Norwegische Politiker und Analysten haben vor Auswirkungen auf die Beziehungen Norwegens zu den USA gewarnt, sollte US-Präsident Donald Trump den Friedensnobelpreis nicht erhalten. Kirsti Bergstø, Vorsitzende der Sozialistischen Linkspartei Norwegens, sagte dem britischen Guardian, das Land müsse „auf alles vorbereitet sein“. Trump hatte zuvor mehrfach betont, er sei überzeugt, dass er den Preis erhalten sollte.
Bergstø kritisierte unter anderem das Vorgehen der US-Einwanderungsbehörde ICE sowie Trumps Angriffe auf die Meinungsfreiheit, auf politische Institutionen und Gerichte. Der US-Präsident sei „unberechenbar und autoritär“. Das norwegische Nobelkomitee, das für die Vergabe des Friedensnobelpreises zuständig ist, sei ein unabhängiges Gremium, sagte die Politikerin. „Die norwegische Regierung hat keinen Einfluss auf die Vergabe der Preise.“ Allerdings sei sie „nicht sicher, ob Trump das weiß“.
Der Vorsitzende der norwegischen Grünen, Arild Hermstad, verwies auf Trumps Politik in der Vergangenheit. „Jeder Schritt zur Beendigung des Leidens in Gaza ist willkommen“, sagte Hermstad und lobte Trumps Unterstützung für einen Waffenstillstand im Nahen Osten. „Ein später Beitrag kann jedoch Jahre der Gewalt und Spaltung nicht ungeschehen machen.“
Verleihung an Trump wäre „größte Überraschung“ der Nobelpreisgeschichte
Harald Stanghelle, norwegischer Analyst und Publizist, äußerte laut Guardian die Sorge, es könne zu „schwierigen Situationen“ kommen, falls der Preis nicht an Trump gehen sollte; der Republikaner sei unberechenbar. Möglich seien Vergeltungsmaßnahmen, etwa weitere Zölle oder Forderungen nach noch höheren Nato-Beiträgen. Es sei schwierig, Persönlichkeiten wie Trump zu vermitteln, dass es sich bei dem Nobelpreiskomitee um eine unabhängige Institution handele, „da sie diese Art von Unabhängigkeit nicht respektieren“. Sollte Trump den Preis tatsächlich gewinnen, wäre dies die „größte Überraschung in der Geschichte des Friedensnobelpreises“, sagte Stanghelle.
© Lea Dohle
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Das norwegische Nobelkomitee wird um 11 Uhr verkünden, wer dieses Jahr den Friedensnobelpreis erhält. Nominiert sind 244 Einzelpersonen und 94 Organisationen. Überreicht wird die Auszeichnung in Oslo traditionell am 10. Dezember, dem Todestag des schwedischen Chemikers und Stifters des Preises, Alfred Nobel.
Kritiker werfen Trump vor, neue Konfliktherde zu schaffen
Trump und viele seiner Anhänger betonten zuletzt mehrfach, dass er den Friedensnobelpreis verdient habe. Er gilt als Trumps „Lieblingspreis“. Vor der UN-Vollversammlung behauptete der US-Präsident, er habe in nur sieben Monaten sieben Kriege beendet – eine mindestens umstrittene Darstellung. „Jeder sagt, dass ich den Friedensnobelpreis für jede einzelne dieser Errungenschaften bekommen sollte“, behauptete Trump. Sollte er den Preis nicht erhalten, wäre das eine „Beleidigung“.
Berichten zufolge soll Trump im Juli mit Jens Stoltenberg telefoniert haben, dem norwegischen Finanzminister und ehemaligen Nato-Generalsekretär. Dabei soll er sich nach dem Nobelpreis erkundigt haben. 2009 hatte Trumps demokratischer Vorgänger Barack Obama den Friedensnobelpreis erhalten.
Das Nobelkomitee teilte am Donnerstag mit, die Entscheidung über den diesjährigen Friedensnobelpreis sei bereits am Montag gefällt worden – vor dem Durchbruch bei den Verhandlungen im Nahen Osten. Dass Trump den Preis erhält, gilt aus Sicht vieler Beobachter als unwahrscheinlich. Kritiker halten dem US-Präsidenten nicht nur vor, die regelbasierte internationale Zusammenarbeit auf Basis multilateraler Verträge, Abkommen und Werte zu untergraben, sondern mit seinem radikalen Vorgehen vielmehr neue Konfliktherde geschaffen und politische Tabubrüche salonfähig gemacht zu haben.
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