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Unfair gestoppt: Der Wetzlarer Rechtsaußen Cyrill Akakpo wird von Gerdas Babarskas (links) vom BHC gefoult. Foto: Imago © Imago
Wuppertal. Stefan Cavor stand eine Stunde vor dem Anpfiff mit Musik über seine Ohrstöpsel berieselt draußen im Kabinentrakt und wirkte noch relativ entspannt. 60 Minuten Handball-Bundesliga zum Vergessen später trat der sonst so besonnene Rückraumspieler vor Wut in die Werbebande, haute mit beiden Fäusten gegen die Torlatte und verabschiedete sich samt der Teamkollegen artig, aber bitter enttäuscht vom eigenen Anhang.
Bergischer HC – HSG Wetzlar 35:28
»Caki«, der schon viel in seiner langen Zeit bei der HSG Wetzlar erlebt hatte, musste das, was da an diesem Donnerstagabend in der Wuppertaler Uni-Halle passiert war, erstmal verarbeiten. Denn die Grün-Weißen gingen im Torhagel des Bergischen HC unter, kassierten eine letztlich auch in der Höhe völlig verdiente 28:35 (16:16)-Niederlage beim bisher punktlosen Schlusslicht. »Weil wir viel zu viele Bälle wegwerfen, keinen Zugriff in der Abwehr bekommen, haben hinten keine Paraden. Es ist hinten raus so ziemlich alles schief gelaufen, was schief gehen kann. Wir haben gar keine Kontrolle mehr über das Spiel. Dieses Gefühl, das wir in der ersten Halbzeit hatten, geht uns dann komplett verloren«, so das bittere Fazit von Cavor. Und Momir Ilic ergänzte: »Das war die schlechteste Halbzeit in dieser Saison von uns.«
15 Minuten vor dem Ende dieses Schreckens ohne Ende hatte der Serbe seine völlig neben sich stehenden Profis zur dritten und letzten Auszeit gebeten und sie in den Senkel gestellt: »Es wird nie aufgegeben, nie im Leben, ist das klar«, stauchte der Trainer der Wetzlarer die komplette Mannschaft zusammen. Alleine, es klang wie ein Ruf in die Wüste, letztlich war das Ruder nicht mehr rumzuwerfen.
Dabei war die HSG mit Niklas Theiß in der Startsieben und viel Tempo ins Duell mit dem Aufsteiger gestartet. Und weil der BHC genauso aufs Gaspedal trat, entwickelte sich vor 2045 Zuschauern in der Wuppertaler-Uni-Halle ein rasantes Hin und Her. Auf Gästeseite schien vor allem Philipp Ahouansou richtig Spaß am munteren Werfen Richtung gegnerisches Gehäuse zu haben. Der Rückraumlinke erzielte in den ersten 24 Minuten satte sieben Treffer. Und so führten die Grün-Weißen, angefeuert von einer stattlichen Zahl eigener Fans, immer mit ein bis zwei Treffern Vorsprung (5:3, 11:9).
Was die Mannen von Coach Momir Ilic verpassten, war das Weiter-davon-ziehen. Mehrfach hatte Wetzlar die Möglichkeit, auf plus drei zu erhöhen. Alleine die steigende Zahl an technischen Fehlern und eine speziell im Zentrum doch recht löchrige und oft zu spät zupackende Abwehr verhindert das allerdings.
Zum Glück hielt Karim Hendawy, der den in der ersten Viertelstunde glücklosen Anadin Suljakovic zwischen den HSG-Pfosten ablöste, mit sieben blitzsauberen Paraden (inklusive eines gehaltenen Beyer-Strafwurfs) seinen Vorderleuten ein bisschen den Rücken frei und erlaubte dem Gegner in Hälfte eins keine eigene Führung.
Das änderte sich schon Sekunden nach dem Seitenwechsel, als Noah Beyer zum 17:16 für die Gastgeber traf und einen zweiten Durchgang einläutete, in der die HSG nun immer mehr der Musik hinterherhechelte. Beim 18:19 (34.) bestand kurz noch Hoffnung, beim 18:24 (41.) bereits die Sorge auf ein Debakel. Und während sich der BHC den sieglosen Frust der ersten Saison-Wochen von der Seele spielte, zerfiel das HSG-Konstrukt über ein 22:31 (54.) in seine Einzelteile.
»Es hätte noch schlimmer ausgehen können. Zu viele Leistungsträger waren heute gar nicht bei der Sache. Gut ist, dass wir in drei Tagen wieder ein Spiel haben und die Jungs, die ich meine, wissen, was bis dahin zu tun ist«, fasste der Sportliche Leiter der Wetzlarer, Jasmin Camdzic, den gebrauchten Abend zusammen.
Bergischer HC: Rudeck, Diedrich (ab 53.) – Beyer (8/3), Scholtes, Becher, Schöttle, Babarskas (2), Kooij, Fraatz (2), Babak (1), Massoud, Morante Maldonado (8), Fuchs, Seesing (4), Steinhaus (4), Wasielewski (6).
Wetzlar: Sujlakovic, Hendawy (15. bis 39.) – Grahovac (2), Vistorop (3), Mappes (4/1), Theiß (3), Simic (2), Ahouansou (9), Akakpo (1), Weimer, Müller, Löwen, Zacharias (2), Cavor (2), Nafea.
Schiedsrichter: Heine/Standke (Wendeburg/Ronneberg-Benthe) – Zuschauer: 2045 (in Wuppertal) – Zeitstrafen: Bergischer HC vier (Babarskas, Morante Maldonado, Seesing, Steinhaus), Wetzlar vier (Grahovac zwei, Nafea, Akakpo) – verworfene Siebenmeter: Mappes (Wetzlar) trifft zwei Mal die Latte (19., 40.), Beyer (Bergischer HC) scheitert an Hendawy (30.), Ahouansou (Wetzlar) scheitert an Rudeck (49.), Zacharias (Wetzlar) scheitert an Diedrich (53.).
,, Es ist hinten raus so ziemlich alles schief gelaufen, was schief gehen kann. Wir haben gar keine Kontrolle mehr über das Spiel.