kurzarbeit-Problemen

Aktuell steht die GAZ-Gruppe, einer von Russlands führenden Autoherstellern, offenbar vor einer wachsenden Mangellage bei den Arbeitskräften. Die reduzierten Arbeitszeiten in Russlands Autoindustrie führen zu einer Minderung der Gehälter, was wiederum dafür sorgt, dass talentierte Arbeitskräfte das Unternehmen verlassen. Das berichtete die Moscow Times unter Berufung auf entsprechende Äußerungen per Telegram-Kanal.

Wladimir Putin in Sotschi.Wladimir Putin in Sotschi (Symbolfoto). Immer mehr russische Autobauer setzen Kurzarbeit ein. Das vertreibt die Fachkräfte. Jetzt sucht der Sektor nach Antworten. © IMAGO / APAimages

Die Mangellage betrifft dabei ein ganzes Spektrum von Arbeitskräften: Mechaniker, Elektriker, Schweißer und Gas-Arbeiter. Von ihnen gibt es angeblich deutlich zu wenige im Werk in Nischni Nowgorod. Die Angestelltengehälter sollen um 20 Prozent gesunken sein, seit GAZ im Juli eine Viertagewoche eingeführt hat.

Das Problem werde von harten Arbeitsbedingungen und alternden Fabriken verschärft. Eine Anfrage hatte GAZ‘ Presse-Service unbeantwortet gelassen. Das Management hat die Mitarbeiter um mehr Geduld beschworen und versucht nun, die Spezialisten vom Abgang abzuhalten. Russlands Automobilmarkt steckt dabei allgemein in der Krise – es ist nicht nur GAZ betroffen.

Autosektor mit massiven Einbrüchen – Verfall in Russlands wichtiger Branche seit 2008

Tatsächlich steht der Autosektor in Russland vor mehreren Problemen. Zunächst einmal wären da deutliche Einbrüche bei den Verkäufen. In der ersten Jahreshälfte 2025 sollen die Verkäufe von mittelgroßen Trucks um fast 40 Prozent zurückgegangen sein, die von leichten Pkw um rund 30 Prozent und bei Bussen steht ein Minus von 60 Prozent auf dem Papier. Das russische Ministerium für Industrie und Handel berichtete im September einen Rückgang bei allen Neuwagenverkäufen um 25 Prozent, teilte die Nachrichtenagentur Xinhua mit.

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Seit den frühen Zweitausenderjahren hat der Sektor einen drastischen Verfall durchgemacht. 2008 konnte Russland noch drei Millionen Neufahrzeuge verkaufen. Experten glaubten an eine echte Konkurrenz zu Deutschland als größtem Automarkt. 2024 erreichte Russland gerade die Hälfte der Umsätze von 2008 – mit sinkender Tendenz.

Die Kurzarbeit ist dabei kein Symptom, an dem nur ein Autobauer leidet. Auch der Lkw-Konzern Kamaz und der Bus-Spezialist Liaz haben – so berichtete der Focus – bereits mit Kurzarbeit angefangen. Hier kommt ein weiteres Problem für den Sektor ins Spiel: westliche Sanktionen. Diese verbieten es, wichtige Bauteile und Elektronik nach Russland zu liefern. Alle technologieabhängigen Bereiche leiden darunter, neben den Automobilen übrigens auch der Luftfahrtsektor.

China unterstützt Russland weiter – und breitet sich in Auto-Sektor aus

Bei der ganzen Sache gibt es jedoch einen großen Gewinner: China. Das „Reich der Mitte“ unterstützt Russland in einer ganzen Reihe von Sektoren; auch, wenn es um die Umgehung von Sanktionen geht. In diesem Fall aber hat China den siechenden russischen Autosektor und den Abgang westlicher Unternehmen genutzt, um seine eigenen Modelle am russischen Markt fest zu etablieren.

Das Branchenportal Just-Auto hatte schon 2024 berichtet, dass die engen diplomatischen Bande zwischen Moskau und Peking zu einer deutlichen Expansion chinesischer Hersteller hinein in den russischen Automarkt führten. Im Mai 2024 hatten die Autos der Chery-Gruppe bereits 19 Prozent Marktanteil, der chinesische Autohersteller GWM 14 Prozent. Der Influx chinesischer Autos hätte dazu beigetragen, dass sich der Markt wieder leicht erholt habe – zumindest war das im Jahr 2024 noch der Fall.

Allerdings haben die chinesischen Autos jetzt einen derartigen Marktanteil, dass der russische Markt schwer von chinesischen Importen abhängig ist. China weiß diese Abhängigkeiten auszunutzen. Ähnlich war es nämlich beim Öl- und Gasexport gewesen: Weil die westlichen Käufer abgesprungen waren, hatte Kreml-Chef Wladimir Putin gar keine andere Chance gehabt, als sich nach Asien zu wenden. Dort hatten China und Indien es verstanden, hohe Rabatte herauszuhandeln.