Seit Jahren versuchen verschiedene Bundesregierungen, mehr Fach- und Arbeitskräfte aus dem Ausland anzuwerben, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Doch bisher ist der Erfolg übersichtlich. So verzeichnet die jüngste Statistik der Bundesagentur für Arbeit gut 300 000 Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis zum Arbeiten aus Staaten von außerhalb der EU. Eine längerfristige Niederlassungserlaubnis zum Arbeiten hatten etwas mehr als 106 000 Menschen. Das ist angesichts der Millionen Menschen, die dem deutschen Arbeitsmarkt in den kommenden zehn Jahren wegen der Alterung der Bevölkerung verloren gehen, vergleichsweise wenig.
Nun startet die Bundesregierung einen neuen Versuch, die Zahlen zu steigern. Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) beabsichtigt die Gründung einer sogenannten „Work-and-Stay-Agentur“. Die Einrichtung soll die Einwanderung von Fachkräften beschleunigen, digitalisieren und zentralisieren. Bas gab die entsprechenden Eckpunkte am Montag in die Abstimmung mit den anderen Ministerien, sie lagen der Süddeutschen Zeitung vorab vor.
„Mit der digitalen Work-and-Stay-Agentur reißen wir die bürokratischen Hürden ein, die den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt bisher erschweren“, sagte Bas der SZ. Künftig solle es eine zentrale Anlaufstelle geben, über die alle notwendigen Formalitäten digital abgewickelt werden könnten. „Für ausländische Fachkräfte wird es dadurch einfacher und attraktiver nach Deutschland zu kommen, Arbeitgeber können freie Stellen schneller und unkomplizierter besetzen“, sagte Bas. „Das stärkt unsere Wirtschaft, sichert Arbeitsplätze und bringt auch die Staatsmodernisierung in unserem Land voran.“
Die Ampel-Regierung hatte bereits das Einwanderungsrecht für Fach- und Arbeitskräfte deutlich liberalisiert, dieses gilt seither als eines der großzügigsten der Welt. Dennoch kritisierten Unternehmen und Wirtschaftsvertreter, dass die Verfahren langwierig und aufwendig seien. Anträge müssten noch auf Papier gestellt werden, zu viele Behörden seien involviert. Das neue Recht gebe zwar viel her, werde aber durch die Bürokratie ausgebremst, so der Tenor. Nun soll die Work-and-Stay-Agentur die Prozesse für alle Beteiligten, also Behörden, Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinfachen.
Bas setzt Auftrag aus dem Koalitionsvertrag um
Aufgabe der Agentur ist laut dem Eckpunktepapier des Arbeitsministeriums, dass Fachkräfte zentral und digital ihren Aufenthaltstitel beantragen, Dokumente hochladen und den Bescheid abrufen können. Interessierte Arbeitgeber sollen Fachkräfte bei dem Verfahren unterstützen können, und zwar nicht nur Großunternehmen, sondern auch kleine Familienbetriebe. Alle Seiten profitierten so durch kürzere Wartezeiten, heißt es aus dem Arbeitsministerium. Bas setzt damit einen Auftrag aus dem Koalitionsvertrag um. Das Modell folgt dem Konzept des „One-Stop-Government“, der Bereitstellung von allen Diensten aus einer Hand.
Für die Genehmigungsverfahren für Fach- und Arbeitskräfte aus dem Ausland sind mehrere Behörden zuständig: insbesondere die Auslandsvertretungen und das Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten etwa für die Visa, die Bundesagentur für Arbeit für die Arbeitsmarktzulassung, auf lokaler Ebene die Ausländerbehörden für die Aufenthaltserlaubnis. Allein an Ausländerbehörden zählt man in Deutschland derzeit 549.
Als einer der Flaschenhälse des Prozesses gilt die Anerkennung von ausländischen Zeugnissen und Berufsabschlüssen in Deutschland. Für diese Anerkennung sind grundsätzlich die Länder oder die Kammern, etwa eine IHK, zuständig. Diese Zuständigkeit wird auch die geplante Agentur nicht aushebeln, erklärte das Arbeitsministerium. Die Word-and-Stay-Agentur selbst werde keine Zeugnisse oder Abschlüsse anerkennen, erklärte das Ministerium. Ziel sei aber mindestens, dass der Antrag auf Anerkennung bei der Agentur zentral eingereicht werden könne.
Laut Arbeitsministerium soll die geplante Agentur eine „zentrale Datendrehscheibe“ schaffen, welche die bisherige Vernetzung der Visastellen und der Bundesagentur für Arbeit ausbaut. Dabei wollen man „höchste Standards beim Datenschutz“ einhalten.