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Drohnen-Sichtungen nehmen zu, der Druck wächst. Am Mittwoch will Kanzler Merz im Kabinett über neue Abwehrsysteme und klare Befugnisse entscheiden.

Berlin – Nicht nur im Ukraine-Krieg prägen sie den Himmel: Immer mehr Drohnen tauchen über deutschen Städten, Flughäfen und Militärgeländen auf. Die Bundesregierung reagiert jetzt mit einem umfassenden Sicherheitskonzept. Am Mittwoch (8. Oktober) will das Kabinett von Friedrich Merz (CDU) über neue Abwehrmaßnahmen beraten – die Drohnen-Gefahr wird damit zur Chefsache im Kanzleramt.

Skyranger 30 und MerzBundeskanzler Friedrich Merz will den Anti-Drohnen-Kampf zur Chefsache machen. Der Flugabwehrpanzer Skyranger 30 von Rheinmetall gilt dabei als zentrales Element der neuen Abwehrstrategie – bislang sind jedoch nur 19 Systeme bestellt, Experten halten bis zu 600 für nötig. © Foto links: IMAGO / HMB-Media | Foto rechts: IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Der neu gegründete Nationale Sicherheitsrat soll erstmals zum Einsatz kommen. In dem Gremium sollen Polizei, Bundeswehr und Nachrichtendienste ihre Informationen bündeln. Ziel ist ein einheitliches Lagebild, das schnelle Entscheidungen ermöglicht.

Merz-Regierung rüstet im Anti-Drohnen-Kampf auf

Der Vorfall am Flughafen München gilt als Auslöser für die neue Entschlossenheit. Am Abend des 2. Oktober 2025 musste der Airport den Betrieb stundenlang einstellen, weil mehrere Drohnen im Luftraum gesichtet wurden. Rund 3.000 Passagiere waren betroffen, Flüge wurden gestrichen oder umgeleitet. Auch am Freitagabend kam es zu einem Drohnenalarm in München, was abermals eine Luftraumsperre verursachte. 81 Flüge waren laut br.de betroffen.

Ähnliche Zwischenfälle gab es zuvor in Skandinavien und Belgien. Auch dort mussten Flughäfen zeitweise schließen. Die EU, schreibt Reuters, drängt daher auf eine gemeinsame Drohnenabwehr und will entsprechende Systeme fördern.

Von Taurus bis Leopard – die Waffensysteme der Bundeswehr im ÜberblickDie Bundeswehr ist zu See, an Land und in der Luft mit verschiedenen Waffensystemen präsent.Fotostrecke ansehenKampf gegen Drohnen: Merz-Regierung zieht Kompetenzen neu

Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) plant Änderungen am Luftsicherheitsgesetz und am Bundespolizeigesetz, berichtet die AFP. Künftig soll die Bundeswehr im Ernstfall helfen dürfen, gefährliche Drohnen abzuwehren. Der Kabinettsbeschluss dazu ist bereits für kommende Woche vorgesehen.

Bisher liegt die Zuständigkeit meist bei der Polizei. Das führt in Krisenfällen zu langen Abstimmungen und Verzögerungen. Dobrindt will diese Lücken schließen und klare Befugnisse schaffen, um ein schnelles Agieren zu gewährleisten und stundenlange Luftraumsperrungen, wie nun etwa in München, zukünftig zu verhindern.

Nationale Koordination bei der Drohnen-Abwehr statt Flickenteppich

Der neue Nationale Sicherheitsrat im Kanzleramt wird zum Prüfstein dieser Strategie. Er soll gemäß der Bild Informationen von Bund und Ländern zusammenführen und eine zentrale Koordinierung sicherstellen. Das Kanzleramt verspricht sich davon schnellere Reaktionen bei hybriden Angriffen.

Nachrichtendienste prüfen derweil, ob hinter den jüngsten Sichtungen ausländische Akteure stehen könnten. Offiziell wird eine russische Urheberschaft weder bestätigt noch ausgeschlossen. Die Bundesregierung vermeidet bisher jede öffentliche Schuldzuweisung – wohl auch, um Panik zu verhindern.

Technikmix als Lösung: Deutschland sucht nach Antworten beim Kampf gegen Drohnen

Bei der Abwehr setzt Deutschland künftig auf mehrere Stufen, schreibt die Welt. Zuerst sollen Drohnen durch Radar, Kameras und Funkpeiler erkannt werden. Danach folgen elektronische Gegenmaßnahmen wie Störsender oder GPS-Manipulation.

Greifen diese Mittel nicht, kommen Abfangdrohnen oder Netzsysteme zum Einsatz. Damit können feindliche Flugobjekte kontrolliert zu Boden gebracht werden, ohne Zivilisten zu gefährden, notiert ZDFheute. Zudem: Bis 2028 sollen zudem 19 Flugabwehrpanzer vom Typ Skyranger 30 geliefert werden, die speziell für Drohnenabwehr ausgerüstet sind.

