Satte sieben Stunden dauerte der Mainzer Rosenmontagszug 2025, für die Verantwortlichen war klar: Jetzt reicht’s, so kann es nicht weiter gehen. Mitte September kündigte der Mainzer Carneval Verein (MCV) deshalb an: Der Rosemontagszug muss kürzer werden, auswärtige Vereine und solche, die keinen direkten Bezug zur Fastnacht haben, dürfen nicht mehr mitlaufen. Das sorgte für Unmut, nun stellte der MCV deshalb das ausführliche Konzept vor, mit dem der Zug wieder rollen soll. Die Kernpunkte: Weniger Wagen, mehr Kompaktheit bei den Garden und Blockordner für jede Zugnummer.

MCV-Wagen mit Sonnenuntergang: Der Rosenmontagszug 2025 hatte klare Überlänge. - Foto: gikMCV-Wagen mit Sonnenuntergang: Der Rosenmontagszug 2025 hatte klare Überlänge. – Foto: gik

Um 11.11 Uhr startet der Mainzer Rosenmontagszug jedes Jahr in der Mainzer Neustadt, bis er das Ende seines rund 7,2 Kilometer langen Zugweges hinter dem Schillerplatz erreicht, dauert der Weg gut und gerne 2,5 Stunden. Das wäre kein Problem, hätten sich nicht die Teilnehmer des Rosenmontagszuges in den vergangenen Jahren stetig erhöht: Mehr als 9.500 Teilnehmer bestritten 2025 den großen Narrenumzug, verteilt auf 140 Zugnummern, darunter waren auch 153 närrische Wagen, Motivwagen und Komiteewagen sowie 47 Musikgruppen mit 1814 Musikern.

Das Wetter war großartig, die Feierlaune auch – doch die Überlänge des Zugs wurde zum Problem: Der Lindwurm wollte schier nicht enden, ein Unfall am Mittag brachte Verzögerung, dazu taten sich immer wieder riesige Lücken auf. Das Ergebnis: Das Zugende erreichte den Schillerplatz statt gegen 16.00 Uhr erst um 17.59 Uhr, in der hereinbrechenden Dämmerung. „Es gab noch nie einen Zug, der bis 18.00 Uhr gelaufen ist“, stellte nun noch einmal MCV-Präsident Hannsgeorg Schönig klar, und machte deutlich: „Es hilft nichts: Der Zug muss kleiner werden.“

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Langjährige erhielten Absage: Sportvereine, Radfahrer, Winzer

Also kündigte der MCV Mitte September eine Kürzung des Zuges an, und schickte diversen langjährigen Teilnehmern Absagen – das sorgte gehörig für Unmut. Da sind etwa die „Mainzer Winzer“, die erst zwei Mal im Rosenmontagszug mitliefen, aber auch extrem langjährige Teilnehmer wie der Mainzer Ruderverein, die Mainzer Metzger mit ihrem großen Wagen oder auch der RV Opel 1888 Rüsselsheim, der mit seinen historischen Hochrädern zu den Hinguckern des Zuges gehörte. Sie alle dürfen nun 2026 nicht mit am Start sein.

Werden wohl künftig nicht mehr mitrollen dürfen: Die Mainzer Metzger mit ihrem markanten und traditionsreichen Wagen. - Foto: gikWerden wohl künftig nicht mehr mitrollen dürfen: Die Mainzer Metzger mit ihrem markanten und traditionsreichen Wagen. – Foto: gik

„Wir haben uns lange Gedanken gemacht, welche Dinge sind verzichtbar, und nach nachvollziehbaren Parametern gesucht“, sagte Schönig nun vergangene Woche auf einer eiligen einberufenen Pressekonferenz. Das wichtigste seien die Mainzer Garden und  Fastnachtsvereine, deshalb habe es für Vereine von weiter entfernten Regionen wie etwa dem Hunsrück nun Absagen gegeben. „Nicht weil wir jemanden ärgern wollen, sondern weil wir den Zug verkürzen müssen“, betonte Schönig.

So treffe es eben auch die Mainzer Metzger, trotz ihres markanten Wagens, sagte Schönig weiter: „Das ist ja nicht die Metzgerinnung, sondern eine Art Freundes- und Bekanntenkreis, die sich auf dem Wage zusammenschließen und mitfahren“, erklärte er. Entstanden sei der Wagen vor vielen Jahrzehnten, um Vereinen einen Anreiz zu geben, ihre Wagen bunter zu gestalten. „Dass die nicht erfreut sind, wenn man denen eine Ausladung schickt, ist absolut nachvollziehbar“, betonte der MCV-Präsident.

