Frankfurt/Main – Die Vorwürfe, auch gegen Führungskräfte, sind so gravierend, dass parallel zur Razzia bei der Frankfurter Polizei drastische Sofortmaßnahmen ergriffen wurden. Sechs Beamte sollen aus dem Dienst entfernt werden, und das 1. Revier soll zudem neue Chefs bekommen.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt und das Hessische Landeskriminalamt gaben am Freitagmorgen bekannt, dass unter anderem das Skandal-Revier auf der Zeil sowie die Wohnungen von 17 Beamten (24–56 Jahre) durchsucht wurden.

Innenminister Roman Poseck (55) in einer Stellungnahme: „Die Tatvorwürfe wiegen sehr schwer. Es ist ein Grundpfeiler unseres Rechtsstaats, dass die Menschen darauf vertrauen können, dass die Polizei Gewalt nur bei Zwangsmaßnahmen und im Rahmen des erforderlichen Umfanges anwendet.“

Bei der Razzia wurden auch Autos von Beamten durchsucht

Bei der Razzia wurden auch Autos von Beamten durchsucht

Foto: Jürgen Mahnke

Schläge, Tritte und Stöße mit dem Kopf gegen die Wand

Wie die Staatsanwaltschaft am Freitagmittag in Frankfurt mitteilt, handelt es sich bei den mutmaßlich Geschädigten um zwei Algerier, zwei deutsche Staatsbürger und zwei in Syrien geborene staatenlose Personen.

Oberstaatsanwalt Dominik Mies teilte am Freitagmittag den aktuellen Stand der Ermittlungen mit

Oberstaatsanwalt Dominik Mies teilte am Freitagmittag den aktuellen Stand der Ermittlungen mit

Foto: Reinhard Roskaritz

Oberstaatsanwalt Dominik Mies spricht von „Gewaltanwendungen“, die teils auf Aufnahmen von Bodycams und Überwachungskameras zu sehen sind, teils laut Zeugenaussagen geschehen sein sollen. Es soll sich um Schläge, Tritte und Stöße mit den Köpfen gegen Wand und Tür handeln. Eine Person soll die Treppe hinuntergestoßen worden sein.

Die Vorfälle sollen bei vorläufigen Festnahmen und Kontrollen, aber auch auf dem Revier geschehen sein. Die Folgen waren laut Staatsanwaltschaft gravierende Verletzungen wie Schürfungen, Prellungen im Gesicht und ein Nasenbeinbruch.

Innenminister: nicht zu duldendes Fehlverhalten

Für Minister Poseck stünde fest, dass die mutmaßlichen Übergriffe, sollten sie sich bestätigen, ein nicht zu duldendes Fehlverhalten darstellen. Es werde „mit aller Härte“ durchgegriffen. Das heißt sofort konkret: Gegen alle 17 Beschuldigten werden Disziplinarverfahren eingeleitet, in sechs Fällen soll aufgrund besonders gravierender Vorwürfe unverzüglich das Verbot des Führens der Dienstgeschäfte ausgesprochen werden.

Das 1. Revier auf der Zeil in Frankfurt ist als „Skandal-Wache“ bekannt

Das 1. Revier auf der Zeil in Frankfurt ist als „Skandal-Wache“ bekannt

Foto: Sven Moschitz

Der Innenminister: „Nach derzeitigem Stand konzentrieren sich die Vorwürfe auf eine Dienstgruppe des 1. Polizeirevier. Diese wird künftig personell komplett neu aufgestellt sein.“ Zusätzlich wird sofort die Spitze des Reviers ausgewechselt und die weiteren beschuldigten Beamten werden zunächst in den Innendienst versetzt.

Sofortmaßnahmen gegen Beamte ergriffen

Zwar gäbe es derzeit keine Vorwürfe gegen die Revierleitung, doch der Schritt sei
notwendig, um die Handlungsfähigkeit des bereits als Skandal-Wache bekannten Reviers zu sichern.

Roman Poseck (55)

Hessens Innenminister Roman Poseck (55) spricht klare Worte

Foto: Jürgen Mahnke

Posecks Vertrauen in die hessische Polizei ist jedoch ungebrochen. Das Verhalten einzelner solle nicht verallgemeinert werden, erklärt er. Mehr als 16.000 Polizisten in seinem Land seien rechtschaffen: „Das weitere Verfahren der Justiz wird zeigen, ob und in welchem Umfang Beamte für Übergriffe verantwortlich sind und inwieweit Beamte bei derartigem Fehlverhalten weggeschaut haben“.

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Bei der Razzia am frühen Freitagmorgen mit rund 150 Kräften allein vom LKA sind Mobiltelefone und Datenträger sichergestellt worden. Es wird wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt, der Strafvereitelung im Amt und der Verfolgung Unschuldiger ermittelt. Die Fälle sollen sich zu Jahresbeginn ereignet haben – die Videoaufnahmen und auch Aussagen von Zeugen würden sie belegen.

Bei einer Verurteilung drohen den beschuldigten Polizisten bis zu 5 Jahre Gefängnis.