Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Finanzministerin Silke Schneider (l, Bündnis 90/Die Grünen) stellen auf einer Pressekonferenz die Verteilung des Sondervermögens

Stand: 10.10.2025 16:45 Uhr

Aus dem Sondervermögen Infrastruktur der Bundesregierung stehen Schleswig-Holstein insgesamt 3,4 Milliarden Euro für Investitionen zur Verfügung. Nun steht fest, wie das Geld im Land verteilt werden soll.

von Christian Öchsle

Die Landesregierung in Schleswig-Holstein hat sich nun auf die Verteilung der Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur verständigt. Das teilten Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Finanzministerin Silke Schneider (Grüne) heute im Landeshaus in Kiel mit. Im Fokus stehen demnach wirtschaftliches Wachstum, Klimaschutz, Sicherheit und der gesellschaftliche Zusammenhalt.

Sondervermögen: So werden die Milliarden verteilt

Der Großteil der insgesamt 3,4 Milliarden Euro kommt laut Landesregierung direkt den Kommunen im Land zugute: 2,1 Milliarden Euro können Städte, Gemeinden und Kreise unmittelbar einsetzen. Die restlichen rund 1,3 Milliarden Euro verbleiben im Land.

Land investiert Hauptteil in Verkehrsinfrastruktur

Mehr als 40 Prozent davon fließen in den den Bereich der Verkehrsinfrastruktur (550 Millionen). Weitere Mittel werden für den Ausbau der Ganztagsbetreuung in den Kommunen (22 Prozent) und für die Modernisierung und den Bau von Krankenhäusern (16 Prozent) im Land eingesetzt.

121 Millionen Euro (neun Prozent) fließen in die Bereiche Energiewende, Klimaschutz und Klimaanpassung, 100 Millionen Euro (acht Prozent) sind für die soziale Infrastruktur vorgesehen – 36 Millionen Euro (drei Prozent) kommen dem Bevölkerungsschutz zugute.

Günther: Fokus auf kleine Investitionen direkt bei den Bürgern

„Wir starten das größte Investitionsprogramm in der Geschichte Schleswig-Holsteins“, erklärte Ministerpräsident Günther am Mittag in Kiel. Man habe sich sehr schnell auf die Verteilung der Mittel geeinigt, so Günther weiter. Früh habe festgestanden, dass fast zwei Drittel der Mittel direkt an die Kommunen gehen. Denn heutzutage sei es sehr wichtig, dass zunächst im eigenen Lebensumfeld der Schleswig-Holsteiner alles funktioniert. „Wenn wir gut ausgestattete Kommunen haben (…) ist das eben auch ein Zukunftsprogramm für Zusammenhalt in der Gesellschaft.“

Auf verschiedenen Geldscheinen liegt das Landeswappen von Schleswig Holstein

Es wurden auch bei weiteren Themen Kompromisse gefunden wie etwa bei Gefährder-Abschiebungen oder der Eingliederungshilfe.

Weiter habe man sich darauf fokussiert, nur Investitionen vorzunehmen, die in den nächsten fünf Jahren die wirtschaftliche Stärke Schleswig-Holsteins wiederherstellen: „Wir verbauen die 1,3 Milliarden Euro bis 2030“, kündigt Günther an.

Schneider: Energie darf nicht in Verwaltung fließen

Finanzministerin Schneider betonte, man verwende die Mittel aus dem Sondervermögen zusätzlich: Die Investitionen kämen „on top“ – denn nur so lieferten sie einen Mehrwert. Jetzt sei es wichtig, dass die Mittel schnell abfließen, damit die Wirtschaft angekurbelt wird. Auch dürfe man, so die Grünen-Politikerin, die Verfahren nicht zu kompliziert gestalten: „Die Energie und die Zeit der Menschen muss in den Bau gehen und darf nicht in die Verwaltung der Projekte fließen.“

So werden die Mittel konkret eingesetzt

  • 200 Millionen Euro: Sanierung von Landesstraßen (inkl. begleitende Radwege)
  • 200 Millionen Euro: Schieneninfrastruktur, unter anderem für die neue AKN-Station Henstedt-Ulzburg West, Planung von Ausbau und Elektrifizierung der Strecke Neumünster-Bad Oldesloe sowie Infrastrukturanpassungen für das Flügelkonzept Jübeck-Flensburg
  • 140 Millionen Euro: Sanierung der Häfen, unter anderem für landesfinanzierte Maßnahmen in Kiel, Lübeck, Brunsbüttel und Hörnum
  • 10 Millionen Euro: Radwege
  • 200 Millionen Euro: Modernisierung und Bau von Krankenhäusern zusätzlich zur bisher geplanten Krankenhausinvestitionsfinanzierung und den weiteren Mitteln aus dem Krankenhaustransformationsfonds
  • 30 Millionen Euro: Sanierung von Landesliegenschaften
  • 21 Millionen Euro: Energetische Sanierung der sozialen Infrastruktur, zum Beuspiel soziale Einrichtungen
  • 10 Millionen Euro: Ausfinanzierung des Landesanteils für den Bau des Schöpfwerks Brunsbüttel
  • 30 Millionen Euro: Küsten- und Hochwasserschutz und Klimaanpassung Ostsee
  • 30 Millionen Euro: weitere Klimaschutzmaßnahmen
  • 30 Millionen Euro: Frauenhäuser, um den Ausbau des Hilfe- und Unterstützungssystems zu fördern
  • 25 Millionen Euro: Förderung von Modernisierungsmaßnahmen und energetischen Sanierungsmaßnahmen in Stätten der Jugendarbeit
  • 25 Millionen Euro: für den Neubau und die Sanierung von Schwimmsportstätten
  • 10 Millionen Euro: Ausbau von Wohnraum für Studierende und Auszubildende
  • 10 Millionen Euro: Einrichtungen der nationalen Minderheiten in Schleswig-Holstein, zum Beispiel zur Förderung der energetischen Sanierung von Liegenschaften wie Schulen, Kindergärten und Gemeinschaftshäuser
  • 36 Millionen Euro: Aufbau eines Zentrums für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung in Kiel sowie Erweiterung und Weiterentwicklung der Landesfeuerwehrschule in eine Akademie für Bevölkerungsschutz und zivile Verteidigung