 

Polizei und Feuerwehr machten Druck, Zahl der Wagen gestiegen

Doch der MCV habe keine Wahl gehabt, denn auch Feuerwehr und Polizei in Mainz hätten unmissverständlich klar gemacht, dass der Zug kürzer werden müsse, sagte MCV-Zugmarschall Thorsten Hartelt. Schon bei der Zugaufstellung in der Mainzer Neustadt „sind wir an die räumlichen Grenzen gestoßen, das ist nicht mehr händelbar“, betonte Hartelt. „Uns sind sämtliche Pufferzonen in der Goethestraße vollgelaufen, auch die Kreyßigstraße war voll, ganz gravierend war es im Bereich des Polizeipräsidiums in der Moltkestraße“, erläuterte er. Dort sei aber die Notausfahrt des Mainzer Polizeipräsidiums, die habe klar gemacht: Das werde in Zukunft nicht mehr gehen.

Die Anzahl der Wagen im Rosenmontagszug hat in den vergangene Jahren stetig zugenommen, auch weil viele Vereine Kampagnenaktive ehren wollen. - Foto: gikDie Anzahl der Wagen im Rosenmontagszug hat in den vergangene Jahren stetig zugenommen, auch weil viele Vereine Kampagnenaktive ehren wollen. – Foto: gik

„Wir waren gezwungen, deutliche Maßnahmen zu ergreifen, um schon allein auf dem Papier den Zug kürzer zu kriegen“, sagte Hartelt. Wäre irgendein Unfall passiert, oder ein Wasserrohrbruch, „wir hätten den hinteren Teil des Zuges nachhause schicken müssen.“ Von den Sicherheitskräften her habe es „eine klare Ansage gegeben, dass das so nicht geht“, sagte auch Lutz Eberhardt von der AG RoMo, die sich nach dem Zug 2025 gründete, um ein Änderungskonzept zu entwerfen. Ein Problem sei auch die Vielzahl der Wagen: „110 Fahrzeuge sind definitiv zu viel – früher waren es um die 70“, betonte Eberhardt.

So dürfen Mainzer Vereine im kommenden Jahr nur noch mit vier Wagen mitrollen, Vereine von außerhalb sogar nur noch einen Wagen mitbringen. Gruppen von außerhalb dürfen nur noch teilnehmen, wenn sie „erkennbar einen Mehrwert haben“, sagte Schönig. Guggemusiker aus dem Schwarzwald oder der Schweiz werde man nicht ausladen, auch nicht das Luftwaffen Musikcorps aus Ramstein. „Wenn die US Army Airforce Band aufspielt, dann ist Stimmung, die werden wir also weiter zulassen“, sagte Schönig: „Wir haben schon auch überlegt: was ist denn für die Zuschauer interessant?“

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„Keine Pausen, kein Stehenbleiben, kein Happening“: Zug muss rollen

Mitrollen dürfen übrigens weiter Firmen, die den Rosenmontagszug sponsoren, wie etwa das Ahoi Brauseschiff, auch die Fußballer von Mainz 05 haben eine Wildcard – obwohl sei ein reiner Sportverein sind. Strenge Maßstäbe legte der MCV hingegen bei freien Gruppen an, auch wenn sie in der Fastnacht aktiv sind – wie etwa die „Unsichtbare Römergarde“, die überraschend eine Absage erhielt. Die sei „kein Verein und habe keine Satzung“ betonte man beim MCV. „Man nennt sich zwar Garde, ist aber eher eine dem römische Brauchtum verschriebene Gruppierung“, begründete Schönig die Absage.

Lücke im Rosenmontagszug 2023: Für die Zuschauer ärgerlich. - Foto: gikLücke im Rosenmontagszug 2023: Für die Zuschauer ärgerlich. – Foto: gik

Um wieviele Personen oder Meter der Zug durch die Neuerungen kürzer wird, wollte sich der MCV nicht entlocken lassen, doch für einen kürzeren Zug soll noch ein anderer wichtiger Baustein helfen: „Der Zug muss mehr in einem durchlaufen“, betonte Hartelt, und gab für 2026 die Devise aus: „Keine Pausen mehr, kein Stehenbleiben, kein Happening.“ So schön das für die einzelne Gruppe sei, während des Zuges Darbietungen zu machen oder mal stehen zu bleiben, „das ist für alle schlecht“, sagte der Zugmarschall.

Künftig sollen alle Gruppen deshalb verpflichtet werden, für einen flüssigen Ablauf mitverantwortlich zu sein, pro Block werde deshalb ein konkreter Verantwortlicher dafür ernannt. „Wir werden das massiver als in den Vorjahren beobachten, und wo wir feststellen, dass komplett abgewichen wird, gibt es wie im Fußball eine gelbe oder sogar eine rote Karte, die wir dann für den RoMoZug 2027 ziehen müssen“, drohte Hartelt. Es brauche einfach eine gewisse Disziplin, „sonst macht es für alle keinen Spaß.“

Garden sollen kompakter laufen, weniger Wagen

„Die Regeln wurden oft ignoriert, da hat sich jeder ein bisschen gedrückt“, sagte auch Schönig: „Jetzt ist klar: Wir haben Personen, die sind verantwortlich.“ Die sollen erstmals auch ab November geschult werden, wie der Zug ablaufen soll – das hat auch Sicherheitsgründe: „Überregionale Ereignisse sind Dank Social Media heute schneller bei den Leuten, und dann geht das Kopfkino los“, sagte Schönig – 2025 hatte ein Vorfall in Mannheim am Rosenmontag für Unruhe gesorgt. Über die Ansprechpartner im Zug will der MCV in solchen Fällen die Kommunikation mit den Zugteilnehmern intensivieren können.

