Die sogenannte Erinnerungskultur, für die sich die deutsche Öffentlichkeit so gerne selbst rühmt, steht vor einem entscheidenden Wendepunkt: In einer Zeit, in der antisemitische Einstellungen und Übergriffe in einem bedrohlichen Ausmaß ansteigen, ist das Gedenken an die Schoah mehr und mehr zu einer starren Pflichtübung für Politiker*innen geworden. Und während gerade in den jüngeren Generationen das Wissen um die deutsche Vergangenheit immer weiter abnimmt, sterben in absehbarer Zeit auch die letzten Überlebenden der nationalsozialistischen Verbrechen, die über Jahrzehnte einen Großteil der Gedenkarbeit geschultert haben.
Die Journalistin Susanne Siegert zeigt seit Jahren ganz praktisch, wie eine neue Form der Gedenkarbeit aussehen kann: Unter dem Account @keine.erinnerungskultur klärt sie auf Instagram und TikTok über die Verbrechen des Nationalsozialismus auf und erreicht damit über 200.000 Follower*innen. In ihrem Buch »Gedenken neu denken« plädiert sie für ein aktives und pluralistisches Erinnern an die Schoah, das weniger auf staatlich organisierte Rituale, sondern auf Eigeninitative aufbaut. Dabei nimmt sie vor allem die Nachfahren der Tätergeneration in die Pflicht und berücksichtigt auch weniger bekannte NS-Verbrechen und bisher vernachlässigte Opfergruppen.
Moderation: Christian Dinger
In Kooperation mit dem Exil-Archiv der Deutschen Nationalbibliothek.
Susanne Siegert, geboren 1992, ist Journalistin und eine der bekanntesten Stimmen der digitalen Erinnerungskultur in Deutschland. Sie klärt auf Instagram und TikTok über den Holocaust auf. Für ihre innovative und engagierte Arbeit wurde sie 2024 mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet, 2025 erhielt sie den Margot Friedländer Preis. »Gedenken neu denken« ist ihr erstes Buch.
Foto (c) Ina Lebedjew
Quelle: Veranstalter
Veröffentlicht am Fr, 10. Oktober 2025 um 00:12 Uhr