Berlin – Der Direktor des Berliner Landesamtes für Denkmalschutz, Christoph Rauhut, ist fast so unantastbar wie der Papst. Er wandelt durch die Stadt und stellt nach seinem Geschmack und seiner Expertise ein Gebäude nach dem anderen unter Denkmalschutz.
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Wenn er gesprochen hat, widerspricht niemand mehr. Was er anordnet, wird vollzogen. Da gibt es keine parlamentarische Kontrolle. Stattdessen hagelt es Hunderte Vorschriften und Auflagen, wie die unter Schutz gestellten Gebäude nur noch renoviert, saniert oder umgebaut werden dürfen.
Dann können die Eigentümer sehen, wo sie bleiben. Können Sie die Sanierung oder den Umbau dann nicht mehr bezahlen? Das interessiert den Denkmalschutz einen feuchten Kehricht.
Mit diesem selbstherrlichen Prozedere schneidet sich der Senat sogar ins eigene Fleisch. Ein großes und eindrückliches Beispiel dafür ist das Internationale Congress Center (ICC), das 2014 geschlossen wurde. Seitdem sucht der Senat private Investoren, die sich an der Sanierung beteiligen.
Mehr zum ThemaDenkmalschutz ist teuer
Mitten im Verfahren stellte man das ICC 2019 unter Denkmalschutz. Nun wird die Sanierung um ein Vielfaches teurer. Jede Türklinke, jeder Wasserhahn muss jetzt nachgebaut, die Aufteilung der Räume erhalten werden. Die Investoren waren abgeschreckt, niemand biss mehr an.
Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) gab sich alle Mühe und machte das Angebot attraktiver. Das ICC ist jetzt für einen Euro in Erbpacht zu haben. Aber auch das nutzte nichts: Diese Woche musste sie bekannt geben, dass sich weltweit nur ein Interessent gefunden hat. Mit dem wolle man ins Gespräch kommen. Und auch der könnte wieder abspringen, wenn die durch den Denkmalschutz verursachten Kosten zu hoch sein sollten.
Ganz ähnlich ist es am Flughafen Tegel. Dort sollte das Terminal für die Berliner Hochschule für Technik (BHT) umgebaut werden. Dann schlug der Denkmalschutz zu und nun ist der Umbau abgesagt. Auch sämtliche Nebengebäude sind denkmalgeschützt und werden nicht saniert. Im Flughafen Tempelhof dasselbe Bild: Der Denkmalschutz macht die Sanierung der gewaltigen Gebäude praktisch unbezahlbar.
Ich sprach mit einem sehr bekannten Berliner Architekten über das Problem, der nicht zitiert werden will. Er machte einen wirklich guten Vorschlag. Er sagte, die Denkmalschutzbehörde müsse für die Folgen ihrer Entscheidung aufkommen. Man sollte dem Denkmalamt einen Etat zur Verfügung stellen, aus dem alle Kosten gedeckt werden, die aufgrund der Unterschutzstellung anfallen. Dann würde endlich Augenmaß einkehren und der Schaden für die Eigentümer würde begrenzt werden.
Keine schlechte Idee. Dann müsste sich der Denkmalschutz endlich mit dem befassen, was er eisern ignoriert: mit den Kosten. Vielleicht gibt es auch noch eine andere Lösung. So jedenfalls geht es nicht weiter: Der Denkmalschutz hat vollkommen das Maß verloren. Er sorgt für Stillstand und Ruinen und zerstört die Zukunft dieser Stadt.
Hat Gunnar Schupelius recht? Schreiben Sie an: gunnar.schupelius@axelspringer.de