Maya Dempf (24), Anna Cornelius (30) und Corinna Schneider (30) wollen mit ihrer Ausstellung gegen Diskriminierung ankämpfen. Foto: privat
Drei Stuttgarter Künstlerinnen zeigen im Utopia Kiosk die Ausstellung „FETT. – über Körper, Kämpfe und gegen Stigma“. Es geht um Gewichtsdiskriminierung und Fettfeindlichkeit.
Der Titel ist schlicht und provokant: „Fett.“ „Den Punkt soll man ruhig mitsprechen“, erzählt Maya Dempf (24), eine der drei Veranstalterinnen der gleichnamigen Ausstellung, die Ende November im Utopia-Kiosk zu sehen sein wird. Für Aufsehen sorgen die Studentin und ihre Kolleginnen Anna Cornelius (30), Kunsttherapeutin, und Corinna Schneider (30), im Projektmanagement, zurzeit bei Instagram. Dort veröffentlichen sie regelmäßig Aussagen, mit denen sich Menschen mit Übergewicht konfrontiert sehen. Beklemmende Zeilen wie diese sind dort zu lesen: „Meine Mutter zeigte auf ein ‚dickes‘ Kind und sagte: So willst du doch nichts aussehen, oder?“ – und das ist noch eines der harmloseren Zitate.
„Wir wollen provozieren, um Augen zu öffnen“, sagt Dempf, die seit zwei Jahren an dem Projekt arbeitet und auch sich selbst als dick bezeichnet. „Das Wort ‚fett‘ ist ja schon an sich eine Beleidigung“, erzählt sie, und genau deshalb hätten sie es gewählt. Besucherinnen und Besucher der Ausstellung, die den Nebentitel: „Über Körper, Kämpfe und gegen Stigma“ trägt, sollen vor allem reflektieren und für eine ernste Thematik sensibilisiert werden – Gewichtsdiskriminierung und Fettfeindlichkeit.
Betroffene aus ganz Deutschland teilen ihre Erfahrungen
„Man sucht sich nicht aus, in welchem Körper man lebt“, sagt Dempf, „aber Beleidigungen und Diskriminierungen sind für Menschen mit Übergewicht leider Alltag“.
Mit einem Fragebogen haben sich die Künstlerinnen bundesweit an Betroffene gewandt, und tragen die Antworten jetzt zusammen. Hinzu kommen Foto- und Videoarbeiten aus diversen Gesprächen. Maya Dempf sagt, dass es ihnen wichtig war, anzusprechen, worüber so viele Menschen schweigen. „Die Scham ist oft viel zu groß“, sagt sie. Daher sei es ihnen wichtig, zu zeigen, dass Übergewicht und damit zusammenhängende Beleidigungen jeden einzelnen Abschnitt des Lebens beeinflussen können. Besucher und Besucherinnen sollen mit unterschiedlichen Diskriminierungsformen konfrontiert werden, die Menschen mit Übergewicht erfahren. Allerdings wollen die Künstlerinnen auch nichts vorkauen: „Wir wollen keine Bildungsarbeit leisten, sondern die Dinge so zeigen, wie sie sind.“ Am besten wäre es, wenn die Leute zwischen den Zeilen lesen.
Sie wollen mehr als Bodyshaming anzuprangern
„Wir sind das große Team hinter Fett“, schreiben sie weiter auf Instagram und teilen dort sehr persönliche Aussagen, die sie als Antworten auf ihren Fragebogen bekommen haben. Die Vielfältigkeit der Erfahrungen sei enorm, erzählt Dempf und die achtsame Rezeption der Künstlerinnen lässt eine ganz offene Diskussion zu: „Was würdest du machen, wenn du einen Tag schlank sein könntest?“ – „Auf einem Trampolin springen, Achterbahn und Wasserski fahren.“ Eine andere Person antwortet: „Nichts, was ich sonst nicht auch tun würde.“
Möglichst viele Lebensrealitäten wollen die Künstlerinnen zeigen. Die Vorbereitungen für die Ausstellung sind gerade noch in vollem Gange. Besonders wichtig, ist es ihnen, die Vielschichtigkeit der Diskriminierungsformen darzustellen. Was sie machen sei mehr als Bodyshaming anzuprangern, ergänzt Dempf noch abschließend; es betreffe alle, die nicht in die vermeintliche Norm passen.
Für niemanden soll es bequem sein
Und mit welcher Botschaft soll man dann nach Hause gehen? „Das ist nicht ganz leicht zu beantworten“, sagt Dempf. „Auf jeden Fall soll es nicht besonders bequem sein.“ Am liebsten wäre ihr eine Mischung aus leichter Beklemmung und neuem Mut für den Austausch mit anderen.
Ausstellung „Fett.“, VernissageUtopia Kiosk, Lazarettstraße 5, Stuttgart-Mitte, ab 22.11.