Mainzer Ranzengarde in Dreierreihe, hier am Rheinland-Pfalz-Tag in Mainz: Künftig müssen die Reihen enger werden. - Foto: gik Mainzer Ranzengarde in Dreierreihe, hier am Rheinland-Pfalz-Tag in Mainz: Künftig müssen die Reihen enger werden. – Foto: gik

Kompakter laufen sollen zudem die Garden und Vereine, denn  große Garden wie die Ranzengarde und Füsiliergarde hätten beide inzwischen die 1000er Marke bei den Mitgliedern überschritten, „das gabs früher auch noch nicht“, sagt Schönig. Große Garden müssen deshalb künftig etwa in Fünfferreihe laufen, anstatt in Zweier- oder Dreierreihe – für kleine Garden gelte das aber nicht: Man wolle, dass diese sichtbar blieben.

 

Wie sich die Neuregelungen auswirkten, „müssen wir mal abwarten“, sagte Schönig weiter, der MCV habe „gewisse Hochrechnungen angestellt“, was die Neuordnung bringen könne.  „Wir glauben, mit der Regelung die wir jetzt getroffen haben, es halbwegs ausbalanciert zu haben, und dass die Attraktivität des Zuges im Wesentlichen erhalten bleibt“, sagte Schönig und betonte: „Wir sind weder inkompetent, noch sind wir eine Fastnachtspolizei.“ Die Organisation des Rosenmontagszuges sei „ein extremer Aufwand, der von zwei Hände voller Leute das ganze Jahr im Ehrenamt gestemmt wird“ – das sei bundesweit einmalig.

Dazu kommen die gestiegen Kosten gerade für die Sicherheit, und so müssen die Mainzer inzwischen rund 1,2 Millionen Euro für den Rosenmontagszug pro Jahr zusammenkratzen. Die Verspätung des Umzuges 2025 habe denn auch richtig Geld gekostet, rechnete Schnönig vor: Weil die Security länger bezahlt werden musste, fielen mehrere zehntausend Euro zusätzlich an. Deshalb geht der MCV auch zunehmend bei der Finanzierung neue Wege.

Zugplakettcher ab 2026 komplett verpflichtend

So wird ab 2026 das Zugplakettcher noch einmal verpflichtender: Es muss jetzt bei der Anmeldung der Teilnehmer in gleicher Zahl mitbestellt werden. „Wir reden über 6,- Euro, da soll mir keiner erzählen, das wäre nicht leistbar“, betonte Schönig. In Köln müsse übrigen jeder Jeck 44,- Euro für die Teilnahme am Zug zahlen, wer auf einem Wagen mitfahren wolle, zahle dort fast 1000,- Euro. „Das wollen wir in Mainz nicht, deshalb müssen wir andere Maßnahmen ergreifen“, sagte Schönig. Künftig müsse aber auch in Mainz jede Gruppe, die nicht Mitglied der Mainzer Fastnachts Genossenschaft sei, für die Teilnahme 1.900 Euro zahlen.

Das Zugplakettcher dient traditionell zur Finanzierung des Mainzer Rosenmontagszuges, hier die Gardisten aus dem Jahr 2019. - Foto: gikDas Zugplakettcher dient traditionell zur Finanzierung des Mainzer Rosenmontagszuges, hier die Gardisten aus dem Jahr 2019. – Foto: gik

In der Genossenschaft sind derzeit 31 Mainzer Garden und Fastnachtsvereine Mitglied, die eG will sich zudem künftig mehr an der Finanzierung des Rosenmontagszuges beteiligen: Die Fastnachts eG wolle im kommenden Jahr fünf der närrischen Motivwagen finanzieren. „Das sind 90.000 Euro, das nehmen wir sehr, sehr gerne für den Wagenbau“, freute sich Schönig. Die großen dreidimensionalen, politischen Karikaturen sind das Aushängeschild des Mainzer Rosenmontagszuges, einer der Wagen koste rund 18.000 Euro – 2026 soll es wieder elf Stück geben.

Und der Zusammenschluss zwischen den Fastnachtsvereinen soll in Zukunft noch enger werden: Man werde gemeinsam einen Arbeitskreis gründen, wie man weitere Formen der Unterstützung für den Rosenmontagszug finden könne.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Problem Rosenmontagszug mit Überlänge lest Ihr auch hier auf Mainz&. Wie der Rosenmontagszug 2025 verlief, könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen.