Als Andrij Madzharow den Kurort Bad Sassendorf erreicht, werden blau-gelbe Fahnen geschwungen und Transparente hochgehalten. Gut 30 Menschen sorgen für einen Empfang mit viel Jubel und Applaus.
Viele hier haben die Tour des 37-Jährigen bis hierher verfolgt, kennen seine Lebens- und Leidensgeschichte. Andrij hat direkt an der Front gekämpft, war in Sumy, Charkiw und Saporitschschaja im Einsatz. Orte, die mittlerweile auch viele Deutsche aus den Nachrichten kennen.
Granatsplitter und Gehirnerschütterungen
Andrij Madzharow freut sich über die Unterstützung unterwegs.
| Bildquelle: Heinrich Buttermann/WDR
Der Soldat wird mehrfach verletzt, von Granatsplittern getroffen, trägt mehrere Gehirnerschütterungen davon, leidet unter einem Knalltrauma. An die Front zurück konnte er nicht mehr – aber aufgeben kam auch nicht in Frage.
Sein Projekt: Er will von der ukrainischen Grenze bis nach Belgien wandern, 1.500 Kilometer weit. Sein Ziel: Brüssel. Dort will er einen Brief übergeben und so für mehr Unterstützung für die Ukraine werben.
Lauf nach Brüssel: „Ein Ukraine-Held im doppelten Sinn“.
WDR Studios NRW.
09.10.2025.
00:47 Min..
Verfügbar bis 09.10.2027.
WDR Online.
Jeden Tag 25 bis 35 Kilometer unterwegs
Er fürchtet, dass sich die russische Aggression auf andere europäische Länder ausweitet, wenn die Ukraine fällt.
Ich bin unterwegs, um zu zeigen, dass wir ein Volk mit unbesiegbarem Geist und mit europäischen Werten sind.
Andrij Madzharow, ukrainischer Kriegsveteran
Die Sorge treibt ihn an, Tag für Tag zwischen 25 und 35 Kilometer zu laufen. Oft allein, aber auch immer wieder mal begleitet von Menschen, die ihn und seine Sache unterstützen wollen.
Kriegsveteranen liegen sich in den Amen
In der ukranischen Community in Deutschland hat sich die Aktion schnell herumgesprochen. Unterstützer planen Übernachtungsmöglichkeiten oder sorgen für das Mittag- oder Abendessen.
Und immer wieder kommt es zu besonderen Begegnungen wie in Bad Sassendorf. Ein anderer Kriegsveteran spricht ihn an, berichtet von seinen Erfahrungen aus dem Ukraine-Krieg. Die beiden Männer liegen sich in den Armen. „Wir sind Brüder“, sagt Andriy.
Leichenteile für die Beerdigungen
Die Gedanken an seine toten Kameraden lassen den Veteranen nicht ruhen.
| Bildquelle: dpa/Evgeniy Maloletka
Auf Videos von der Front sieht man Andriy, wie heftig der Einsatz im Krieg war. Das Schlimmste sei für ihn gewesen, Leichenteile von Kameraden zusammensuchen zu müssen. „Aber die Angehörigen, Ehefrauen und Eltern wollten ihre Geliebten doch beerdigen können“, erklärt er mit starrem Blick.
Kurz darauf lacht er wieder: Andrj Madzharow freut sich über die große Unterstützung – nach einem langen Marsch durch westfälischen Nieselregen erst Recht. Den Großteil seiner 1.500 Kilometer langen Tour hat er geschafft, in etwa zwei Wochen will er in Brüssel sein.
Unsere Quellen:
- Andrij Madzharow
- Beobachtungen des WDR-Reporters vor Ort
- Gespräche mit Unterstützerinnen und Unterstützern