Nach dem Angriff auf die Gedenkstätte Ahlem steht ein Angeklagter vor dem Amtsgericht Hannover

Stand: 09.10.2025 14:55 Uhr

Nach dem Angriff auf die Gedenkstätte Ahlem für jüdische NS-Opfer hat das Amtsgericht Hannover einen 26-Jährigen zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Außerdem muss der vorbestrafte Rechtsextremist 2.000 Euro zahlen.

Nach Ansicht des Gerichts hat der 26-jährige Rechtsextremist Kränze zerstört, die Ende Januar anlässlich des Holocaust-Gedenktags in Hannover-Ahlem niedergelegt worden waren. Er wurde wegen Sachbeschädigung und dem unerlaubten Besitz von Schusswaffen und Munition verurteilt. Die Bewährungszeit in der Strafsache wurde auf drei Jahre festgesetzt. Die 2.000 Euro muss der 26-Jährige an eine Fachstelle zur Radikalisierungsprävention zahlen. Außerdem muss er an einem Aussteigerprogramm teilnehmen. Seine Anwälte verzichten auf eine Berufung.

26-Jähriger zeigte Reue vor Gericht

Vor Gericht hatte der Mann die Klage vollständig eingeräumt – die Tat täte ihm „entsetzlich leid“. Eigenen Angaben zufolge wolle er aus der rechten Szene aussteigen, eine Arbeit finden und eine Familie mit seiner Verlobten gründen. Das Gericht ist von seiner Reue überzeugt, sehe allerdings eine eindeutige rassistische und fremdenfeindliche Motivation. Er habe das Gedenken an die Holocaust-Opfer wortwörtlich mit Füßen getreten, hieß es am Donnerstag in der Urteilsverkündung. Außerdem sei der Mann nicht in allen Punkten glaubwürdig: So hatte er Juden in einer vorherigen Verurteilung am Amtsgericht Hannover als Ungeziefer bezeichnet. Im aktuellen Prozess habe er ausgesagt, Juden seien ihm egal – dies widerspreche seiner gezielten Tat nach dem Holocaust-Gedenktag Ende Januar 2025.

Mann ist polizeibekannter Rechtsextremist

Der 26-Jährige ist der Polizei bekannt: Vor zwei Jahren wurde er vom Amtsgericht Hannover unter anderem wegen Volksverhetzung verurteilt. Nach dem Angriff auf die Gedenkstätte in Hannover-Ahlem hatten Videoaufzeichnungen die Ermittler auf die Spur des Mannes gebracht. Er war daraufhin in der ungarischen Hauptstadt Budapest festgenommen worden. Bei einer anschließenden Wohnungsdurchsuchung wurden laut Staatsanwaltschaft Verstöße gegen das Waffengesetz festgestellt. Unter anderem wurden eine vollautomatische Maschinenpistole mit Munition sowie ein Springmesser und eine Schreckschusspistole gefunden. Außerdem warf die Staatsanwaltschaft dem Mann Sachbeschädigung an der Gedenkstätte vor.

Von Ahlem aus wurden Juden in NS-Vernichtungslager deportiert

In den Räumen der heutigen Gedenkstätte Ahlem richteten die Nationalsozialisten 1941 eine Sammelstelle für Juden ein, die in die Vernichtungslager in Osteuropa deportiert werden sollten. Davor befand sich dort eine „Israelitische Gartenbauschule“. 1943 zog eine Dienststelle der Gestapo für Zwangsarbeiter in die Räume ein. Außerdem entstanden eine Hinrichtungsstätte und ein Polizeigefängnis. Die Gedenkstätte erinnert seit 1987 an die Geschichte des Ortes.

Ein Mann liegt mit Handschellen am Boden, eine weiter Person kniet auf ihm.

Fahnder hatten den Mann aus dem Raum Hannover auf einem Bahnhof gefasst. Er soll die Holocaust-Gedenkstätte Ahlem geschändet haben.

Aus einer grauen Wand in der Gedenkstätte Ahlem sind mehrere Tafeln herausgerissen. Darauf stehen Namen und Geburtsdaten.

Unbekannte hatten Namenstafeln von NS-Opfern beschädigt. Die Polizei schließt einen politischen Hintergrund nicht aus.

Das Rathaus am Maschsee.

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NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 09.10.2025 | 14:00 Uhr