Frankfurt/Main – Vor dem Gerichtsgebäude stehen schwer bewaffnete Polizisten. Jeder Zuhörer wird durchsucht, bevor er den Sitzungssaal ohne Fenster betreten darf. Während die Sicherheitsmaßnahmen am Landgericht Frankfurt auf Hochtouren laufen, sitzen die drei angeklagten Clan-Mitglieder ganz entspannt neben ihren Anwälten. Dabei lautet die Anklage: versuchter Totschlag.

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Brand-Anschläge, Schüsse aus fahrenden Autos und Überfälle – seit Jahren tobt auf Frankfurter Straßen ein Clan-Krieg zwischen zwei deutsch-türkischen Banden. Die Großfamilie Sahan, die angeblich nur Shisha-Bars und Kioske rund ums berüchtigte Bahnhofsviertel betreibt, kämpft gegen eine kriminelle Gang aus dem Stadtteil Sossenheim.

Der Vorwurf am Dienstag vor dem Landgericht Frankfurt: versuchter Totschlag. Dogukan F. (26), Alparslan G. (30) und Cenk S. (40) sollen bereits am 2. März 2021 mit einem Komplizen einen „Sossenheimer“ laut Anklage „unter anderem mit einem Totschläger“ niedergeschlagen haben. Danach soll ein vierter Mann mit einem Messer zugestochen haben. Der mutmaßliche Täter konnte fliehen. Das Opfer (42) überlebte nur dank einer Notoperation.

Spurensicherung nach einer Schießerei an einem Rotlicht-Kiosk in Frankfurt. Er gehörte der berüchtigten Clan-Familie Sahan, die Rache nehmen wollte

Spurensicherung nach einer Schießerei an einem Kiosk in Frankfurt. Er gehörte der berüchtigten Clan-Familie Sahan, die offenbar Rache nehmen wollte

Foto: Jürgen Mahnke

Es geht um illegales Glücksspiel, Drogen und Rache

In dem Clan-Krieg soll es um Macht, illegales Glücksspiel und Drogenhandel im großen Stil und um die Rache für einen Überfall mit 37 Mann auf einen Kiosk gehen. Der Laden gehörte den Sahans. Getötet wurde niemand. Es sollte offenbar eine Warnung sein.

Auch der Überfall auf einen Kiosk im Stadtteil Höchst im Dezember 2023 soll Teil des Clan-Kriegs sein. Mit diesem Foto fahndete die Polizei nach einem der Täter

Auch der Überfall auf einen Kiosk im Stadtteil Höchst im Dezember 2023 soll Teil des Clan-Kriegs sein. Mit diesem Foto fahndete die Polizei nach einem der Täter

Foto: Polizei

Oberstaatsanwalt Dominik Mies bestätigt BILD: „Das Verfahren steht im Zusammenhang mit den jahrelangen Clan-Streitigkeiten in Frankfurt. Es soll sich um eine Reaktion auf die Schussabgabe auf einen Kiosk der Familie Sahan in der Allerheiligenstraße im Januar 2021 gehandelt haben.“

Verfahren gegen 2 Clan-Mitglieder eingestellt

Für unbeteiligte Zuhörer schwer zu begreifen: Gleich am ersten Verhandlungstag wurde das Verfahren gegen zwei Angeklagte eingestellt.

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„Die Einstellung bezüglich Cenk S. und Alparslan G. erfolgte vor dem Hintergrund einer schwierigen Beweislage und dem Umstand, dass allenfalls eine Verurteilung wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung wahrscheinlich gewesen wären“, heißt es danach von der Staatsanwaltschaft. Hinzu komme: Cenk S. sitzt bereits u.a. wegen Nötigung in Haft.

Dogukan F. bleibt angeklagt. Er schwieg zum Verfahrensauftakt. Das Opfer werde nicht aussagen, ein Arzt attestierte dem Mann nach Angaben der Richterin eine posttraumatische Belastungsstörung. Der Prozess wird am 14. Oktober fortgesetzt.