- In Hamburg ist es Ende September zu einer folgenschweren Wolfsattacke im Stadtteil Marmstorf gekommen: Zwei Schafe verloren ihr Leben, die Unsicherheit bei Weidetierhaltern in Hamburgs Süden ist seitdem groß.
- Doch auch Hundehalter sind in Sorge – spätestens, nachdem vorige Woche ein Wolf eine Halterin mit ihrem Golden Retriever bedrohte und offenbar auch verfolgte.
- Wir haben einen Wolfsexperten gefragt, was Hundehalter derzeit bei ihren Gassi-Runden beachten sollten.
Zwei gerissene Schafe in Hamburg-Marmstorf, eine Frau, die beim Spazierengehen mit ihrem Hund vom Wolf verfolgt wird: Wie sicher können sich Hundehalter südlich der Elbe beim Gassigehen aktuell fühlen?
Das haben wir Wolfsberater Gunther Esther gefragt. Seit 15 Jahren ist der pensionierte Kriminalkommissar für Hamburg und Schleswig-Holstein zuständig und hat in dieser Zeit den Wolf immer näher an die Hamburger Landesgrenze herankommen sehen. Wann er die Grenze schließlich überschreitet, war für den Wolfsexperten am Ende eine Frage der Zeit.
Wolf jagt Golden Retriever in Hamburg-Eißendorf: Wie sicher sind Hunde beim Gassigehen
Dennoch rät er den Menschen in Hamburgs Süden dringend davon ab, angesichts der aktuellen Entwicklung in Panik zu verfallen: „Seit der Rückkehr der Wölfe ist kein einziger Übergriff eines Wolfes auf einen Menschen dokumentiert“, sagt Gunter Esther. „Er passt einfach nicht ins Beuteschema, das sich auf Vierbeiner beschränkt.“

Wolfsberater Gunther Esther mit seinem Weimaraner Darius, den er bei Spaziergängen durch den Wald derzeit an der kurzen Leine hält.
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Gunther Esther sieht sich als neutraler Vermittler zwischen Umweltbehörde, Nutztierhaltern und Tierschützern. Er hat für Vieles Verständnis – aber nicht für Äußerungen, die bewusst oder unbewusst die uralte Angst des Menschen vor dem Wolf schüren. Zwar sei die Wahrscheinlichkeit größer geworden, beim Spaziergang im Wald einen Wolf zu treffen, Aber nach einem ersten neugierigen Blick ziehen sich die Raubtiere meist schnell wieder zurück.
Was der Wolfsberater allgemein hinsichtlich der Ausbreitung des Raubtiers in Hamburg erwartet und welche Stadtteile als neue mögliche Hotspots in den Fokus rücken, können Sie hier nachlesen. Denn: Besonders Hundehalter sollten sich auf die Möglichkeit einer Wolfsbegegnung bei ausgedehnten Spaziergängen in Hamburgs Süden vorbereiten. Denn auch wenn Angriffe auf Hunde in Zahlen gemessen äußerst selten sind, kommt es immer wieder zu Attacken.
Wolf zerfleischt Terrier im Landkreis Uelzen: Experte rät Hundehaltern zur kurzen Leine
Ein tragischer Vorfall erschütterte bereits Mitte November 2022 den kleinen Ort Rosche im Landkreis Uelzen. Eine fast 80-jährige Frau war wie gewohnt am frühen Morgen mit ihrem Foxterrier unterwegs, als das Tier plötzlich verschwand. Wie sonst auch habe sie ihren Foxterrier von der Leine genommen und durch die Gegend pirschen lassen.
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Kurz darauf fand die Halterin ihren Hund schwer verletzt einige hundert Meter entfernt. Der Terrier musste eingeschläfert werden. Eine DNA-Analyse des niedersächsischen Umweltministeriums bestätigte, dass es sich beim Angreifer um einen Wolf gehandelt hatte. Im Maul des Hundes wurden zudem Wolfshaare entdeckt.
Gunther Esther rät deshalb Haltern, die mit ihren Hunden in Gegenden unterwegs sind, in denen es zuletzt Wolfssichtungen gegeben hat, Folgendes:
- Ruhig bleiben: Wölfe sind in den meisten Fällen scheu und meiden die Nähe zu Menschen. Meistens ziehen sie sich einfach zurück. Lautes Schreien, hektische Bewegungen oder Rennen könnten den Wolf hingegen neugierig machen.
- Hund an die Leine nehmen: Wölfe können freilaufende Hunde als Bedrohung oder als Beute wahrnehmen. Sollte die Gegend für Wolfssichtungen bekannt sein, sollten Halter dringend auf meterlange Schleppleinen verzichten und den Hund lieber kurz halten.
- Abstand wahren: Nähern sich Wolf und Hund zu sehr, könnten Missverständnisse entstehen, bei denen der Wolf den Hund als Rivalen oder Eindringling in sein Territorium sehen könnte.
- Deutlich auftreten: Wer sich deutlich als Mensch zu erkennen gibt, verringert die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs. Reden in normaler oder lauter Stimme kann dabei helfen.
- Rückzug ermöglichen: Wölfe greifen normalerweise nicht an, sondern ziehen sich zurück, wenn sie einen Fluchtweg haben.
- Kein Füttern oder Anlocken: Wer Futter dabei hat, sollte es auf keinen Fall absichtlich für den Wolf liegen lassen, um ihn möglicherweise abzulenken. Füttern kann das natürliche Distanzverhalten stören.
- Auf die Tageszeit achten: In Gegenden mit bekannten Wolfsaktivitäten empfiehlt es sich, Spaziergänge möglichst nicht in die Dämmerungs- und Nachtstunden zu legen, wenn Wölfe aktiv sind.
Was tun, wenn der Wolf sich nicht zurückzieht?
In sehr seltenen Fällen, wenn der Wolf starkes Interesse am Hund zeigt und nicht weggeht:
- Halte den Hund ruhig bei dir, hebe ihn, wenn möglich, hoch (bei kleinen Hunden).
- Mache dich laut und wirke bedrohlich durch Armeheben, Lautgeben oder Gegenstände wie einen Stock.
- Weiche langsam zurück und verliere den Wolf nicht aus den Augen – aber niemals rennen! Das könnte den Jagdinstinkt auslösen.
Wer beim Spaziergehen mit dem Hund einen oder mehrere Wölfe sichtet, sollte dies per Online-Meldebogen an die zuständigen Behörden weiterleiten.