Standdatum: 9. Oktober 2025.

Autorinnen und Autoren:
Matze Hoppe

Gewaltpräventionstraining  mit Schülern an einer Bremer Schule

Heute auf dem Stundenplan: Gewaltprävention.

Bild: Radio Bremen | Matthias Hoppe

Mobbing, Schlägereien, Diskriminierung: Deutschlandweit kämpfen Schulen mit diesen Problemen – auch in Bremen. Ein besonderes Projekt macht nun Hoffnung.

16 Schülerinnen und Schüler aus der dritten Klasse haben sich in der Sporthalle der Grundschule Rablinghausen zusammengefunden. Es wirkt wie eine Doppelstunde Sportunterricht, was an den Gegebenheiten mit den Basketballkörben, den großen blauen Matten und den Hütchen auf dem Boden liegt. Anstelle von 90 Minuten Sportunterricht lernt die Gruppe, wie respektvoller Umgang miteinander funktioniert.

Gewaltpräventionstrainerin Tina Uphoff in einer Turnhalle

Trainerin Tina Uphoff übt mit der dritten Klasse vor allem spielerisch.

Bild: Radio Bremen | Matthias Hoppe

Tina Uphoff ist auch in den Bremer Stadtteil Rablinghausen gekommen. Sie zeigt den Kindern spielerisch, wie man sich vernünftig begrüßt. Es geht darum, die Vertrauensbeziehungen von jedem einzelnen Kind zu stärken. Zur Begrüßung in die Augen gucken, die Hand geben, abklatschen oder mit der Faust freundlich Hallo sagen.

Bei all den Übungen, die die Trainerin in den nächsten 90 Minuten macht, weiß sie aber auch: Es wird immer wieder Probleme im Alltag und in der Schule geben. Aber – und das ist allen Beteiligten besonders wichtig – es soll nicht eskalieren.

Üben mit dem „Flutschfinger“

Ein paar Minuten später hält eine Betreuerin einen überdimensional großen Plastik-Flutschfinger in der Hand. Damit soll gleich ein Streit simuliert werden, der in jedem Zuhause und auf jedem Schulhof passieren könnte: Eine Schülerin ärgert eine Mitschülerin und pikst sie mit dem Flutschfinger in den Rücken. Jetzt übt die Gruppe, wie sie reagieren soll. Die Situation wird auf die Spitze getrieben.

Gewaltpräventionstraining mit Schülern an einer Bremer Schule

Ein Schüler provoziert in einem Schauspiel seine Mitschülerin mit einem Plastik-Flutschfinger.

Bild: Radio Bremen | Matthias Hoppe

„Ich habe schon drei Mal Stopp gesagt und sie macht immer weiter. Und ich brauche jetzt Hilfe“, sagt Schülerin Isabell. Hilfe bekommt die Schülerin von einer weiteren Betreuerin. Sie schreitet ein und löst den Konflikt. „Wenn jemand sagt ‚Hör auf‘, dann hör ich auf“, ergänzt Tina Uphoff als Trainerin noch. Die Klasse wirkt total konzentriert, ruhig und scheint zu verstehen, wie Deeskalation funktionieren kann. Isabell, die Minuten vorher noch mit dem Flutschfinger provoziert wurde, sagt später: „Wenn man geärgert wird, sagt man erstmal Stopp und gibt dem Anderen dann zwei oder drei Chancen.“ Die Kinder wirken für eine dritte Klasse recht selbstreflektiert, was das Projekt letztlich ja auch zum Ziel hat.

Übungen in Theorie und Praxis

Später werden sie in gemischten Gruppen noch verschiedene Buchstaben liegend nachstellen und sich vor allem in den anderthalb Stunden immer wieder bewegen. Es geht darum, dass gerade kleine Konflikte gar nicht erst passieren. Denn: „Kleine Konflikte werden zu großen Konflikten, sobald man nicht interveniert und die Kinder nicht wissen, wie sie reagieren sollen“, sagt Lehrerin Anja Wilden.

Gewaltpräventionstraining an einer Bremer Schule: Lehrerin Anja Wilden

Lehrerin Anja Wilden zufolge gibt es durch die Präventionsarbeit: „Natürlich erfüllt uns das mit Stolz.“

Bild: Radio Bremen | Matthias Hoppe

Drei Wochen lang geht das Präventionsangebot. An jeweils drei Tagen die Woche werden die Kinder geschult. Praxis in der Turnhalle, Theorie in der Klasse. Im Klassenraum lesen sie Bilderbücher, gucken Filme, lesen Texte über Respekt.

Wie wichtig diese Projekte sind, zeigen Fakten. Die Anzeigen wegen Gewalttaten an Schulen sind gestiegen. Gleichzeitig sind die Zahlen nicht zu hundertprozentig aussagekräftig. Denn: Es gibt immer wieder Delikte, die nicht im Zusammenhang mit dem Schulbetrieb stehen. Das Bremer Bildungsressort sagt, dass in der Statistik zum Beispiel auch eine nächtliche Schlägerei auf dem Schulhof auftaucht, „an der nur schulfremde Personen beteiligt waren.“

Trotzdem ist die Zahl an Gewaltdelikten in Schulen nicht kleinzureden. Es wird aber auch mehr darüber gesprochen. Deshalb betont der Bremer Kinderschutzbund: „Diese zunehmenden Zahlen würde ich gerne ein bisschen optimistisch werten, nämlich, dass es einfach sichtbarer wird“, sagt Bernd Peters, ein Berater am Kinderschutz-Zentrum des Kinderschutzbundes.

Projekt hat offenbar Erfolg

Mittlerweile haben immer mehr Schulen von den Präventionsprojekten gehört. Deshalb ist die Nachfrage größer als das Angebot. In Rablinghausen an der Grundschule mit ihren 235 Schülerinnen und Schülern wird das Sozialtraining auch durch Fördergelder unter anderem von Eltern unterstützt. Diese sind auch notwendig, sagt der Schulverein. Die Bremer Bildungsbehörde macht aber auch auf andere Angebote aufmerksam: Streitschlichtung oder die Ausbildung Schulmediation.

Der Erfolg gibt der Grundschule in Rablinghausen Recht. Sie haben laut eigener Aussage weniger Konflikte in der Schule. Lehrerin Anja Wilden ergänzt: „Natürlich erfüllt uns das mit Stolz“.

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Quelle:
buten un binnen.

Dieses Thema im Programm:
Bremen Zwei, Der Nachmittag, 8. Oktober 2025, 15:13 Uhr