Es ist kurz vor 18 Uhr, da stehen sich an der Frankfurter Hauptwache mehrere hundert pro-palästinensische und pro-israelische Demonstranten gegenüber. Die Gruppe, die sich auf der Seite zur Zeil hin befindet, wirkt wütend. Sie schreit „Free, free palestine“, später auch „Kindermörder Israel“. Auf der anderen Seite, an der Ecke zur Großen Eschenheimer Straße, schwingen die Demonstranten der Gegenkundgebung zahlreiche Israel-Flaggen und rufen lauthals „Hey, hey Israel“.

Bilder wie diese hätten viele gerne an diesem 7. Oktober verhindert. Für viele war es eine Provokation, dass ausgerechnet an dem Tag, an dem vor zwei Jahren die Hamas Israel überfiel, rund 1200 Menschen tötete und etwa 250 in den Gaza-Streifen verschleppte, eine Kundgebung unter dem Motto „77 Jahre Widerstand – kein Frieden ohne Freiheit!“ stattfinden sollte. Die Jüdische Gemeinde sah darin gar eine Verhöhnung der Opfer der Hamas.

Aufgeheizte Stimmung: An der Hauptwache standen sich pro-palästinensische und pro-israelische Demonstranten gegenüber.Aufgeheizte Stimmung: An der Hauptwache standen sich pro-palästinensische und pro-israelische Demonstranten gegenüber.Lucas Bäuml

Dass diese Demonstration sicher stattfinden kann, stand bis zum Morgen noch nicht fest. Bereits am Donnerstag kündigte die Stadt Frankfurt an, die Demonstration verbieten zu wollen. Die Anmelderinnen gingen gegen das Verbot erfolgreich vor dem Frankfurter Verwaltungsgericht vor.

Etwa 200 waren am Abend gekommen, um gegen die Veranstaltung ein Zeichen zu setzen. Die Kundgebung an der Ecke Große Eschenheimer Straße mit dem Namen „Freiheit für die Geiseln – Kein Frieden der Hamas“ wurde vom Jungen Forum der Deutsch-israelischen Gesellschaft Frankfurt organisiert und von der Jungen Union Hessen, FDP Frankfurt, Verein Honestly Concerned und der Initiative Iron Dome Frankfurt unterstützt.

Bei der Mahnwache auf dem Goetheplatz gedachten die Teilnehmer der Menschen, die sich immer noch in der Gewalt der Hamas befinden.Bei der Mahnwache auf dem Goetheplatz gedachten die Teilnehmer der Menschen, die sich immer noch in der Gewalt der Hamas befinden.Lucas Bäuml

Zuvor fand mit etwas weniger Teilnehmern, nach Angaben eines Polizisten vor Ort waren es rund 150 Menschen, eine Mahnwache auf dem Goetheplatz statt. Mit Fotos und Liedern gedachten sie der Geiseln der Hamas. 

An der Pro-Palästina-Versammlung nahmen nach Schätzungen der Polizei rund 1500 Menschen teil. Einer der Organisatoren sprach zwischenzeitlich von 2000 Teilnehmer, Minuten später von mindestens 4000 Teilnehmern.

Von 19.07 Uhr an bewegte sich die Menge der Pro-Palästina-Demo in Richtung Eschenheimer Tor. Angeführt wurde sie von einem weißen Transporter, auf dessen Motorhaube ein Bild klebte, das den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zeigte, darüber stand auf Englisch „gesucht wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Zeitweise war darüber noch ein Schild befestigt, auf dem handschriftlich geschrieben stand „Stop German Complicity in Gaza-Genocide“ (deutsch: Stoppt die deutsche Mittäterschaft beim Gaza-Völkermord). Dieses Schild hatte die Polizei jedoch entfernt, noch bevor der Zug sich in Bewegung setzte.

Nach Angaben eines Polizeisprechers wurden bei der pro-palästinensischen Kundgebung vereinzelt Schilder von den Beamten beschlagnahmt, bei denen der Verdacht der Volksverhetzung bestehe. Diese würden nun geprüft.

Die Stimmung während der Veranstaltung war aufgeheizt, es blieb jedoch weitgehend friedlich. Zwischendurch kam es mehrfach zu Auseinandersetzungen mit den Pressevertretern, weil Demonstranten diesen immer wieder an die Kameras gefasst hatten, um das Fotografieren zu stören oder gar zu verhindern. Mindestens einmal gingen Polizisten dazwischen und ermahnten die Demonstranten, die Pressefreiheit zu respektieren.