Die Nachricht spricht sich am Donnerstagabend in Windeseile herum: Jede Menge Blaulicht am Hoistener Friedhof neben der Sportanlage, viel Polizei und ein Notarzt, was ist denn da los?
Erst nach und nach sickert an die Öffentlichkeit durch, was passiert ist: Ein Mensch ist gestorben, tödlich verletzt mit einem Messer. Die Hintergründe der blutigen Auseinandersetzung? Sind auch Tage später noch unklar.
Immerhin gibt es inzwischen nähere Informationen dazu, um wen es sich bei dem Opfer handelt. Wie die Polizei am Montag meldet, ist es ein 35-Jähriger ohne gültige Meldeanschrift in Deutschland. Der Mann hielt sich demnach vermehrt in Neuss auf. Seine letzte Meldeadresse sei in Duisburg gewesen, heißt es. Weitere Details nennt die Polizei zunächst nicht. Die Mordkommission ermittelt.
Was bislang über den Tathergang bekannt ist: Den Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft zufolge war das spätere Opfer mit einem 56-Jährigen in Streit geraten. Der 35-Jährige starb noch vor Ort, auch sein Kontrahent wurde verletzt. Der 56-Jährige aus Neuss hatte selbst die Polizei alarmiert und bei seiner Festnahme keinen Widerstand geleistet. Er wurde in einem Krankenhaus behandelt, wie es hieß. Laut einem WDR-Bericht, der sich auf die Staatsanwaltschaft beruft, wurde der Mann bereits am Wochenende wieder auf freien Fuß gesetzt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass er in Notwehr gehandelt habe.
Die Aufregung im Dorf ist nach der Tat groß – zumal es sich bei dem 56-Jährigen um einen der rund 3500 Bewohner des Stadtteils handelt. Vor allem aber sitzt der Schreck tief, da zunächst völlig unklar war, was sich ereignet hatte.
Marc Loetzner war gegen 19 Uhr auf dem Weg zur Mathias-Ehl-Sportanlage, als ihn ein erster Streifenwagen der Polizei überholte. Als sein Training um 19.30 Uhr begann, kamen weitere Einsatzwagen im Zehn-Minuten-Takt, später folgten Krankenwagen und Notarzt, was bei allen Trainierenden für ein durchgehend „komisches Gefühl“ gesorgt habe.
Ähnlich erging es Felix Gürtler, der ebenfalls auf dem großen Kunstrasenplatz der Anlage trainierte. Er und seine Mannschaftskameraden der A-Jugend hätten sich „sehr gewundert“ über die vielen Einsatzfahrzeuge von Polizei und Rettungsdiensten, berichtet er. Doch erst nach dem Training hätten die Schüler langsam erfahren, was sich nur wenige Meter von ihrem Sportplatz abgespielt hatte.
Wilfried Bongartz ist Vorsitzender des Sportvereins. Ihn erreichte am Tatabend ein Anruf, dass mehrere Polizeiautos und Rettungskräfte „auf dem Weg Richtung Sportlerheim“ gefahren seien. „Meine Sorge war natürlich sofort groß“, sagt er. Bongartz fürchtete, dass sich ein Kind im Trainingsbetrieb verletzt habe oder auf der angrenzenden Baustelle etwas passiert sei. Als er sich dem Parkplatz an der Welderstraße näherte, habe er jedoch schon gesehen, dass der Schauplatz weiter hinten auf der Straße war. Dadurch sei er etwas beruhigt gewesen.
Wie ihm erging es vermutlich vielen Eltern, die auf dem Weg waren, um ihre Kinder vom Training auf der Anlage abzuholen, und schon von Weitem das Blaulicht sahen. Nachdem sich die Sorge um die Kinder als grundlos erwiesen hatte, blieb aber die Frage, was passiert war, bei allen Anwesenden bestehen. Entsprechend nahmen Spekulationen ihren Lauf. In der Facebook-Gruppe „Du bist Hoistener, wenn…“ ploppte um 20.21 Uhr die erste Nachricht zu dem Vorfall auf und wurde – zu Unrecht, wie sich später herausstellte – zunächst mit einem Vorfall am Park Alter Friedhof in Zusammenhang gebracht.
„Die Aufregung im Ort ist nach wie vor groß,“ bringt es Wilfried Bongartz auf den Punkt und auch Thomas Both, Jugendleiter bei der DJK, nimmt wahr, dass vor allem Eltern und Kinder noch nicht beruhigt sind. „Heftig ist das“, sagt er.
Michael Rönicke ist Vorsitzender des Runden Tisch Hoisten. Mit seiner Frau hatte er nur wenige Tage zuvor genau am Tatort Unrat und Müll im Rahmen der Dorfputz-Aktion gesammelt. „Durch die vielen Krimis im täglichen Fernsehen ist man ja – was Tötungsdelikte angeht – ziemlich abgestumpft, doch wenn es dann sehr nah, in unserem beschaulichen Hoisten passiert, tritt eine Art Schockstarre ein“, sagt er und ist überzeugt, „dass sehr viel Zeit ins Land gehen muss, bis dieses Ereignis aus den Gesprächen und Köpfen der Hoistener verschwindet.“