Ein heiterer, aber etwas ungewöhnlicher Abend im alternativen Kulturzentrum LOCH. Im Publikum um mich herum schnappe ich Gespräche auf, in denen die Besucher:innen sich selbst als “eingefleischte heute-show-Gucker” bezeichnen, für deren Kinder diese Art von Comedy bereits “zu konservativ” sei. Tatsächlich scheint der Altersdurchschnitt an diesem Abend etwas höher zu sein, als man es im LOCH gewohnt ist. Dieser Eindruck verstärkt sich, als Friedemann Weise die “Gen Z” dazu auffordert, sich durch Klatschen bemerkbar zu machen: Stille. Danach lautes Gelächter im Publikum. Der Kabarettist wirkt wenig überrascht davon, dass nur wenige junge Menschen seine Auftritte besuchen. Im Verlauf der Show verstehe ich dann allmählich, weshalb das so ist.
Weniger politische Satire, mehr skurrile Kleinkunst
Kennt man Weise, wie ich bislang nur von seinen Auftritten in der politischen Satiresendung heute-show, so scheint sein Live-Programm deutlich unpolitischer. Mit seiner Gitarre besingt er zwar gelegentlich aktuelle Themen wie den Wohnungs- und Fachkräftemangel in Deutschland, bleibt dabei jedoch eher oberflächlich und wagt keine schärfere Kritik an diesen Missständen. Im Laufe des Abends wird mir klar: Weise geht es in erster Linie um Unterhaltung – die ihm auch durchaus gelingt. Er schafft es, das Wuppertaler Publikum durch seine absurde, fast schon dadaistische Performance zum Lachen zu bringen, und liefert seiner Zuschauer:innen dabei auch immer eine Prise Wohlfühlkritik.
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“Content” als Oberthema?
Elternschaft, Nostalgie, saisonale Küche, Gottes Sicht auf die Menschheit – all diese Themen verarbeitet der Comedian in seinen Witzen, Liedern und mithilfe seines Begleiters Friedemännchen, der in einer kleinen Box lebt und zwischendurch auf eine Leinwand hinzugeschaltet wird. An Kreativität und Dramaturgie mangelt es in diesem multimedialen, fast Musical-artigen Programm nicht. Thematisch lässt sich hingegen kein roter Faden erkennen. Das Thema “Content”, welches sowohl im Namen als auch in der Beschreibung des Programms als zu behandelnde Frage angeteasert wird, spielte meines Erachtens eine eher nebensächliche Rolle in Weises Darbietung. Vielleicht ist genau das aber auch so gewollt – denn, wie der Text es sagt, kann alles Content sein. Mir kam zum Ende hin der Gedanke auf, dass die Show sich ein bisschen so anfühlt, als scrollte man durch einen beliebigen Social Media-Feed: viele absurde, zusammenhanglose Inhalte, „Brainrot“, Alltägliches, ab und zu politische Themen. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass Weise in seinem Programm konkreter auf das wirklich interessante Konzept von “Content” eingegangen wäre.
Trotz aller inhaltlichen Banalität konnte Friedemann Weise seinem Publikum einen sichtlich angenehmen Abend in heiterer Atmosphäre bescheren und wahrscheinlich auch dem Einen oder der Anderen eine humoristische Auszeit vom oft so eintönigen Alltag bieten. Für Comedy- und Kabarett-Fans aller Altersklassen hat der Salon Knallenfalls weitere spannende Shows in Wuppertal und der Umgebung im Programm. »jg«