Es war einmal eine Techno Marching Band, die nannte sich Meute, deren Mitglieder trugen stets knallrote, mit goldenen Knöpfen versehene, ausgediente Spielmannszug-Jacken. Elf Männer an der Zahl, die an einem Tage im Frühjahr 2016 ein Video eines spontanen Live-Auftritts im Hamburger Schanzenviertel auf Youtube hochluden. So ziemlich aus dem Nichts, nur Bläser, Drums, Marimba und Sousaphon und dem gecoverten Song „Rej“. Das Ding ging viral, mit über 400.000 Aufrufen innerhalb weniger Tage.

Heutzutage sind es über 4,7 Millionen Aufrufe, noch vielmehr hat „You & Me /Flume Remix“ mit über 73 Millionen. Was macht die Faszination dieser Musik-Truppe aus, die zudem live einfach immer das Publikum zum best gelaunten Tanzen bringt?

Auch interessant: Weltstar Katy Perry will am Montag ins All fliegen – Fans sorgen sich um ihr Leben

Thomas Burhorn: Der Genre-Jongleur mit dem Musikdiplom

Meute selbst benennt die Musik-Genres, zwischen denen sie gekonnt, lässig, rasant und mal sehr laut und mal sehr leise hin und her jongliert, als Deep House, House, Techno. Aber es sind auch immer wieder Elemente des Funk- und Jazz-Elemente, die en passant in den Vortrag einfließen und ihn noch weniger einordbar werden lassen.

Ganz bei sich und der Musik: Bandleader Thomas Burhorn im Moment völliger Konzentration.
Archivfoto: IMAGO / ZUMA Press Wire

Ganz bei sich und der Musik: Bandleader Thomas Burhorn im Moment völliger Konzentration.Icon MaximizeIcon Lightbox Maximize

SchliessenX ZeichenKleines Zeichen welches ein X symbolisiert

Bandleader von Meute ist deren Gründer, Thomas Burhorn. Der 48-Jährige hat Musik studiert an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater, gelegen an der so schönen Außenalster, mit dem Schwerpunkt Jazz. Seine Diplomarbeit verfasste er über grandiose Film-Musik: Miles Davis‘ Soundtrack zu Louis Malles Film Noir-Klassiker „Fahrstuhl zum Schafott“.

Auch interessant: Nur noch ein Monat bis zum ESC-Finale: Sorge um die Stimme von Abor & Tynna

Davis lebte zu dieser Zeit, 1958, eine Weile in Paris und spielte den Soundtrack improvisiert parallel zum laufenden Film ein. „Ein Meisterwerk“, befindet Thomas Burhorn kurz und bündig, wohl wahr.

Die Meute bleibt ein Faszinosum

Meute gibt’s bald ein Jahrzehnt, inklusive erzwungener Konzert- und Tourneepause durch Corona. In diesem Zeitraum ist die Techno Marching Band relativ stabil in ihrer Zusammensetzung. Man war inzwischen auf mehreren Kontinenten, kreuz und quer durch Europa, Nord- und Südamerika, Afrika, Australien und Ozeanien. Ganz schön herumgekommen, die Meute. Und es kommen jährlich immer mehr Stationen dazu.

Früh übt sich: Auch die jüngsten Fans feiern – mit Ohrschutz und leuchtenden Augen.
Archivfoto: IMAGO / VIADATA

Früh übt sich: Auch die jüngsten Fans feiern – mit Ohrschutz und leuchtenden Augen.Icon MaximizeIcon Lightbox Maximize

SchliessenX ZeichenKleines Zeichen welches ein X symbolisiert

Nicht zuletzt, weil Meute zunehmend auf großen Festivals gebucht wird, denn wenn sie auf der Bühne steht, bebt diese und weckt im Publikum sofort Glücksgefühle. Ein permanentes Faszinosum, gleich wo die Band auftritt: im Club, auf der Straße, in Konzertsälen oder Open Air, alles bewegt sich, groovt und tanzt. Thomas Burhorn betont, dass die Musiker sich „immer im Klaren darüber sein müssen, wie wir etwa auf der Bühne oder der Straße miteinander agieren.“

