Rund 44 Minuten benötigen Reisende mit der S-Bahn vom Münchner Stadtzentrum bis zur Haltestelle am Flughafen im Erdinger Moos. Damit hat der Flughafen München laut dem Reiseportal Omio bundesweit einen der längsten Anfahrtswege mit dem Öffentlichen Nahverkehr. Da er auch keinen Fernbahnanschluss hat, verliert er im Wettbewerb mit anderen Flughäfen an Attraktivität, heißt es in einem Ende August veröffentlichten Bericht der Industrie- und Handelskammer (IHK) München und Oberbayern. Sie fordert deshalb den Bund auf, für ein besseres Schienenverkehrsangebot am Flughafen München zu sorgen.

Korbinian Leitner, Leiter des Verkehrsreferats bei der IHK für München und Oberbayern, sagt der Staatszeitung: Der Bürgerentscheid über eine Olympiabewerbung und schließlich die Austragung der Olympischen Spiele in München 2036, 2040 oder 2044, würden auch die Entscheidung über den Fernbahnhof am Flughafen stark beeinflussen. 

Explizit fordert die IHK München den Bau neuer Gleise und eines neuen Flughafenbahnhofs für Regional- und Fernverkehrszüge. Konkret soll eine neue Bahnstrecke von Ingolstadt nach München über den Flughafen München entstehen. Der bereits bestehende, überregionale Flughafenexpress (Üfex), den es derzeit nur aus Richtung Regensburg gibt, könnte zudem ausgebaut werden.

Die Wirtschaft würde profitieren

Die Vorteile dadurch liegen laut Leitner nahe: Für die bayerische Wirtschaft ist es demnach wichtig, an diesem Standort mobil zu sein – „auch in alle Welt“. Ortsansässige Konzerne wie Siemens, Allianz oder BMW würden zudem davon profitieren. Die Anreise durch den ICE ist weiterhin umweltfreundlicher, denn er könnte dann die Zubringer- und Kurzstreckenflüge ersetzen, so Leitner. „Der Fluggast kann an seinem Heimatbahnhof einsteigen und mit der Bahn direkt zum Flughafen München fahren.“

Zudem fallen dann auch die Anreise und der Umstieg über den Hauptbahnhof weg. „Dadurch werden der Münchner Hauptbahnhof sowie die Züge des Nahverkehrs entlastet.“ 

„Der Flughafen ist ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor für die Region und für Bayern das Tor zur Welt“, heißt es weiter in dem IHK-Bericht. Der Airport habe sich seit der Inbetriebnahme im Jahr 1992 zum Drehkreuz im internationalen Luftverkehr entwickelt. Nach Frankfurt ist er demnach das zweitgrößte Drehkreuz in Deutschland. Doch in Frankfurt bindet ein eigener ICE-Bahnhof den Flughafen bereits an das Fernverkehrsnetz an. Dennoch: „Dank des Flughafens haben wir in München Luftverkehrsverbindungen in die ganze Welt“, so Leitner.

Davon profitiere die exportorientierte Wirtschaft. Eine Neubaustrecke von Ingolstadt nach München über den Flughafen München würde den Flughafen im Erdinger Moos noch mehr zum Drehkreuz machen, sagt der Verkehrs-Referatsleiter der IHK. 

Bahn: Lediglich erste Vorüberlegungen

Eine Sprecherin der Bahn erklärt jedoch auf Anfrage, dass es sich bei der ICE-Anbindung des Münchner Flughafens lediglich um „erste Vorüberlegungen, beziehungsweise Ideenskizzen“ handelt. Doch gibt es wohl Hoffnung für die Umsetzung des Fernbahnhofs: „Der Freistaat Bayern, der Flughafen München GmbH und die DB AG haben für die Schienenanbindung ein mehrstufiges Konzept erarbeitet, wonach als langfristige Perspektive eine Neubaustrecke von Ingolstadt nach München über den Flughafen München vorgesehen ist.“ Die Entscheidung über eine solche Neubaustrecke liegt demnach beim Bund. 

Ein Sprecher des CDU-geführten Bundesverkehrsministeriums erklärte auf Anfrage, dass der Flughafen München im sogenannten Deutschlandtakt als „Zielbild für die Schiene der Zukunft in Deutschland“ zwar bereits mit schnelleren und häufigeren S-Bahn-Verbindungen berücksichtigt wird. Jedoch werde „das vom Flughafen München sowie vom Freistaat Bayern als Input eingebrachte Angebots- und Infrastrukturkonzept zur Fernverkehrsanbindung des Flughafens wird in der Fortschreibung geprüft“. Sprich: Die Entscheidung für einen ICE-Halt ist noch nicht gefallen. Der Bund orientiert sich demnach zunächst an den Zielfahrplan für den Deutschlandtakt. Dieser sieht etwa zusätzliche Angebote und Expressverbindungen des Regional- und S-Bahnverkehrs vor, auch zum Münchner Flughafen.

Vom Hauptbahnhof zum Airport soll in Zukunft beispielsweise eine dreimal pro Stunde verkehrende Express-S-Bahn fahren, die Reisende in 29 Minuten, und damit deutlich schneller als bisher, zu ihren Flugzeugen bringt. „Insgesamt sieht der vorliegende Zielfahrplan neun S-Bahnen zwischen Hauptbahnhof und Flughafen pro Stunde vor“, so das Bundesverkehrsministerium. Der fortgeschrieben Zielfahrplan, und damit auch die Entscheidung über einen Fernbahnhof am Flughafen, werde voraussichtlich Anfang des Jahres 2026 veröffentlicht. 

Wichtige Player sitzen an einem Tisch

Leitner zeigt sich optimistisch zum Thema ICE-Halt am Flughafen: „Die wichtigen Player sitzen jetzt an einem Tisch und von Seiten der Bayerischen Wirtschaft möchten wir dieses Anliegen nach Kräften unterstützen, weil wir alle am Standort davon profitieren würden.“
Ein größeres Event, wie die Olympischen Spiele, kann, so Leitner, dabei helfen, dass der Bund ein solches Großprojekt schneller realisiert und dann auch die finanziellen Mittel dafür bereitstellt. „Sollte sich München beim Bürgerentscheid für die Austragung der Olympischen Spiele entscheiden, wirkt das bestimmt förderlich.“ Auch würde Olympia Millionen Besucher anlocken. „Ein Fernbahnhof am Flughafen würde dann natürlich auch die Stadt entlasten.“ 

In dem Bürgerentscheid am 26. Oktober können Bürger über die Frage abstimmen: „Sind Sie dafür, dass sich die Landeshauptstadt München um Olympische und Paralympische Sommerspiele bewirbt, die entweder im Jahr 2036, 2040 oder 2044 stattfinden?“ Die Stadt zumindest verspricht sich durch die Austragung der Spiele einen Schub beim Ausbau der Infrastruktur, etwa bei den Themen Verkehr und Wohnen.

Auch auf dem Olympia-Flyer des Bayerischen Innenministeriums heißt es dazu: „Olympia bringt Schwung nach München und in die Region. Projekte, die München ohnehin braucht, kommen schneller voran. Wohnraum, Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, barrierefreie Stadträume: Das ist ein Gewinn für alle Generationen.“ 

Leitner erklärt, dass die Neubaustrecke zum Flughafen Teil des Olympia-Konzepts für München ist. Sollte sich München bewerben, sollen künftig also ICEs den Airport anfahren. Vom Hauptbahnhof würden Reisende dann nur noch 15 Minuten zum Flughafen brauchen. (Leonie Fuchs)