Stand: 20.04.2025 06:00 Uhr
Die Schönheit der Natur, aber auch ihre Verletzlichkeit und Gefährdung stehen im Mittelpunkt von Monika Lawrenz‘ Fotos. Es sind Bilder, die uns mitnehmen an Orte, die an Gemälde von Caspar David Friedrich erinnern.
Es gibt Bücher, denen man die Leidenschaft ansieht, mit der sie gemacht wurden. Die Perfektion, die bis ins kleinste Detail reicht. Bücher, die wohl niemals einbringen werden, was es gekostet hat, sie zu produzieren. Der Bildband „Verlorenes, Unverlierbares“ der mecklenburgischen Fotografin Monika Lawrenz ist so ein Juwel: 120 Aufnahmen von Landschaften und Wildtieren.
Atemberaubende Naturaufnahmen
Die Sonne ist längst untergegangen. Langsam senkt sich die Nacht über den Plauer See und die angrenzenden Wälder. Zeit für Monika Lawrenz, einzupacken. Bevor sie die Kamera vom Stativ schraubt, wirft sie einen letzten Blick durchs Objektiv. Da sieht sie einen rötlichen Schatten ins Wasser gleiten und drückt auf den Auslöser. Und obwohl es so dunkel ist, dass sie selbst kaum noch etwas sieht, gelingt ihr eine atemberaubende Aufnahme: Das Foto einer Füchsin, die direkt auf sie zu schwimmt. Rotbraun leuchtet ihr Fell in den nachtblauen Fluten.
Lautlos schlüpft sie ins Wasser
teilt den Fluss
den sie sonst meidet.
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… heißt es in dem Gedicht, das die Lyrikerin Anke Bastrop dem Bild zur Seite stellt.
Dabei ist sie eine kundige Schwimmerin
passt sich den Umständen an.
Unaufhörlich wandelt sie ihre Gestalt.
Ist Zunder und Zauberin
tötet und gebiert
sendet Drohung und Trost
bringt Chaos und Schönheit.
Ihre Nachtaugen glühen
als hätten sie etwas Unverlierbares gespeichert.
Das Gesicht der Füchsin ist deins.
Sie sieht dich an.
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Tiere in ihrem natürlichen Lebensumfeld
Oft zieht Monika Lawrenz schon vor Sonnenaufgang in die Natur. Im Laufe der Jahre hat sie gelernt, sich hinter ihrer Kamera unsichtbar zu machen. Lautlos abzuwarten, welches Schauspiel sich vor ihren Augen entfaltet. An einem Wintertag landet eine Gruppe von Seeadlern vor ihrer Linse. Gemeinsam unternehmen die Vögel einen Spaziergang auf dem gefrorenen See. Von der majestätischen Schönheit, mit der sie am Himmel kreisen, bleibt auf dem Eis wenig übrig. Wie eine Komikertruppe auf Glitschpartie tapsen die Adler über den glatten Grund.
Solche Nahaufnahmen sind selten. Meistens fotografiert Monika Lawrenz Tiere als Teil ihres natürlichen Lebensumfeldes. Unverfälscht und wahrhaftig sollen ihre Bilder wiedergeben, was sie selbst auf ihren Wanderungen durch die Heide, durchs Moor oder entlang der Ostsee erlebt.
Auf dem Darß hält sie eine Schar von Kranichen auf einer nächtlichen Sandbank fest. Schwarze Silhouetten vor einem Meer, das im Mondlicht silbern funkelt.
VIDEO: Natur-Fotografie und Lyrik im Ostholstein-Museum (1 Min)
Monika Lawrenz kreiert eine besondere Atmosphäre
Im Dunkeln unterwegs zu sein, ist für die Fotografin nichts Besonderes; das Unbestimmte und Undefinierbare fasziniert sie: Landschaften in der Morgendämmerung oder im Zwielicht des Abends, Bäume, die im Nebel verschwimmen, Winterwälder im Gestöber weißer Flocken.
Keines ihrer Werke ist nachbearbeitet, aber lange Belichtungszeiten sorgen dafür, dass manche Fotos wie gemalt wirken. Wer Lawrenz’ Aufnahmen vom Meer sieht, mag an Gemälde von William Turner denken. Ebenso wie dem britischen Maler geht es ihr darum, Licht und Atmosphäre einzufangen. Wenn sich auf ihren Bildern Wasser und Luft, Gischt und Himmel vereinen, meint man, die Ostsee zu riechen.
Lawrenz‘ Fotos zeigen auch Umweltsünden
Die Fotografin beschwört aber nicht nur die Schönheit und den Reichtum unserer Natur. Sie zeigt auch, was auf dem Spiel steht, wenn wir immer mehr Lebensräume von Pflanzen und Tieren zerstören: In der Nähe von Rostock entstanden Aufnahmen eines bewaldeten Moores, das abgeholzt wurde, um Torf zu gewinnen. Wie Skelette auf einem Schlachtfeld liegen die Baumgerippe auf dem Boden verstreut. „Eine Wunde, die eine Fläche ist, so groß, dass man auf ihr gehen kann“, kommentiert die Lyrikerin Anke Bastrop das Bild:
Das Moor ist in der Wunde verschwunden.
In 25-Liter-Säcken Torf, die für 13,95 über Amazon verkauft werden.
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Der Fotoband „Verlorenes, Unverlierbares“ ist so außergewöhnlich schön, so spannend und berührend, dass man das Buch immer wieder zur Hand nehmen möchte. Und wie auf einem Spaziergang durch die Natur entdeckt man jedes Mal etwas Neues.
Verlorenes, Unverlierbares
- Seitenzahl:
- 224 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Preis:
- 50 €
Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur |
Der Sonntag |
20.04.2025 | 12:20 Uhr