Drohnen-Abwehr: Laser und Jammer ergänzen klassische Systeme

Auch Laser sollen künftig eine Rolle spielen. Sie sind günstig im Betrieb, benötigen aber große Energiemengen und bleiben technisch anspruchsvoll. Stationäre Anlagen könnten Flughäfen und Kasernen sichern, ohne dabei gefährliche Trümmer zu verursachen, heißt es in der Welt.

Industrieverbände fordern eine schnelle Umsetzung der neuen Regeln. Vor allem an Flughäfen sei der Bedarf an Detektions- und Abwehrsystemen enorm. Die Kabinettsbefassung am Mittwoch gilt entsprechend als wichtiger Schritt, um die Projekte zu beschleunigen.

Deutschlands Anti-Drohnen-Strategie im Überblick

Nationaler Sicherheitsrat: Neues Gremium im Kanzleramt. Es bündelt Informationen von Nachrichtendiensten, Polizei, Bundeswehr und Ländern. Ziel ist ein einheitliches Lagebild bei hybriden Bedrohungen wie Drohnenangriffen.

Zuständigkeiten: Polizei sichert den zivilen Luftraum, die Bundeswehr militärische Anlagen. Künftig soll die Truppe im Ernstfall auch über Städten helfen dürfen – etwa bei gefährlichen Drohnenflügen. Rechtliche und organisatorische Fragen sind jedoch noch in Klärung, sodass die praktische Umsetzung erst nach gesetzlichen Anpassungen erfolgen kann.

Technische Systeme:

Erkennung: Radar, Funkpeiler, optische Sensoren und KI-gestützte Systeme wie „IDAS Pro“ vom Fraunhofer FKIE.
Störung: Störsender („Jammer“) und GPS-Spoofing zwingen einfache Drohnen zur Landung oder Rückkehr.
Abfangen: Netzwerfer-Drohnen oder Abfangdrohnen bringen feindliche Flugobjekte kontrolliert zu Boden.
Kinetische Abwehr: Flugabwehrpanzer Skyranger 30 sollen ab 2027 geliefert werden.

Neue Technologien: Laserwaffen gelten als vielversprechend für den Schutz von Flughäfen und Kasernen. Erste Tests laufen bei Bundeswehr und Industrie.

Lücken und Bedarf: Laut dem Fachmagazin FW-MAG wären für einen flächendeckenden Schutz mindestens 500 bis 600 Skyranger-Systeme nötig. Derzeit sind nur 19 bestellt.

Industrie & Forschung: Unternehmen wie Rheinmetall, Hensoldt, Quantum Systems und das Fraunhofer FKIE entwickeln neue Anti-Drohnen-Technologien. Deutschland plant zudem eine engere Zusammenarbeit mit Israel und der Ukraine.

19 Skyranger-Flugabwehrsysteme bestellt, aber bis zu 600 wären laut Experten notwendig

Das englischsprachige Fach-Portal Future Warfare Magazine (FW-MAG) verweist auf tieferliegende Probleme: Deutschlands Verteidigung sei bei der Drohnenabwehr jahrelang vernachlässigt worden. Zwischen 2005 und 2022 seien die Verteidigungsausgaben zu stark reduziert worden, sodass nun sowohl technische als auch organisatorische Lücken bestehen. Die Zuständigkeiten zwischen Bundeswehr und den 16 Landespolizeibehörden erschwerten eine schnelle Reaktion, da militärische Eingriffe über zivilem Gebiet rechtlich kaum möglich seien.

Auch bei der Ausrüstung herrscht Nachholbedarf. Zwar hat die Bundeswehr 19 Flugabwehrsysteme vom Typ Skyranger bestellt, doch laut FW-MAG und anderen Sicherheitsexperten wären für eine flächendeckende Abwehr mindestens 500 bis 600 solcher Systeme nötig. Hersteller wie Rheinmetall könnten nach eigenen Angaben bis zu 200 pro Jahr fertigen – allerdings nur bei entsprechenden Großaufträgen. Damit bleibt Deutschland vorerst abhängig von punktuellen Lösungen und improvisierten Schutzmaßnahmen

Merz-Regierung und der Anti-Drohnen-Kampf: Zwischen Provokation und Panik

Viele Experten sehen in den Drohnen-Überflügen eine Form hybrider Kriegsführung. Dänemarks Geheimdienst etwa spricht von gezielter Verunsicherung durch Russland, schreibt Reuters. Moskau weist diese Vorwürfe bislang strikt zurück.

In Berlin will man Ruhe bewahren und gleichzeitig handlungsfähig bleiben. Der Sicherheitsrat, neue Gesetze und moderne Technik sollen nun zeigen, dass Deutschland auf die Bedrohung vorbereitet ist. Ob das gelingt, entscheidet sich in den kommenden Wochen. (Quellen: Bild, AFP, Reuters, ZDFheute, Welt, Future Warfare Magazine, Focus Online, Deutschlandfunk, br.de) (chnnn)