Screenshot des jüngsten vom Pentagon veröffentlichten Videos, das einen Angriff mit US-Raketen auf ein kleines Boot am 3. Oktober zeigt [Photo: Pentagon]
Am 3. Oktober nahm die Trump-Regierung ihre militärische Eskalation gegen Venezuela wieder auf. Das Pentagon bestätigte die Zerstörung eines weiteren Bootes in der südlichen Karibik, und Trump drohte dem Land mit atomarer Vernichtung.
„Kriegsminister“ Pete Hegseth erklärte in einer Videobotschaft stolz, dass vier Passagiere getötet worden seien, als das kleine Boot von mehreren Raketen getroffen wurde. Der Angriff war Teil einer brutalen und öffentlichen Zurschaustellung von modernem Staatsterrorismus.
Es war bereits der fünfte Vorfall in den letzten Wochen, bei dem unbewaffnete Boote ohne Vorwarnung angegriffen wurden, rein aufgrund der unbewiesenen Behauptung, dass sich Drogendealer an Bord befänden. Mindestens einundzwanzig Zivilisten wurden bei den Angriffen getötet. Untersuchungen haben später belegt, dass viele, wenn nicht alle Opfer Fischer oder Immigranten aus küstennahen Gemeinden waren, die die USA in keiner Weise bedrohten. Julie Turkewitz von der New York Times veröffentlichte Aussagen der Frau eines Opfers, eines Fischers von der venezolanischen Halbinsel Paria. Wie sie erklärte, war er „eines Tages zur Arbeit gegangen und niemals zurückgekehrt“.
Hegseth deutete auf X/Twitter an, dass es sich um eine zeitlich unbegrenzte Militäraktion handeln könnte, als er erklärte, die Übergriffe würden „fortgesetzt, bis die Angriffe auf das amerikanische Volk eingestellt werden!!!“
Trump bedankte sich am Sonntag bei einer Rede auf dem Marinestützpunkt in Norfolk bei der US-Navy dafür, „die Kartell-Terroristen von der Wasseroberfläche zu bomben“ und fügte bedrohlich hinzu: „Gestern Abend haben wir ein weiteres [Boot] erwischt.“ Offenbar meinte er damit eigentlich den Angriff vom Freitag.
Danach verlagerte er den Fokus des Schlachtfelds und erklärte: „Sie kommen nicht mehr über das Meer. (…) Jetzt müssen wir auf die Landwege achten, weil sie gezwungen sind, über den Landweg zu kommen.“
Die Drohungen zielen vor allem darauf ab, den Sturz des venezolanischen Präsidenten Nicolas Maduro vorzubereiten oder zu provozieren. Washington bezeichnet ihn als Anführer eines „Sonnen-Kartells“, das laut den meisten Experten gar nicht existiert. An Maduros Adresse erklärte Trump in aggressivem Ton: „Jeder Tyrann und Gegner auf der Welt weiß, dass seine Entscheidung eine sehr einfache ist: entweder er lässt Amerika in Ruhe, oder er wird mit Feuer und Wut, wie nie zuvor erlebt, in die Luft gejagt.“ Mit denselben Worten hatte er im Jahr 2017 Nordkorea mit einem Atomkrieg gedroht.
Dass das Pentagon vor kurzem einen atomwaffenfähigen Trident-Marschflugkörper in der Karibik getestet hat, verstärkt diese Drohung und verdeutlicht die Vorbereitung auf eine mögliche groß angelegte Konfrontation.
Dieser explizite Angriff auf ein ganzes Land macht das Ausmaß der imperialistischen Barbarei deutlich: Der Massenmord wird als politisches Werkzeug normalisiert. Die Leichtfertigkeit, mit der die vollständige Vernichtung von Millionen Menschen in Lateinamerika in Betracht gezogen wird, erinnert an den Völkermord, den Israel unter der Schirmherrschaft der USA im Gazastreifen verübt. Solche Drohungen sind nicht nur isolierte Rhetorik, sondern integraler Bestandteil des eskalierenden Staatsterrorismus mit dem Ziel, jeden Widerstand gegen die herrschende US-Oligarchie zu zerschlagen.
Die Bedeutung dieser Aufrüstung kann nicht genug betont werden. Die südliche Karibik ist zum Krisenherd geworden, während rivalisierende Großmächte dabei sind, die Welt neu aufzuteilen.
