Einen Rahmenplan fürs Kämmerei-Quartier gibt es seit Jahren, jetzt soll ein neuer Bebauungsplan her – und das möglichst schnell: Solange es den nämlich nicht gibt, kann die nächste Campusschule nicht gebaut werden. Darum ist in dieser Woche nicht nur ein erster Entwurf vorgestellt worden, was baurechtlich verändert werden muss, damit das Millionenprojekt weiter umgesetzt werden kann. Sondern auch die Sitzung des Blumenthaler Beirates anders verlaufen. Die Bürger hatten mehr als sonst das Wort. Das Treffen der Parteien war zugleich eine Anwohnerversammlung.

Der neue Bebauungsplan, das merkten die Zuhörer am Dienstagabend gleich, ist keine Kleinigkeit: Der bisherige Entwurf wurde nicht von einer einzigen Referentin vorgestellt, sondern von vier Planerinnen. Drei gehören zum Bauamt, eine Stadtentwicklerin arbeitet fürs Bremer Büro BPW. Seit Längerem unterstützt es die Behörde dabei, einen Plan zu entwerfen, der alles zusammenfasst, was im Kämmerei-Quartier vorgesehen ist – ein Handwerkerpark, neue Turnhallen, zwei Parkdecks, ein Vereinsbad, ein neuer Start-up-Spielkreis, der Umbau des früheren Rathauses zum Quartiershaus und eben ein Campus mit fünf Schulen.

Die Liste der Gutachten ist genauso lang wie die Liste der Projekte. Alles soll geprüft werden: Bodenbelastung, Entwässerung, Energie- und Wärmeversorgung, der Artenschutz, die Emissionen, der Lärmpegel. BPW-Planerin Nicole Braun sagte bei der Präsentation, dass manche Expertisen noch in Arbeit sind und andere inzwischen vorliegen. Zum Beispiel die Verkehrsuntersuchung. Was drinsteht, sollen Politiker und Bürger später lesen können. Die Stadtentwicklerin geht vom nächsten Jahr aus, wenn alle Studien zu allen Themen vorliegen. Und die zweite Runde der Anwohnerbeteiligung beginnt.

Zum Verkehr haben die Referentinnen trotzdem schon jetzt was gesagt. Etwa, dass schwere Laster weitestgehend vom Campus und der Hauptroute des Quartiers, der sogenannten historischen Achse, ferngehalten werden sollen. Dass sie vornehmlich die Strecke über die Nicolaus-H.-Schilling-Straße und Zum Kammstuhl zu nehmen haben. Und dass später, wenn noch mehr Schulgebäude stehen, die Landrat-Christians-Straße teilweise mit Tempo-30-Zonen sowie breiten Überquerungsbereichen ausgestattet werden könnte. Und zwar sowohl beim Busbahnhof als auch beim Marktplatz im früheren Ortskern.

Arbeiten mit Ausnahmegenehmigung: Das Sortiergebäude wird zur ersten Campusschule umgebaut.

Arbeiten mit Ausnahmegenehmigung: Das Sortiergebäude wird zur ersten Campusschule umgebaut.

Foto:
WFB / Jens Lehmkühler

Ob das tatsächlich ausreicht, um die Schülerströme zum und vom Campus zu lenken – die Behörde geht von mehreren Tausend Berufs- und Oberschülern aus, wenn alles fertig ist – , wird von Politikern und Anwohnern angezweifelt. Sie wollen deshalb etwas, was ihrer Ansicht nach die Landrat-Christians-Straße entlastet und schon einmal gefordert wurde: eine Anbindung des Quartiers ans sogenannte Müllerloch, wo sich Supermärkte und Handelsketten reihen. Auf dem Planentwurf, den die Stadtentwicklerinnen zeigen, ist ein schmaler Bereich, den Fraktionen und Bürger zur Straße machen wollen, ausgespart.

Aus einem simplen Grund, wie Stefanie Rohbeck sagte. Die Stadtplanerin des Bauamtes findet die Idee von Parteivertretern und Bürgern zwar gut, hält sie aber für nicht umsetzbar. Ihr zufolge gehört der Gebietsstreifen nicht der Stadt, sondern mehreren Parteien. Und würde die geforderte Straße auf dem Gelände eines Discounters enden beziehungsweise anfangen. Über den Vorschlag wollen die Planerinnen trotzdem noch einmal beraten. Wie auch über eine Antwort auf die Frage einer Blumenthalerin, ob eigentlich der Abwasserkanal ausgebaut wird, wenn so viele Schüler und Lehrer nach Blumenthal kommen.

Was noch dauern wird, genauso wie der Bebauungsplan. Schulplaner gehen davon aus, dass der Blumenthaler Bildungscampus nicht vor 2035 fertig wird – und Stadtplanerinnen wie Rohbeck, dass Senat und Bürgerschaftsparteien frühestens 2027 über den finalen Planentwurf fürs Kämmerei-Quartier inklusive Änderungen der Nutzung von Flächen beraten können. Die Mitarbeiterin des Nordbremer Bauamtes sagte den Fraktionen und Anwohnern, dass zwei Jahre normal für einen Bebauungsplan sind. Und dass es dann unterm Strich sogar ziemlich schnell mit ihm gegangen sei.

Dass es überhaupt einen neuen braucht, hat mit den vielen Gewerbeflächen zu tun, die zu Sonderflächen werden müssen, damit die Schulen gebaut werden können. Und damit, dass nicht noch mehr Ausnahmegenehmigungen erteilt werden können, um den bestehenden Bebauungsplan nicht ad absurdum zu führen. Sonderregelungen gab es nach ihren Worten immer wieder – unter anderem für den Umbau des Sortiergebäudes zur ersten Campusschule, für den geplanten Anbau, für den Mobilbau der Blumenthaler Oberschule. Jetzt, meinte Rohbeck, ist Schluss.

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