Hamburg. Treffen sich zwei Männer mit Rollator. Sagt der eine: „Keith Richards war immer mein Lieblings-Beatle.“ Sagt der andere: „Einen besseren Drummer gab es nie.“ Soweit ist es also schon, manche Fans der frühen Rockmusik-Jahre beginnen, demenziell dahinzusiechen. Und ihre Helden: Tot, müde, verschwunden … Aber nicht alle, einige touren noch! Das kann peinlich sein – oder herzerwärmend wie jetzt beim Konzert des 83-jährigen Graham Nash in Hamburgs Laeiszhalle.
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Bei überlebenden Recken wird gern von Legenden gesprochen. Bei Nash stimmt die Floskel. Er macht seit 70 Jahren Musik, seit 60 Jahren stehen Welthits in seiner Setlist. Zwei Bands prägen sein Leben: The Hollies in den 60ern, Crosby, Stills, Nash & Young seit den 70ern. Crosby ist seit zwei Jahren tot, Stills lebt zurückgezogen, Young macht sein eigenes Ding. Nash auch. Er konzentriert sich auf die Musik seines Lebens: eingängige Melodien, liebevoll differenzierte Vokalharmonien. Und vor allem: Graham Nash kann seine Musik nach wie vor auf hohem Niveau live spielen.
Zurück zu den Hollies und von dort nach vorn
Auf Tour ist er mit Todd Caldwell an den Tasten, einem langjährigen Wegbegleiter. Dazu kommen zwei Musiker, die im Wechsel Gitarre, Bass, Schlagzeug, Mandoline, Saxophon spielen – und vor allem wunderbar singen: Adam Minkoff und Zach Djanikian.
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Die Reise führt vom Hollies-Hit „Bus Stop“ (1966) zu vielen Klassikern und weniger Bekanntem der CSN&Y-Ära: „Teach Your Children“, „Marrakesh Express“, „Immigration Man“, „To The Last Wale“, „Just A Song Before I Go“, „Woodstock“, „Find The Cost Of Freedom“…
„Military Madness“: Erschreckend aktueller Klassiker
Show gibt’s nicht, ab und an etwas Video im Hintergrund. Die Musiker spielen im Sitzen, das konzentriert Auge und Ohr. Graham Nash erzählt von den Songs, streut ein paar Anekdoten ein und fordert politisches Engagement bei seinen Zuhörern. „Military Madness is killing my country“, singt Nash schon seit 1971. Er hat sich gegen Atomkraft eingesetzt, beklagt Putins Krieg in der Ukraine und erinnert an die entsetzlich leidenden Kinder von Gaza…
Dagegen setzt er Musik, die wie ein Mittel gegen den Hass, das Wüten und Polarisieren klingt. Gut hundert Minuten Musik stoßen auf ein begeistertes Echo. Natürlich freut sich über dieses Konzert vor allem die Erlebnisgeneration. Wie soll es anders sein?
Kein Konzert nur für die Erlebnisgeneration
Dass vieles vom Gespielten in die Klassiker-Klasse gehört, beweisen die Jüngeren, die denn doch auch da sind und mindestens so viel mitsingen wie die Alten, die noch wissen, dass Graham Nash nie bei den Stones war und nicht ihr Lieblings-Beatle ist. Apropos Keith Richards. Die Stones sollen ein neues Album aufgenommen haben, 2026 auf „One Last Ride“-Tour gehen. Heißt es in den sogenannten sozialen Medien.
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Zu hoffen ist, dass „die lebende Echse“ Richards (81), Zampano Mick Jagger (82) mit Ron Wood (78) und Begleitern einen Weg finden, mit ihrem zunehmend arthritischen Rock in Würde zu altern. Sie könnten sich, um pseudojugendlicher Lächerlichkeit zu entgehen, von Graham Nash einiges abgucken.
LZ/WA