Irgendwo zwischen Jazz, Pop, Techno, House und klassischer Musik

Immerhin müssen elf individuell eingestellte Musiker ein ums andere Mal die Cover-Songs oder Eigen-Kompositionen zusammen rüberbringen in einer jeweils der Umgebung angepassten musikalischen Big Band-Choreografie. „Und wir reisen ja wahnsinnig viel zusammen, haben immer eine Musikbox dabei und hören alles Mögliche: Jazz und Pop, Techno, House, klassische Musik“, erklärt Thomas Burhorn.

Wenn der Tag zur Nacht wird und der Groove bleibt: Meute in der Abenddämmerung.
Archivfoto: IMAGO / VIADATA

Wenn der Tag zur Nacht wird und der Groove bleibt: Meute in der Abenddämmerung.Icon MaximizeIcon Lightbox Maximize

SchliessenX ZeichenKleines Zeichen welches ein X symbolisiert

Wenn es um Arrangements gehe, so sagt er weiter, verlasse man sich sowohl aufs Bauchgefühl wie auf den hohen musikalischen Sachverstand von Meute. Selbstverständlich muss es immer diese „Meute-like-Sound“ sein, der am Ende der jeweiligen Cover oder der kompositorischen Phase steht. Immerhin wollen etwa Elektro-Beats mit Blasinstrumenten umgesetzt werden.

Auch interessant: Spontane „Fanta 4“-Absage für Auftritt bei Handball-Finale in Köln

Aber es kann schon mal vorkommen, dass man sich im Studio mit aller Passion streitet, „der Diskurs in der Gruppe“, meint der überlegte Thomas Burhorn lächelnd, „ist schon sehr ausgeprägt, unsere Musikfindung ist ein sehr komplexer Prozess.“

Paris, New York City, Chicago, Kapstadt, Kopenhagen…

Braucht man da mithin Abstand, wenn man doch ständig mit so vielen anderen Musikern zusammen ist, ob in Studios, im Tourbus oder hinter der Bühne vor einem Auftritt. Erstaunlicherweise harmonieren die Meute-Mitglieder auf hohem sympathischen Niveau miteinander. „Dass man ab und zu dann mal gern allein mit sich ist, wird von jedem Band-Mitglied respektiert“, sagt Thomas Burhorn, ob das nun in Paris, New York City, Chicago, Kapstadt, Kopenhagen, Warschau, Hamburg oder Melbourne sein mag.

Elf Musiker, ein Klangkörper: Meute in Aktion auf einer ihrer vielen Festivalbühnen.
Archivfoto: IMAGO / Arvid Müller

Elf Musiker, ein Klangkörper: Meute in Aktion auf einer ihrer vielen Festivalbühnen.Icon MaximizeIcon Lightbox Maximize

SchliessenX ZeichenKleines Zeichen welches ein X symbolisiert

Meute ist ein ureigenes Universum, in dem sich die Musiker umeinander bewegen, mal sanft und beherrscht, mal wild und waghalsig, auf jeden Fall musikalisch kreativ und absolut eigenständig. „Wir könnten uns als Band in den Wald stellen und um ein Lagerfeuer stellen, unsere Musik hat immer etwas Universelles und sie will niemanden ausschließen“, sagt Thomas Burhorn.

Auch interessant: Album-Charts: Zartmann ist der Chartmann

Und genau das ist es, was das Publikum immer wieder zum Grooven animiert: Es merkt oft instinktiv, dass es den Meute-Musikern einen Heidenspaß bringt, ihre Musik zu machen.

Meute hören, das heißt Taumel und Tumult

Die Titel der bisherigen Alben spiegeln die unbändige Lust der Big Band an „symphonischen, hymnischen und orchestralen“ Konzerten. Ob vor hunderten oder zehntausenden Menschen, Meute verausgabt sich musikalisch.

