„Ich will die Ritter sehen“. Timo zieht seinen Papa durch das Eingangstor auf dem Schützenplatz an der Heidelberger Straße. Mit dem Schritt über die Schwelle stehen die beiden in einer anderen Welt. „Ich bin schon lange ein Mittelalter-Fan, lese Bücher darüber und sammle alles, was ich dazu finden kann“, erzählt Martin Stutz. Mit seiner Begeisterung hat der 35-Jährige die ganze Familie angesteckt. Seine drei Kinder und seine Frau Sandra tragen die passende Gewandung zum Event. Das zahlt sich in barer Münze aus. Denn wer mittelalterlich gekleidet zum Festplatz kommt, erhält ermäßigten Eintritt.

Bereits zum sechsten Mal schlagen die Ritter ihr Heerlager nun schon im Herbst in Eller auf. Über 40 Händler bieten an ihren Ständen Waren feil, zeigen traditionelles Handwerk oder sorgen mit Spezereien für das leibliche Wohl der Besuchenden. Der Duft von erlesenem Räucherwerk, Gewürzen aus aller Herren Länder, Gebratenem und Gesottenem liegt in der Luft. Auf der kleinen Bühne sorgen Gaukler Tamino, Heiko der Zauberer, die Musikanten von Vreyel und die beliebte Truppe Unvermeydbar, die auf vielfachen Wunsch des Publikums mal wieder vorbeischaut, für Unterhaltung. Die kleinen Gäste können Märchen und Sagen lauschen. Auf die Beine stellt das Spektakel das Familienunternehmen Kaiser und Kaiser Events.

Bis Timo und seine Familie das Turnier in der eigens errichteten Arena sehen können, bei dem Ritter auf ihren Pferden einen Eindruck vermitteln, wie im Mittelalter gekämpft wurde, ist noch Zeit. Das Warten wird sich lohnen, denn die Reiter in ihren Rüstungen werden später spektakuläre Stunts auf galoppierenden Pferden vorführen, wenn sie mit Lanze und Schild gegeneinander antreten.

Doch Timo hat schon eine weitere Attraktion ausgemacht, die „wir unbedingt sehen müssen“ und zieht diesmal seine Schwester mit sich. In einem abgetrennten Bereich wartet Wüstenbussard Luke geduldig auf seinen Einsatz. Seine gefiederte Freundin Hexe ist gerade mit Falkner Andreas Schneider unterwegs auf einer Runde über den Festplatz. „Hexe ist bereits 19 und etwas launisch im Umgang“, verrät Schneider und schaut den Rotschwanzbussard liebevoll an. Die beiden verbindet eine enge Freundschaft. Der vierjährige Luke, „der seinen Namen übrigens von Luke Skywalker hat und ein Vorschlag meines Enkels war“, wie der Hildener lächelnd verrät, hat noch eine weitere Aufgabe. „Er begleitet mich für Wild-Pädagogik-Kurse in Kindergärten und Schulen“, erzählt Andreas Schneider. In diesem Moment spreizt der Wüstenbussard eindruckvoll seine Federn.

„Toll, das muss ich unbedingt fotografieren“, sagt Carolyn Thulep und richtet das Objektiv ihrer Spiegelreflexkamera aus. Die Hobbyfotografin besucht regelmäßig Mittelalterevents in der Region, immer auf Motivsuche. „Ich benutze noch Rollfilme und entwickle die Aufnahmen selbst“, erzählt sie. „Ich war vor ein paar Jahren zum ersten Mal auf einem Mittelaltermarkt und überrascht, dass nicht nur die Händler, sondern auch viele der Besuchenden passend gekleidet waren“, erinnert sich die Krefelderin.

Wie aufs Stichwort taucht Bogdan Ivanovic vor ihrer Kamera auf und lüftet mit einer galanten Verbeugung seinen breitkrempigen Hut mit einer weißen Feder daran. „Seid gegrüßt“, sagt er und schaut mit Kennerblick die selbst entworfenen wollenen Kleider am Stand von „Runkelstein“ an. Ein paar Meter weiter will er später bei „Aries“ den Honigwein von Peter Schröder verkosten. „Met lässt sich kalt und heiß genießen“, verrät der seinem Kunden.

An vielen Ständen lassen sich Handwerkerinnen und Handwerker über die Schultern schauen. Andere bieten selbst hergestellten Schmuck oder wie Stella von „Feder & Buch“ aufwendig in Leder gebundene Kladden mit entsprechenden Federn und Tinte feil. Ein zehnköpfiges Team stellt die besonderen Bücher mit verschiedensten Motiven und Mustern her.

Eins der Highlights im Showprogramm erwartet die Besuchenden am Samstagabend. Dann wird erstmals die Feuergruppe „Avalon“ aus Passau zu Gast sein, um ihre Kunst hoch zu Ross in der Arena zu präsentieren.