Einige Bücher stehen im Regal

Stand: 08.10.2025 18:01 Uhr

Am Donnerstag wird der Literaturnobelpreis verliehen. Neben bekannten Favoriten gehen in diesem Jahr Geheimtipps wie Cristina Rivera Garza, Can Xue und László Krasznahorkai ins Rennen um die Auszeichnung.

von Jan Ehlert

Hamburg ist eine Literaturstadt! In den vergangenen Wochen gaben sich hier die ganz großen Schriftstellerinnen und Schriftsteller die Hand: Ocean Vuong, Chimamanda Ngozi Adichie, Mieko Kawakami, Ian McEwan – die Veranstaltungen mit ihnen waren blitzschnell ausverkauft.

Cristina Rivera Garza weckt mit ihrem Roman Nobelpreis-Chancen

Bei der Lesung mit Cristina Rivera Garza am 23. September gab es dagegen noch freie Plätze. Rund 100 Zuhörende lauschten der mexikanischen Schriftstellerin im Hamburger Literaturhaus, die dort auf Einladung der neuen Leiterin Antje Flemming ihren Roman „Lilianas unvergänglicher Sommer“ vorstellte. Ein Geheimtipp – noch. Denn glaubt man den in der Regel sehr gut informierten Buchmachern der britischen Online-Plattform Ladbrokes, dann ist Rivera Garza eine der ganz großen Favoritinnen auf den diesjährigen Literaturnobelpreis.

Rivera Garza ist in Mexiko schon lange eine bekannte Autorin. Ihre Themen sind unbequem: Korruption, Polizeigewalt, Gewalt gegen Frauen. „Lilianas unvergänglicher Sommer“ handelt von ihrer Schwester, die vor knapp 30 Jahren von ihrem Freund ermordet wurde. Für das Buch bekam Rivera Garza 2024 den Pulitzer-Preis. Nun also der Nobelpreis?

Abdulrazak Gurnah

Der Literaturnobelpreis ist für viele der große Traum. Doch welche Folgen hat er für die Ausgezeichneten? Abdulrazak Gurnah hat nun seinen neuen Roman veröffentlicht – und erklärt, warum es wichtig ist, bescheiden zu bleiben. Von Jan Ehlert.

Spielt Deutschland eine Rolle bei der Preisvergabe?

Bessere Chancen als Garza werden nur zwei Autorinnen und Autoren ausgerechnet: der surrealistischen chinesischen Autorin Can Xue, längst eine Dauerkandidatin auf den Preis, und László Krasznahorkai. Der Ungar setzte vor einigen Jahren Thüringen auf die literarische Weltkarte: In seinem Buch „Herscht 07769“ versucht dort ein junger Mann, in einer Kleinstadt in der thüringischen Provinz zwischen Nazis und Einwohnern zu vermitteln – ein Buch, das aktueller kaum sein könnte.

Überhaupt: Auch wenn deutsche Autorinnen und Autoren in diesem Jahr aller Voraussicht nach bei der Vergabe des Literaturnobelpreises leer ausgehen, könnte Deutschland trotzdem eine Rolle spielen. Zum Beispiel die Stadt Kassel: Ihr widmete der ebenfalls als aussichtsreicher Kandidat gehandelte Spanier Enrique Vila-Matas ein wunderschönes Buch, das der Frage nachgeht, was Kunst sein kann. Oder Osnabrück: Die Französin Hélène Cixous widmete der niedersächsischen Stadt ein gleichnamiges Buch, in Erinnerung an ihre Mutter, die dort geboren wurde. Cixous‘ Name fällt seit Jahren immer wieder, wenn über mögliche Preisträgerinnen spekuliert wird.

Es sind Namen, die vermutlich nur wenigen etwas sagen, anders als die ebenfalls oft als Favoriten genannten Haruki Murakami oder Margaret Atwood. Geheimtipps eben, wie auch Cristina Rivera Garza. Aber wer die Geschichte des Literaturnobelpreises verfolgt, der weiß: Geheimtipps haben hier gute Chancen, zum Glück.

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