Ganz nah dran: Der charakteristische Meute-Sound lebt von der Energie jedes Einzelnen.
Archivfoto: IMAGO / VIADATA

Ganz nah dran: Der charakteristische Meute-Sound lebt von der Energie jedes Einzelnen.Icon MaximizeIcon Lightbox Maximize

SchliessenX ZeichenKleines Zeichen welches ein X symbolisiert

„Tumult“ (2017), „Live in Paris“ (2019), „Puls“ (2020), „Taumel“ (2022) und „Empor“ (2024) drücken die Dynamik, Geschwindigkeit und Weiterentwicklung der Techno Marching Band aus und dazu passt, dass Meute auf dem Rooftop der Elbphilharmonie in Hamburg gespielt hat, zu sehen etwa auf YouTube, „Meute – Raw // Live at Elbphilharmonie Sessions“.

BBC Radio 1 Essential Music: „Amazing“

Meute dürfte mittlerweile schon weit mehr als 1000 Konzerte weltweit gegeben haben. Allein in den ersten zwei Jahren waren es schon über 150 Konzerte gewesen. Kein Wunder, dass das nationale und internationale Feedback enthusiastisch ist. Auszüge: „Amazing“ (BBC Radio 1 Essential Music), „The crowd erupted“ (The Austin Chronicle), „Hard, fast rhythmic, rousing. A Hamburg marching band makes the world dance“ (Stern), „The concept is rather revolutionary, the music unique“ (DJ Mag) und nach dem Auftritt beim Coachella-Festival: „The most curious booking“ (Variety).

Der Smiley-Ballon ist nicht der Einzige mit guter Laune – Meute begeistert das Publikum generationsübergreifend.
Archivfoto: IMAGO / VIADATA

Der Smiley-Ballon ist nicht der Einzige mit guter Laune – Meute begeistert das Publikum generationsübergreifend.Icon MaximizeIcon Lightbox Maximize

SchliessenX ZeichenKleines Zeichen welches ein X symbolisiert

In gewisser Weise könnte man konstatieren, dass Meute mit ihren Instrumenten wie ein DJ agiert. Dies zeichnet ihre überwältigende Bühnenpräsenz aus, deren Energie, Power und Spaß sich auf ihr Publikum überträgt.

Auch interessant: Studie entschlüsselt Zugang zu Berliner Techno-Clubs

Gleichzeitig sind die Meute-Protagonisten seit jeher gesellschaftlich engagiert, besonders wenn es um den Protest gegen den Rechtsextremismus in Hamburg und anderswo geht. Meute taucht dann plötzlich bei Demonstrationen auf, taucht in die Protestierenden ein und verbreitet ermutigende Stimmung.

Verdienter Applaus: Nach dem Konzert verbeugt sich die Meute – erschöpft, aber glücklich.
Archivfoto: IMAGO / opokupix

Verdienter Applaus: Nach dem Konzert verbeugt sich die Meute – erschöpft, aber glücklich.Icon MaximizeIcon Lightbox Maximize

SchliessenX ZeichenKleines Zeichen welches ein X symbolisiert

Warum die knallroten Spielmanns-Jacken?

Was hat es eigentlich mit den knallroten Spielmanns-Jacken auf sich? „Die 20 Jacken kommen aus einem Dorf in der Nähe von St.-Peter-Ording – sie schlagen den breiten Bogen von Spielmannszügen über die Beatles („Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“), Jimi Hendrix und Michael Jackson“, die solchen Outfits zu großer Popularität verhalfen. Und Thomas Burhorn verrät: „Wenn wir diese Jacken anhaben, passiert etwas mit uns, wir wechseln die Persönlichkeit und wir sind erkennbar die Meute.“

Auch interessant: Depeche Mode kündigen Konzertkinofilm „M“ an

Die diesjährige Meute-Tournee „Empor“ wird sie in Deutschland unter anderem nach München, Dresden, Köln, Leipzig, Berlin, Luxemburg, Wien oder Zürich führen. Die Stimmung wird mit Happiness zu beschreiben sein, oder wie die FAZ festhält: „And then it is recommended to dance.“