In der Leopoldstraße 35, wo bis vor Kurzem noch Zara seine Filiale betrieb, eröffnet am 6. November die japanische Bekleidungskette Uniqlo ihr erstes Münchner Geschäft. Es ist der zwölfte Standort des Konzerns in Deutschland und Teil einer europaweiten Expansion, mit der sich das Unternehmen von Fast-Fashion-Anbietern wie Hennes & Mauritz (H&M) und Zara absetzt, die durch Plattformen wie Shein und Temu unter Druck geraten. Während andere Ketten ihre Filialnetze verkleinern, geht Uniqlo den entgegengesetzten Weg und wächst langsam aber stetig.
Zara setzt seit Längerem auf weniger, dafür deutlich größere Geschäfte; H&M kündigte im vergangenen Jahr an, aufgrund wachsender Online-Konkurrenz Filialen zu schließen und die übrigen zu modernisieren. Uniqlo hingegen wächst. In Köln ist der Händler, bekannt für seine funktionalen Basics wie T-Shirts, Jogginghosen und Daunenjacken, gerade an einen neuen, prominenteren Standort umgezogen; in Frankfurt am Main eröffnet in wenigen Tagen ein neuer Flagship-Store – und im November folgt die neue Filiale in München.
Auf rund 900 Quadratmetern Verkaufsfläche über zwei Etagen soll künftig in Schwabing Mode nach dem Uniqlo-Prinzip „LifeWear“ angeboten werden: schlichte, funktionale Kleidung aus möglichst hochwertigen Materialien, die auf Langlebigkeit statt kurzlebige Trends setzt – so das Markenversprechen.
„München ist eine Stadt, in der Tradition auf Moderne trifft“, sagt Kosuke Kobayashi, der das operative Geschäft von Uniqlo in Deutschland und Polen leitet. Die Filiale in Schwabing sei ein „wichtiger Schritt“ für das Unternehmen, das seit 2014 in Deutschland vertreten ist. „Wir haben in München schon lange großes Potenzial gesehen“, sagt ein Unternehmenssprecher. Bestellungen im Online-Shop hätten gezeigt, wie kaufkräftig die Kundschaft hier sei.
Ursprünglich wollte Uniqlo in die Alte Akademie in der Neuhauser Straße einziehen. Doch die Insolvenz der Signa-Gruppe, die das Gebäude umbauen wollte, machte diesen Plan zunichte. „Schließlich haben wir gesagt: besser in Schwabing starten als noch länger warten“, heißt es aus dem Unternehmen. Eine weitere Filiale in der Innenstadt bleibe möglich – vorausgesetzt, Lage und Gebäudequalität stimmten.
Wie schon in Frankfurt oder Hamburg sucht Uniqlo auch in München den Anschluss an die lokale Szene. Der Illustrator Sebastian Schwamm gestaltet ein Wandbild im neuen Store und entwirft eine Tragetasche zur Eröffnung. Gemeinsam mit der Münchner Limonadenmarke Paulaner Spezi und dem Plattenlabel Public Possession entsteht zudem eine T-Shirt-Kollektion, die bayerische Popkultur mit japanischer Schlichtheit verbindet. Außerdem können Kundinnen und Kunden über eine digitale Station eigene Motive auf T-Shirts drucken – der Personalisierungsservice heißt „UTme!“.
Uniqlo gehört zur japanischen Fast Retailing Group, einem der weltweit größten Textilkonzerne. Während Wettbewerber wie Zara oder H&M zuletzt stagnierende Umsätze verzeichneten, meldet Fast Retailing weiterhin zweistellige Wachstumsraten. Im vergangenen Geschäftsjahr, das im August 2025 endete, stieg der Umsatz um fast zehn Prozent, der Gewinn sogar um 13 Prozent. Der Ausblick für das neue Geschäftsjahr bleibt optimistisch.
Die Kundschaft schätzt Uniqlo vor allem für seine Basics – vom Unterhemd über die Jogginghose bis zum Daunenmantel. Seinen Ursprung hat die Firma in Japan, wo auch das Bild aufgenommen wurde. (Foto: Idrees Mohammed/AFP)
Europa spielt dabei eine immer wichtigere Rolle: Inzwischen betreibt das Unternehmen mehr als 85 Filialen in elf Ländern, neun weitere sollen bis Jahresende hinzukommen. Mit der Verpflichtung der britischen Designerin Clare Waight Keller als Kreativdirektorin will Uniqlo die Verbindung von Funktionalität und modischem Anspruch weiter vertiefen. Auf die Frage, wann ein Kleidungsstück fertig sei, sagte sie kürzlich in einem Interview mit der Elle: „Wenn man nichts mehr wegnehmen kann“ – eine Haltung, die zum japanischen Minimalismus passt.
Das Erfolgsmodell von Uniqlo beruht auf Standardisierung, Effizienz und Technologie. Jedes Kleidungsstück trägt einen RFID-Chip, der Warenströme und Kassiervorgänge digitalisiert. An der Kasse genügt es, den Einkaufskorb unter den Scanner zu stellen – die Summe erscheint automatisch. Die Marke betreibt eigene Forschungs- und Entwicklungslabore, in denen Materialien wie die wärmende Heattech- oder die kühlende Airism-Faser entstehen. Statt auffälliger Mode dominieren zurückhaltende Farben, klare Schnitte und natürliche Stoffe wie Baumwolle, Leinen und Kaschmir.
In Schwabing wird Uniqlo sein vollständiges Sortiment für Damen und Herren anbieten. Die Zielgruppe, so der Sprecher, reiche „von Studierenden über Familien bis zu Berufseinsteigerinnen, die ihre Garderobe aufwerten wollen“.
Auf der Leopoldstraße dürfte die Eröffnung mit gemischten Gefühlen gesehen werden. Die einstige Flaniermeile hat durch die Aneinanderreihung von Kettenrestaurants, Mobilfunkläden und Modefilialen an Charakter verloren – auch wenn Institutionen wie die Buchhandlung Lehmkuhl oder der Brillenladen Hartogs geblieben sind. Vielleicht will der japanische Neuzugang auch deshalb lokale Akzente setzen – als Versuch, die Nachbarn für sich einzunehmen und Schwabing wieder ein Stück jenes Glanzes zurückzugeben, der der Straße einst ihren Ruf verlieh.