Ein Himmelskörper aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ist am 24. Oktober 2024 in die Erdatmosphäre eingetreten und nahe der Stadt Haag in Österreich niedergegangen, wo Bruchstücke geborgen werden konnten. Solche Ereignisse sind äußerst selten – weltweit werden pro Jahr nur etwa zehn Meteoritenfälle registriert.

Ein Forschungsteam der Institute für Planetologie und Mineralogie der Universität Münster hat den Meteoriten „Haag“ mit internationalen Kolleginnen und Kollegen wissenschaftlich untersucht.

„Archive der Frühzeit unseres Sonnensystems“

Mit dem Ergebnis, dass der Meteorit zur Gruppe der sogenannten LL-Chondrite gehört, einer seltenen Gesteinsart, die weniger als zehn Prozent aller bekannten Meteoritenfälle ausmacht. „Meteoriten wie ‚Haag‘ sind Archive der Frühzeit unseres Sonnensystems“, betont Prof. Dr. Addi Bischoff. „Sie enthalten Informationen über Prozesse, die vor viereinhalb Milliarden Jahren stattfanden, und helfen uns zu verstehen, wie die Erde und andere Planeten entstanden sind.“ Die Ergebnisse sind nun in der Fachzeitschrift „Meteoritics & Planetary Science“ veröffentlicht worden, berichtet die Uni Münster.

LL-Chondrite bestehen hauptsächlich aus kleinen, kugeligen Mineralansammlungen und gelten als ursprüngliche Bausteine der Planeten. Zudem zeichnen sie sich durch einen vergleichsweise geringen Metallanteil aus. Besonders auffällig ist die innere Struktur von „Haag“. Mithilfe eines Rasterelektronenmikroskops führte das Forschungsteam aus Münster Dünnschliffanalysen durch. Diese zeigen, dass der Meteorit ein zertrümmertes Gefüge besitzt, das Fachleute als Brekzie bezeichnen.

Eine lange und bewegte Geschichte

Dieses Gefüge ist durch zahlreiche Einschläge auf dem ursprünglichen Mutterkörper im Asteroidengürtel entstanden. Dabei wurde Material aus tieferen Schichten herausgeschleudert und mit Oberflächenmaterial vermischt. „Solche Prozesse weisen auf eine lange und bewegte Geschichte hin“, erklärt Dr. Markus Patzek. „Die wiederholten Einschläge haben zu einer mächtigen Schicht aus Trümmern geführt, die sich immer wieder neu verfestigten.“

Zur Untersuchung wurde das Meteoriten-Fragment zersägt – das Foto zeigt den Anschnitt.Zur Untersuchung wurde das Meteoriten-Fragment zersägt – das Foto zeigt den Anschnitt. Foto: Leon Thannheiser

Auch die Analyse von Edelgasen an der ETH Zürich ergab weitere Erkenntnisse. Der Meteorit lag während seiner Zeit im All nicht direkt an der Oberfläche des Mutterkörpers, sondern war von Material bedeckt. Nach seiner Abspaltung reiste er 21 bis 24 Millionen Jahre lang als eigenständiger Kleinkörper durch das Sonnensystem. Messungen von Radionukliden deuten darauf hin, dass er einen Durchmesser von etwa einem Meter hatte, bevor er auf die Erde traf.

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Die chemischen, isotopischen und physikalischen Daten belegen, dass „Haag“ aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter stammt. In dieser Region umkreisen Millionen von Gesteinskörpern die Sonne. Sie repräsentieren die ältesten Bausteine des Sonnensystems und liefern entscheidende Hinweise darauf, wie sich die Erde und andere Planeten gebildet haben.

„Wissenschaftliche Sensation“

Überraschend ist auch, dass nur acht Jahre zuvor, am 6. März 2016, bei Stubenberg in Bayern ein Meteorit niederging, der ebenfalls zu den LL-Chondriten gehört. Die beiden Fundorte liegen nur rund 110 Kilometer auseinander. „Dass in so kurzer Zeit und in so geringer geografischer Entfernung zwei Meteoriten desselben Typs gefunden werden, ist eine wissenschaftliche Sensation“, sagt Addi Bischoff. „Es ist durchaus denkbar, dass beide Bruchstücke von ein und demselben Mutterkörper stammen.“

Seltener Meteorit liefert Einblicke in die Geschichte des Sonnensystems Eine mikroskopische Aufnahme des Haag-Meteoriten: Zu erkennen sind millimetergroße Kügelchen, die sogenannten Chondren, die namensgebend für die Gruppe der Chondrite sind.Seltener Meteorit liefert Einblicke in die Geschichte des Sonnensystems Eine mikroskopische Aufnahme des Haag-Meteoriten: Zu erkennen sind millimetergroße Kügelchen, die sogenannten Chondren, die namensgebend für die Gruppe der Chondrite sind. Foto: Addi Bischoff

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