SPD: Große soziale Frage wird nicht beantwortet

„Ein Kompromiss der Landesregierung ist nicht zwangsweise eine Zukunftsperspektive für das Land“, mahnt die SPD-Fraktionsvorsitzende Serpil Midyatli. Am dramatischsten falle dies für alle aus, die eine bezahlbare Wohnung suchen. „Eine Bauoffensive sucht man hier vergebens“, so Midyatli weiter. Die große soziale Frage unserer Zeit werde nicht beantwortet.

"Zu vermieten" steht auf einer Plane, die an einem Balkon-Geländer einer Neubau-Wohnung angebracht ist.

Nach Schätzungen fehlen im Land mehr als 100.000 bezahlbare Wohnungen. Ein Bündnis von Ministerien, Verbänden und Vereinen sucht nun Lösungen.

Andreas Breitner vom Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) lobt hingegen die derzeit jährliche Förderung des Baus bezahlbarer Wohnungen in Höhe von 400 Millionen Euro. Laut Breitner erwarten die sozialen Vermieter jetzt allerdings, dass die zusätzlichen Mittel auch für zusätzliche Investitionen verwendet werden – etwa für die energetische Sanierung von Wohngebäuden.

FDP: Offenbar kein Geld für Hochschulbau vorgesehen

„Die verkündeten Maßnahmen gehen in die richtige Richtung, aber ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, dass der stark unterfinanzierte Hochschulbau offenbar gar nicht profitieren soll“, kritisiert der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt. Die Wissenschaft sei eine wichtige Kernaufgabe des Landes und von großer strategischer Bedeutung für die Entwicklung unseres Bundeslandes, so Vogt weiter.

SSW hofft auf weitere Mittel für Minderheiten

Christian Dirschauer, SSW-Landesvorsitzender blickt zur seite bei einem Interview nach der Kommunalwahl 2023 in Schleswig-Holstein.

„Die Minderheiten müssen ein Stück vom großen Kuchen abbekommen“, meint Dirschauer.

Positives Feedback zum Investitionspaket kommt derweil von der SSW in Schleswig-Holstein. Der Fraktionsvorsitzende Christian Dirschauer lobt die für Einrichtungen der nationalen Minderheiten vorgesehenen zehn Millionen Euro – hofft jedoch auf zusätzliche Mittel aus der Finanzspritze für die Kommunen. Der SSW erwarte, „dass auch diese ihrer Verantwortung gerecht werden und die Minderheiten mit einem fairen Anteil berücksichtigen.“

Gemeindetag SH: Geld soll schnell auf Kommunen verteilt werden

„Mit dem Land sind wir uns einig dass die Kommunen ihren Anteil am Sondervermögen möglichst unbürokratisch umsetzen“, erklärt Jörg Bülow vom Gemeindetag Schleswig-Holstein. Man arbeite daran, jeder Kommune ein Budget zuzuordnen und hoffe auf Klärung aller Rahmenbedingungen zeitnah nach den Herbstferien.

BUND kritisiert: Zu wenig Geld für ÖPNV und Schiene

Dietmar Ulbrich, Landesvorsitzender des BUND kritisiert, dass der natürliche Klimaschutz keine Rolle beim Sondervermögen spiele. Er vermisse im Vorhaben der Landesregierung etwa die Wiedervernässung von Feuchtgebieten oder Mooren. Außerdem hätte sich Ulbrich mehr Gelder für den ÖPNV und die Schieneninfrastruktur gewünscht – zum Beispiel für den Bau neuer Bahn-Haltepunkte.

Finanzministerin Silke Schneider spricht im Landtag in Kiel.

Die Städte und Gemeinden sollen 62,5 Prozent des Geldes erhalten, das vom Sondervermögen der Bundesregierung nach SH geht.

Olaf Lies (SPD) im Sommerinterview mit dem NDR.

Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies fordert, dass die Milliarden für das Infrastruktur-Sondervermögen zügig verbaut werden. Die Bürger müssten spüren, dass es vorangeht.