Die Trump-Regierung und das außenpolitische Establishment beider Parteien in Washington betrachten Venezuela als wichtiges imperialistisches Zielobjekt. Das Land verfügt über die weltweit größten nachgewiesenen Ölvorkommen. Insgesamt locken die immensen natürlichen Rohstoffe und Arbeitskräftereservoirs des Kontinents, mit Lateinamerika nach dem Vorbild von Hitlers Anschluss von Österreich zu verfahren. Für die Trump-Regierung ist es eine Etappe in der breiteren globalen Strategie ihrer Kriege gegen den Iran, Russland und – besonders zentral – gegen China.
Russland verurteilte den Angriff von letzter Woche öffentlich, Außenminister Sergei Lawrow bestätigte dem Land in einem Telefonat mit seinem venezolanischen Amtskollegen die „volle Unterstützung und Solidarität mit der Regierung und dem Volk Venezuelas“. China, der größte Ölabnehmer und Gläubiger Venezuelas, hatte bereits letzten Monat gegen die US-Angriffe protestiert und ist weiterhin stark in dem Land engagiert. Vor kurzem wurde ein chinesisches Projekt zur Ölförderung im Wert von einer Milliarde Dollar angekündigt.
Letzte Woche schickte das Weiße Haus eine beispiellose Mitteilung an den Kongress, laut der sich die USA in einem „nicht-internationalen bewaffneten Konflikt“ mit Drogenkartellen befänden. Diese scheinlegale Erklärung ist Teil von Trumps Versuch, sich umfassende Befugnisse zur Kriegsführung anzumaßen, die Autorität des Kongresses zu umgehen und den Unterschied zwischen innerer Strafverfolgung und Militäroperation in Kriegszeiten zu verwischen.
David North
30 Jahre Krieg: Amerikas Griff nach der Weltherrschaft 1990–2020
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Unter dem Deckmantel der Drogenbekämpfung schafft das jüngste Manöver die Bedingungen zum Einsatz militärischer Gewalt auch innerhalb von amerikanischen Städten. Die Trump-Regierung hat bereits behauptet, die Zuwanderung sei untrennbar mit dem Eindringen von Drogenkartellen auf US-Boden verbunden, und versucht damit das polizeistaatliche Vorgehen gegen Immigranten zu verschärfen. Dieses wiederum dient als Speerspitze für den Angriff auf alle demokratischen Rechte.
Die Demokraten reagieren verhalten und beschränken sich weitgehend auf Fragen nach fehlender Bewilligung durch den Kongress. Sie unterstützen die Ausweitung des so genannten Kriegs gegen die Drogen. Der ranghöchste Demokrat im Streitkräfteausschuss des Senats, Jack Reed, unterstützt den Krieg gegen Drogenkartelle ausdrücklich als Vorwand für die gewaltsame Wiederherstellung der Hegemonie über die Hemisphäre.
Militäranalysten des Center for Strategic and International Studies (CSIS) schätzen, dass für eine Bodenoffensive gegen Venezuela mindestens 50.000 Soldaten erforderlich wären. Derzeit sind in der südlichen Karibik etwa 5.000 US-Soldaten stationiert. Schon heute schaffen die See- und Luftstreitkräfte die strategischen Bedingungen für eine rasche Eskalation. So schreiben die Experten des CSIS: „Mit den heute stationierten Streitkräften können die US-Streitkräfte Luft- oder Raketenangriffe gegen Venezuela von jenseits der Küste her durchführen – allerdings müssen dafür Mittel aus dem Indopazifik abgezogen werden.“
Die Stationierung, die hunderte Millionen Dollar pro Tag kostet, schafft unweigerlich eine Dynamik, in der diese Kräfte auch zum Einsatz kommen werden. US-Regierungsvertreter haben gegenüber dem Washington Examiner erklärt, dass das kostspielige Aufgebot in der Region bereits ausreicht, um strategisch wichtige Einrichtungen wie Häfen und Flugfelder zu besetzen.
Diese Kampagne stellt eine umfassende Offensive des US-Imperialismus mit dem Ziel dar, faschistische Regime in der Region zu unterstützen. Diesem Ziel dienen auch die folgenschweren Zöllen, wie zum Beispiel 50 Prozent für Brasilien, nachdem der Trump-Verbündete Bolsonaro in diesem Land wegen eines versuchten Militärputsches verurteilt wurde. Letztlich geht es darum, die direkte US-Kontrolle über Lateinamerika wieder herzustellen.
Trumps Memo an den Kongress kommt einer Kriegserklärung gegen die Arbeiterklasse auf dem ganzen amerikanischen Kontinent, einschließlich der USA, gleich. Diese Offensive erfordert es, die Arbeitenden des Kontinents durch die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees zu vereinen, um gegen alle Kapitalistenklassen und ihre Lakaien und Gewerkschaftsführer einen revolutionären Kampf zu führen.