Witwe nennt den Kremlchef Mörder
Nawalnaja: „Denke nicht, dass Mehrheit in Russland Putin unterstützt“
10.10.2025, 19:44 Uhr
Die Witwe des russischen Oppositionellen Nawalny sagt, es ließe sich nicht sicher sagen, wie viel Unterstützung Machthaber Putin in Russland genießt. Sie glaubt: nicht viel. Die Menschen könnten ihren Missmut aber nicht äußern, ohne eingesperrt zu werden.
Julia Nawalnaja sieht in Russland keine flächendeckende Zustimmung für Präsident Wladimir Putin. Die Witwe des im russischen Straflager verstorbenen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny sagte: „Ich denke nicht, dass die Mehrheit der Bevölkerung Putin unterstützt.“ Sie wies darauf hin, dass es in Russland keine belastbaren Zahlen zur Unterstützung Putins gebe. „Sie wissen ja, wie es in der Diktatur läuft: Es sieht so aus, als ob alle den Diktator unterstützen und am nächsten Tag, wenn sich etwas ändert, dann gehen alle auf die Straße gegen den Diktator“, sagte Nawalnaja im RTL-Interview mit Journalistin Pinar Atalay.
Auch die vergangene Präsidentschaftswahl zweifelt Nawalnaja an. Putin erhielt damals mehr als 80 Prozent Zustimmung. Ihre Mission sei, der Welt zu sagen: Putin ist nicht ganz Russland. Viele Menschen seien gegen Putin, aber hätten Angst. „Sie haben nur eine Wahl: Entweder schweigen oder im Gefängnis zu landen“, so Nawalnaja. Es sei schwer vorstellbar, dass sich Menschen entscheiden, in den Knast zu gehen -für ein Like in sozialen Netzwerken.
Nawalnajas Mann war bis zu seinem Tod der bekannteste Kritiker Putins in Russland. Alexej Nawalny machte immer wieder mit Korruptionsvorwürfen gegen Offizielle und auch gegen Putin persönlich auf sich aufmerksam, sah sich aber zunehmender Repression ausgesetzt. 2020 überlebte Nawalny einen Giftanschlag, wurde in Berlin behandelt und kehrte nach Russland zurück. Dort wurde er verhaftet und starb 2024 in einem Straflager.
Treffen am Tag vor Nawalnys Tod
Sie sei sich sicher, dass ihr Mann keines natürlichen Todes gestorben ist, sagte Nawalnaja: „Ich bin sehr überzeugt davon, dass mein Mann getötet wurde. Im Gefängnis, durch Putin.“ Einen Tag vor seinem Tod habe sie ihren Mann gesehen. „Er war gut drauf. Er hat mit seinen Anwälten geredet“, sagte Nawalnaja im RTL-Interview mit Journalistin Pinar Atalay.
Die im Exil lebende Witwe hat nach eigenen Angaben Aussagen von Mitarbeitern des Gefängnisses vorliegen, in dem Nawalny vergangenes Jahr gestorben ist. Es sei nicht einfach gewesen, an diese Informationen zu kommen, aber sie widersprächen der offiziellen Version von Nawalnys Tod. Außerdem seien zwei unabhängige Laboranalysen zu dem Schluss gekommen, dass der Oppositionspolitiker vergiftet wurde.
Die genauen Informationen, auch zu den Laboranalysen, will Nawalnaja noch veröffentlichen. „Das ist wichtig, nicht nur für mich, sondern für alle Unterstützer Alexejs. Wir möchten der ganzen Welt zeigen, dass Putin ein Diktator, ein Mörder ist. Dass er seine politischen Gegner vergiften lässt“, sagte Nawalnaja in Berlin.
Nawalnaja sagte außerdem, sie unterstütze Bundeskanzler Merz in seiner Haltung, aktuell kein Gespräch mit dem russischen Präsidenten zu suchen: „Ich stimme Kanzler Merz zu. Ich denke, die Isolation Putins in den letzten drei Jahren war eine richtige Strategie.“
Jeder Diktator träume davon, dass er geachtet und gesehen werde, erklärte Nawalnaja. Dabei sei zweitrangig, wie man über ihn rede. „Wichtig ist nur, dass er überall, jeden Tag, in jedem Interview auf der ganzen Welt genannt wird, dass wir über ihn reden.“ Dann könne er sagen: „Ich stehe auf der Tagesordnung.“