Als Volbeat um Viertel nach neun auf die Bühne kommen, ist vergessen, was vorher war. Die Fans jubeln, einige schreien, man rempelt sich schon mal in Moshpits an: Jetzt geht es richtig los.
Dass die Stimmung noch so gut werden würde, war nicht von Anfang an klar – die Vorbands spielten noch bei verhaltener Stimmung. Erst waren Witch Fever dran, eine junge Punk-Rock-Band aus Manchester, die das Mikro zwischen ihren Songs in die Hand nahm, um ihre eigenen Produkte zu bewerben oder für ein Ende der Gewalt in Gaza und gleich in der ganzen Welt aufzurufen.
Dann kamen Bush dran, einst die angeschmachteten Popper der Grunge-Ära, doch auch sie brachten die Zuschauer nicht in Schwung. Zwar mühte sich Frontmann Gavin Rossdale ab, hüpfte mit durchschwitztem T-Shirt über die Bühne und spazierte durch die Massen bis hinauf in Block E. Allein: Es nützte nichts.
Den Unterschied merkt man beim ersten Applaus für Volbeat. Drei Jahre haben die Münchner Fans auf die Rückkehr der Rockband aus Kopenhagen gewartet. Lead-Sänger Michael Poulsen musste mehrere Kehlkopf-OPs über sich ergehen lassen. Das Comeback ist dann umso größer: Mit „God of Angels Trust“ bringen sie ein neues Album mit auf die Tour durch Kanada, die USA und Europa – in München füllen sie an zwei Abenden die Olympiahalle.
Dort ist die Bühne geformt wie eine E-Gitarre, der Laufsteg zu den Fans. Während der Show spazieren die Musiker immer wieder nach vorne, sind mal direkt bei den Zuschauern, dann wieder hinten am Schlagzeug. Von den Vieren sieht allein Poulsen in seinem schwarzen Tank-Top der deutschen Death-Metal-Band Morgoth wie ein Rockstar aus. Bassist Kaspar Boye Larson und Tour-Gitarrist Flemming C. Lund würden in ihren Hemden in ein Schwabinger Marketing-Start-up passen.
Musikalisch bedienen sie sich erst mal aus der langen Bandgeschichte. Volbeat existieren seit 2001. Mit Klassikern wie The Devils Bleeding Crown und Lola Montez können sie praktisch nichts falsch machen. Das Publikum ist erwartungsgemäß gelöst, Poulsen heizt die Stimmung an; redet viel und sagt wenig.
Der Abend ist ein Best-of aus 20 Jahren. Die vier setzen auf genau den Mix aus Rock, Metal und Country, der sie bis in die USA erfolgreich gemacht und dort zehnmal an die Spitze der Rock-Charts gebracht hat. Aus dem neuen Album ist dagegen wenig zu hören. Diese Vorsicht hätte es gar nicht gebraucht, das Publikum liebt auch die neuen Songs. Beim eher klassisch rockigen „Demonic depression“ jubeln die Leute, beim ruhigeren „Time will heal“ klatschen fast alle mit.
Nur einer sieht bei „Volbeat“ wie ein waschechter Rockstar aus: Michael Poulsen. (Foto: Brittany Bowman)
Nicht alles ist rund an diesem Abend. Trotz beeindruckender Lichtshow funktioniert das Bühnenbild nicht ganz und einige der Show-Ideen verpuffen. Den Fans ist das egal, sie sind für die Emotionen hier. Bei der dänisch-englischen Ballade „For Evigt“ wird der Saal zum Lichtermeer. Danach gibt es eine Überraschung: Wie schon in Köln und Berlin ruft Poulsen alle Kinder aus dem Publikum auf die Bühne. Die ersten kommen vorsichtig, dann immer mehr, bis etwa 20 Kinder oben stehen. „The Future of Heavy Metal“, nennt Poulsen sie. Mit ihnen spielt er seinen Hit Still Counting, wobei er galant im Text „Assholes“ durch „Youngsters“ austauscht. Nach dem Song gibt es noch ein paar Fotos und alle dürfen einmal Poulsens Gitarre berühren.
Volbeat sind eben kein Kinderschreck. Vielleicht fehlen dem ersten von zwei Auftritten in der Olympiahalle die Kanten – aber damit war er eben auch rund. Die Fans jedenfalls waren rundum glücklich nach der Pause. Ganz so lang werden sie nicht wieder auf einen Auftritt warten müssen: In Bayern wird die Band im Juni 2026 beim Festival „Rock im Park“ neben Linkin Park und Iron Maiden als Headliner zu sehen sein.