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Toby Thatcher in der Alten Oper. © Wonge Bergmann/AO
Im Mozart-Saal präsentierte das Ensemble Modern Werke zeitgenössischer Komponisten und setzte dabei auf ungewöhnliche Klangästhetik.
Eine Leidenschaft der irischen Komponistin Jennifer Walshe ist der Planet Mars und die Suche nach seinem Klang. Mit dem Ensemble Modern wurden jetzt im Mozart-Saal der Alten Oper Frankfurt „Some Notes on Martian Sonic Aesthetics, 2034-51“ aufgeführt. Gut 20-minütige Audio-Visualität, deren filmisches Ergebnis Bilder von Mars-Expeditionen, Astronauten- und Astronautinnenfotografien sowie darüber geblendeter Text waren, der sich mit den besonderen Umständen im Orbit befasst.
Ein bescheidenes Unterfangen angesichts audio-visueller Ikonik namentlich aus Hollywoods Ausflügen in den Weltraum. Das hatte den Charme von Hochschulkunst mit mehr als einem Hauch dilettierender Naivität. Dazu kam, dass die unter der kleinen Leinwand spielenden Ensemble-Modern-Mitglieder das Bild überleuchteten und verblassen ließen. Die Musik blieb, wie immer, wo ästhetische Visualität im Spiel ist, mehr oder weniger unnachdrücklich.
Das war ganz anders bei Ricardo Eiziriks „Moloch Machine, 1927“ von 2016. Hier war das Visuelle nur Anregung zur Komposition: Fritz Langs „Metropolis“, wo der Taylorismus der Fließbandproduktion Thema ist. Das hatte bei dem 40-Jährigen aus Brasilien klangpunktuelle Kollektivität des Ensembles zur Folge: eine Kommando-Akkordik, die in ihrer zackigen und eingestanzten Qualität den Reiz artistischer Schlagfertigkeit bot und das kulturkritische Anliegen des Komponisten ungewollt unterminierte.
Diverse Temperaturen
Extrem gegensätzlich dazu „TIME>>T.- I.- M.(TIME)- E.“, das Zosha Di Castri während des Corona-Lockdowns 2022 schuf. Ein getragener, selten einmal durch geballte oder splittrige Klangaggregate unterbrochener Parcours verschiedener Dauer und Temperaturen. Das Anliegen der 40-Jährigen aus Kanada, die Zeiterfahrung in Zeiten der Isolation in größerer Empfindlichkeit erleben zu können, war ohrenfällig.
Diego Ramos Rodriguez, 1989 in Madrid geboren, zeigte in „Last“ diverse Erfahrung mit rhythmisierten Zeitpartikeln, die im Verlauf ihrer motorischen Existenz sich modifizieren. Bewegungen mit einem Hof von Begleitfiguren bis zum walking bass. Ein quirliges Procedere, bei dem alle Fäden der diversen Idiome gut zusammengehalten wurden durch Dirigent Toby Thatcher und das folgebereite Ensemble Modern.