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AUDIO: Hamburg entscheidet über Volksentscheid zu Grundeinkommen (1 Min)

Stand: 07.10.2025 06:07 Uhr

Am Sonntag wird in Hamburg über den Volksentscheid zum Test eines bedingungslosen Grundeinkommens abgestimmt. Bis spätestens Mittwoch müssen die Briefwahlunterlagen abgeschickt werden.

Drei Jahre lang soll nach dem Gesetzentwurf der Initiative „Hamburg testet Grundeinkommen“ ein Modellversuch laufen. Insgesamt 2.000 Menschen aus einer Nachbarschaft würden dabei Geld vom Staat erhalten, mindestens 1.346 Euro zuzüglich Krankenversicherung. Der Betrag würde jährlich in Höhe der Inflationsrate steigen. Eigene Einkommen würden jedoch angerechnet. Als Faustregel gilt: „Je geringer das eigene Einkommen, desto höher fällt das ausgezahlte Grundeinkommen aus.“

Versuch soll wissenschaftlich begleitet werden

Die Initiatoren rechnen mit Kosten von etwa 50 Millionen Euro für die Stadt Hamburg. Davon seien etwa 42 Millionen Euro für die Grundeinkommenszahlungen und etwa 8 Millionen Euro für die Vorbereitung und die begleitende Forschung vorgesehen. Das Modellversuch soll wissenschaftlich ausgewertet werden. Untersucht werden sollen Fragen wie: Wie verändert es die Menschen, wie das Miteinander oder die Bildungschancen, wenn man nicht zuerst darauf achten muss, dass die materiellen Grundbedürfnisse erfüllt sind?

Wissenschaftler und Linke stehen hinter dem Versuch

Unterstützung bekommt die Initiative beispielsweise von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wie dem früheren Chef des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar – und von der Linken Hamburg.

Kritik: Es werden falsche Anreize gesetzt

CDU, AfD, SPD und Grüne hingegen haben sich gegen den Versuch ausgesprochen. SPD und Grüne halten das Modell für zu teuer, es liefere auch keinen wissenschaftlichen Mehrwert, weil es an anderer Stelle bereits Modellversuche gegeben habe. Außerdem sei das Grundeinkommen auch gar nicht bedingungslos, weil Einkommen angerechnet würden. Für die CDU wäre der Volksentscheid „ein kostspieliges, unausgereiftes Projekt zur Abstimmung, das mehr Fragen aufwirft als beantwortet“. Die AfD beendet ihre Empfehlung zu einem Nein zum Grundeinkommen mit einem schlichten „Ihre Steuern – Ihre Entscheidung“.

Bündnis: „Teuer und nutzlos“

In einem überparteilichen Wahlaufruf, der auch von zahlreichen Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern unterzeichnet wurde, heißt es zudem, es würden falsche Anreize gesetzt. Zum „Nein“ beim Grundeinkommen schreibt das Bündnis in einem Kernsatz: „Wir können diese Frage in Hamburg überhaupt nicht regeln; es wäre daher ein teurer und nutzloser Versuch.“

Zwei Frauen sitzen auf einem Sofa und schauen in einen Laptop.

Bei einem Volksentscheid sollen die Hamburger über das Projekt abstimmen. Der rot-grüne Senat lehnt die Initiative ab.

Kritik von Hans-Böckler-Stiftung

Und auch die arbeitnehmernahe Hans-Böckler-Stiftung rät von einem steuerfinanzierten Grundeinkommen ab. Unter anderem sehen deren Forscherinnen und Forscher die Gefahr eines Trojanischen Pferdes, indem die Kosten als Argument für das Streichen aller Transferzahlungen einschließlich der Rente dienen könnten. Aus Sicht der Stiftungsforscher wäre es sinnvoller, etwa die Ausbildung, Familien- oder Existenzgründung durch großzügigere Transfers zu fördern.

Zuversicht bei der Initiative

Laura Brämswig, Sprecherin der Initiative für das Grundeinkommen gibt sich dennoch zuversichtlich. Umfragen hätten gezeigt, dass eine Mehrheit für den Modellversuch ist. Entscheidend ist laut Brämswig, dass auch genügend Hamburgerinnen und Hamburger abstimmen. Aus Sicht der Initiative wäre ein Grundeinkommen ein Schritt in eine gerechtere, solidarischere Gesellschaft und damit ein Schutz für die Demokratie. „Mit einem Grundeinkommen können sich Menschen entfalten, unabhängig von Herkunft und Kontostand“, heißt es. Bislang sei das nicht so. In Hamburg seien 27,8 Prozent der unter 18-Jährigen von Armut bedroht, 43 Prozent der Alleinerziehenden seien armutsgefährdet – obwohl viele arbeiteten. Außerdem seien 40 Prozent der Arbeitsplätze Leiharbeit, befristet oder Minijobs.

Zweiter Anlauf zum Modellversuch

Es ist schon der zweite Anlauf der Initiative zur Einführung eines Modellversuchs für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Anfang 2020 hatten die Initiatorinnen und Initiatoren schon einmal die notwendige Zahl von 10.000 gültigen Unterschriften zusammenbekommen. Ein anschließend geplantes Volksbegehren war jedoch im Sommer 2023 vom Hamburgischen Verfassungsgericht auf Antrag des rot-grünen Senats gestoppt worden. Die Initiatoren hatten ihren Gesetzentwurf daraufhin überarbeitet und die neue Initiative gestartet.

Hamburger können abstimmen

Sollten die Hamburgerinnen und Hamburger nicht schon von ihrem Briefwahlrecht Gebrauch gemacht haben, können sie ihr Kreuz nach Angaben des Landeswahlamts am 12. Oktober zwischen 8 und 18 Uhr in einem von 185 Abstimmungsstellen machen. Die Auszählung der Stimmen erfolgt noch am Abend. Der Volksentscheid gilt aus Sicht der Initiative als gewonnen, wenn zum einen mindestens ein Fünftel der rund 1,3 Millionen Abstimmungsberechtigten zustimmt und es zum anderen mehr Ja- als Nein-Stimmen gibt. Schafft die Initiative das, müssen Senat und Bürgerschaft den Zukunftsentscheid umsetzen. Die Geschäftsstelle des Landeswahlleiters veröffentlicht im Internet, wie viele Menschen schon per Briefwahl abgestimmt haben.

Ein Schild mit Volksentscheid steht an einem Hamburger Wahllokal.

Am 12. Oktober können sich die Hamburger an zwei Volksentscheiden beteiligen. Der eine dreht sich um Hamburgs Klimaziele, der andere um ein bedingungsloses Grundeinkommen.

Ein Plakat zum Volksbegehren für ein Grundeinkommen ist in Hamburg zu sehen.

Die Initiative „Hamburg testet Grundeinkommen“ hat mit ihrer Kampagne begonnen. Am 12. Oktober wird über den Volksentscheid abgestimmt.

Ein Mann greift in eine Postkiste mit Briefen

Die Deutsche Post hat damit begonnen, Wahlunterlagen für zwei Volksentscheide zu verschicken. Der eine dreht sich um Hamburgs Klimaziele, der andere um bedingungsloses Grundeinkommen.

Vertreter der Volksinitiative "Hamburg testet Grundeinkommen" jubeln auf dem Hamburger Rathausmarkt über 95.842 gesammelte Unterschriften.

Die Volksinitiative „Hamburg testet Grundeinkommen“ will einen Modellversuch zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens durchsetzen.