Platzmangel in Berlin
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Victoria Friedrichshain will einen schwimmenden Fußballplatz
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Video: Der Tag | 8.10.2025 | Dennis Wiese | Bild: dpa/Kalaene
Der Platzmangel in Berlin hat Victoria Friedrichshain auf eine besondere Idee gebracht. Auf einem schwimmenden Fußballfeld im Rummelsberger See soll künftig gekickt werden. Noch steht man mit den Plänen ganz am Anfang, doch es gibt positive Signale.
Der Sportplatz von Victoria Friedrichshain gehört wohl schon jetzt zu den schönsten Berlins. Mitten auf der Halbinsel Stralau, umgeben von grüner Natur und nur einen Steinwurf entfernt von Rummelsburger See und Spree kicken die Teams des 1949 gegründeten Vereins. Und doch bereitet gerade diese idyllische Lage Sorgen.
Egal ob Halbinsel oder Stadt – es fehlt der Platz
„Wir haben viele gute Dinge auf der Insel, aber ein großes Problem: Es gibt nur einen Sportplatz“, sagt der 1. Vorsitzende Robert Kiesel. Mit den fast 700 Mitgliedern und zahlreichen Jugendmannschaften kommt es bei Victoria immer wieder zu Überfüllung auf dem Rasen. Aktuell stünden zudem mehr als 150 Kinder und Jugendliche auf der Warteliste, erklärt Kiesel. Also will der Klub nun expandieren.
Doch für einen Ausbau oder ein zusätzliches Feld gibt es einfach keinen Raum. „Die Halbinsel Stralau ist wunderschön, aber maximal verdichtet“, so Kiesel. Selbst der Gang aufs Festland würde das Problem nicht lösen, Platzmangel herrscht im gesamten Stadtgebiet. „Die Situation – gerade im Innenstadtbereich – ist wirklich prekär“, sagt der Vorsitzende. Viele andere Vereine würden in ähnlichen Problemen stecken. Erst recht in Friedrichshain-Kreuzberg. In keinem anderen Bezirk steht pro Bewohner so wenig Sportfläche zur Verfügung.
Aus einer Schnapsidee wird Ernst
Aus der Not ist beim Klub von der Halbinsel nun aber eine ungewöhnliche und doch nahliegende Idee geboren: ein schwimmender Fußballplatz. „Erst haben wir es belächelt, aber mittlerweile sind wir an einem Punkt, an dem wir sagen: Gut, lass es uns doch mal angehen“, sagt Kiesel.
Dass man in der Hauptstadt grundsätzlich offen für Sportanlagen an ungewöhnlichen Orten ist, zeigen die Fußballplätze auf den Dächern eines Baumarktes an der Yorckstraße und der Metro zwischen Warschauer Straße und Ostbahnhof. Ein schwimmendes Feld wäre in Berlin zwar eine Neuheit, aber auch hierfür gibt es bereits Vorbilder – sowohl nah als auch fern.
Das wohl bekannteste liegt in der Marina Bay von Singapur. Hier entstand vor knapp 20 Jahren gleich ein ganzes Stadion, wobei die Tribüne, auf der rund 30.000 Zuschauer Platz finden, auf dem Festland liegt und nur das Spielfeld in der Bucht davor auf Pontons schwimmt. Aber auch in Deutschland wurde schon auf dem Wasser gekickt: Zur Fußball-Europameisterschaft 2024 war in Frankfurt ein temporäres Feld auf dem Main errichtet worden.
Das Floating Stadium in Singapurs Marina Bay
Schwimmendes Feld auf dem Rummelsburger See?
Ähnliches wünscht sich nun auch Victoria Friedrichshain und hat bereits einen Standort für ihr neues Zuhause auf dem Wasser gefunden. Am Ufer des Rummelsburger Sees, nur wenige Gehminuten vom ursprünglichen Sportplatz entfernt soll es entstehen. „Ein Platz, der auf schwimmenden Körpern auf der Wasseroberfläche liegt, der stabil ist und umgeben von einem Zaun, sodass nicht jeder Schuss, der mal neben das Tor geht, gleich im Wasser liegt“, beschreibt Kiesel seine Vorstellung.
Das Feld soll bestenfalls ein Standardmaß von 60×90 Metern haben, plus eine Umrundung von fünf Metern Breite, „damit man nicht gleich ins Wasser fällt, wenn man über die Auslinie rüber läuft“, so der Vorsitzende lächelnd. Auch ein KI-generiertes Bild davon, wie das fertige Projekt einmal aussehen könnte, hat der Verein bereits erstellt:
KI-generiertes Bild: So stellt sich der Verein das schwimmende Fußballfeld auf dem Rummelsburger See vor.
Aktuell wird der angedachte Bereich von Hausbooten genutzt, es würde aber wohl genügend Ausweichfläche geben. Nur zwei Prozent des Gewässers soll der schwimmende Sportplatz einnehmen.
Bezirk und Senat müssen an Board sein
Bei Victoria setzt man nun auf die nötige Unterstützung, um sich den Traum tatsächlich erfüllen zu können. „Wir allein als Verein werden das nicht finanzieren können, aber es gibt in Berlin auch sehr wenige Vereine, die ihre Sportinfrastruktur alleine finanzieren. Fast alles sind öffentliche Flächen. So müsste es hier auch laufen“, sagt Kiesel. Neben Bezirk und Senat könnten mitunter aber auch private Geldgeber von Nöten sein. Zudem braucht es die Zustimmung des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts und der Umweltverwaltung.
Noch steht man mit dem Vorhaben ganz am Anfang und auch die Kosten sind unklar, der Verein erhofft sich aber Offenheit aller Beteiligten im fortlaufenden Prozess. So könnte Victoria Friedrichshain nicht nur Deutschlands erster Fußballverein werden, der auf dem Wasser kickt, sondern Berlin auch um einen spektakulären Groundhopping-Spot reicher.
mit Material von Dennis Wiese
Sendung: Der Tag, 8.10.2025, 19:15 Uhr