Bis in die Neunzigerjahre müssen sich die Münchnerinnen und Münchner beim Einstieg in die Tram noch so richtig plagen. Gerade für Ältere, Kinder oder Menschen mit Beeinträchtigungen stellen die damals gängigen Straßenbahnen – die sogenannten M-Wagen – eine echte Herausforderung dar; nur über mehrere Stufen gelangt man in das Innere der Tram. Das ändert sich vor über drei Jahrzehnten, als die damals top-modernen Straßenbahnen der Reihe R2.2 mit sogenannter Niederflurtechnik die Hochflurwagen der M-Reihe ablösen und die Münchner plötzlich vollkommen problemlos nahezu ebenerdig in ihre Tram gelangen.
Die Münchner Tram hat im Laufe ihrer nahezu 150-jährigen Geschichte oft ihr Gesicht verändert. Ganz zu Beginn wurden die Personenwagen – allerdings schon über Gleise – noch von Pferden gezogen. Zum Übergang in das 20. Jahrhundert wurde das System dann schrittweise elektrifiziert. In den Achtzigerjahren gab es nach dem Bau der U-Bahn sogar Überlegungen, die Straßenbahn aus dem Stadtbild verschwinden zu lassen, doch der Stadtrat beugte sich massiven Bürgerprotesten und hielt an der Tram fest.
Heute feiert sie mit dem Bau der Tram-Westtangente und der Tram Münchner Norden ein echtes Comeback und nicht nur Oberbürgermeister Dieter Reiter gilt als ausgewiesener Fan des Verkehrsmittels. Die Reihe R2.2 aber spielt in Zukunft nur noch eine untergeordnete Rolle. Nach mehr als drei Jahrzehnten im täglichen Einsatz werden die ältesten Fahrzeuge der Serie außer Betrieb genommen. Nur jene Straßenbahnen, die in den 2010er-Jahren modernisiert wurden, bleiben Teil der Flotte der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG).
Ganz ohne Sentimentalität aber verabschiedet sich die MVG nicht von ihren R2.2-Straßenbahnen. Am Samstag, 18. Oktober, werden drei der ältesten noch im Linienbetrieb befindlichen Fahrzeuge von 10 bis 18 Uhr im gesamten Münchner Tram-Netz mit seinen zehn Linien unterwegs sein und dabei, so teilt die MVG mit, auch alle Haltestellen anfahren. Damit die Münchner die drei Straßenbahnen auch sofort erkennen, werden sie thematisch dekoriert. Es wird eine Kinder-Tram geben, eine historische Tram sowie eine Musik-Tram. Im Anschluss an die letzten Fahrten rücken die drei Straßenbahnen im MVG-Museum an der Ständlerstraße ein.
Die Modelle der Reihe, die in den 2010er-Jahren modernisiert wurden, bleiben Teil der MVG-Flotte. (Foto: MVG)
Bei nicht wenigen Münchnerinnen und Münchnern dürfte bei einer letzten Fahrt mit einer R2.2 ein wenig Nostalgie aufkommen. Zwar war der Einstieg in die damals hochmodernen Straßenbahnen deutlich komfortabler als bei einem der M-Wagen, doch auch die neuere Generation hatte Macken, die über die Jahrzehnte viele kennenlernten – und noch heute kennen. Auf die Türen der R2.2-Modelle war nicht immer Verlass und sie schienen des Öfteren ihren eigenen Willen zu haben, in der Anfangszeit entwickelten sich die Wagen ohne Klimaanlage im Sommer regelrecht zur Sauna und die Bremsgeräusche waren legendär.
Insgesamt 70 Fahrzeuge wurden Anfang der Neunzigerjahre bestellt und gingen in den Jahren 1994 bis 1997 nach und nach in Betrieb. Ein Großteil der Reihe wurde mehr als 20 Jahre danach modernisiert und wird als R2.2b-Reihe auch weiterhin im Tram-Netz unterwegs sein. Die Straßenbahnen, die nicht instandgesetzt wurden, werden von der MVG nun final als R2.2a-Modelle in den Ruhestand versetzt.
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Ohnehin arbeitet die Verkehrsgesellschaft kontinuierlich daran, die Tram-Flotte auszubauen und zu modernisieren. Derzeit stehen in München etwa 140 Fahrzeuge für alle zehn Linien für den Fahrgasteinsatz zur Verfügung. Allerdings befinden sich nicht immer alle Straßenbahnen auf der Strecke, wie ein MVG-Sprecher mitteilt, da sich immer ein Teil routinemäßig zur Wartung, Instandhaltung oder Reparatur in einer der Werkstätten der Betriebshöfe befindet. Neben den modernisierten Modellen der Serie R2.2 gehören derzeit auch die Serien R3 und S1 (Variobahn) und T1 und TZ von Siemens Avenio zur Flotte der Verkehrsgesellschaft.
Zudem hat die MVG bereits eine weitere Modernisierung des eigenen Straßenbahnbestands in Angriff genommen. Insgesamt wurden 73 vierteilige Bahnen des Typs Avenio T4 bestellt, von denen bereits 35 im Linienbetrieb in der Landeshauptstadt unterwegs sind. Laut Verkehrsgesellschaft werden die restlichen Fahrzeuge bis Ende des kommenden Jahres ausgeliefert. Damit dürfte die Trambahn-Flotte für die nähere Zukunft erst einmal komplett sein. „Weitere Fahrzeugbeschaffungen sind in den nächsten Jahren derzeit nicht geplant“, teilt ein MVG-Sprecher auf Nachfrage mit.
Der Bedarf an zusätzlichen Fahrzeugen dürfte auch erst Ende des Jahrzehnts mit der Fertigstellung der ersten Abschnitte der Tram Münchner Norden sowie der Inbetriebnahme der Westtangente deutlich steigen. Im Norden werden die Trassen von Schwabing Nord zum Kieferngarten sowie zwischen Kieferngarten und Am Hart voraussichtlich Ende 2029 fertig werden; die Westtangente soll in Gänze spätestens Ende 2028 auf einer Länge von etwas mehr als acht Kilometern die Stadtteile Neuhausen-Nymphenburg, Laim, Hadern, Sendling-Westpark und Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln miteinander verbinden.