Trauer nach wochenlangem quälenden Bangen und Hoffen: Die Polizei hat am Ostersonntag im mittelhessischen Weilburg ein totes Kind aus der Lahn geborgen. „Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ handele es sich um einen seit fast einem Monat sechsjährigen Pawlos.

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Ministerpräsident Boris Rhein und Innenminister Roman Poseck drückten ihre Anteilnahme aus. „Die Nachricht vom Tod des kleinen Pawlos macht mich traurig“, schrieb Rhein auf X.

Bundesweit wurde mit Plakaten nach Pawlos gesucht

Ein Kanufahrer hatte das Kind an der Überführung einer Bundesstraße über die Lahn entdeckt und die Polizei verständigt. Ein Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen. Seit dem 25. März war nach dem Jungen gesucht worden, der laut Polizei „autistisch veranlagt“ war. Das ungeklärte Schicksal des Sechsjährigen beschäftigte viele Menschen im ganzen Land

Der aus der Lahn geborgene Junge passe genau auf die Beschreibung von Pawlos, hieß es aus Regierungskreisen. Hundertprozentige Sicherheit könnten aber nur weitere Untersuchungen in den nächsten Tagen bringen.

Der Erstklässler aus Weilburg hatte seine Förderschule nach dem Mittagessen ohne ersichtlichen Grund verlassen und wurde seither vermisst. Sein Verschwinden war laut Schulamt innerhalb einer Minute aufgefallen. Die Suche nach dem Jungen begann wenig später. Danach war Pawlos noch einmal kurz am Bahnhof der mittelhessischen Kleinstadt gesehen worden. Dann hatte sich seine Spur verloren. 

Pawlos Verschwinden und die wochenlange ergebnislose Suche wühlten insbesondere die Menschen in seiner Heimatregion auf. „Ganz Weilburg sucht noch weiter“, hatte Bürgermeister Johannes Hanisch (CDU) rund zwei Wochen nach dem Verschwinden des Kindes gesagt. „Wir haben praktisch das ganze Stadtgebiet auf links gedreht.“ Die Stadt Weilburg liegt an der Lahn, zwischen Taunus und Westerwald. Sie hat in ihren elf Stadtteilen rund 13.000 Einwohner.

Hunderte Einsatzkräfte und Helfer von Polizei, Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und weiteren Organisationen hatten zeitweise nach dem Jungen gesucht. Auch der Einsatz eines Aufklärungsflugzeugs der Bundeswehr hatte nicht weitergeholfen. Spezialisierte Taucher hatten auch die Lahn abschnittsweise abgesucht – unterstützt von ausgebildeten Hunden. Auch sie konnten den Erstklässler nicht finden.

Es gab auch eine bundesweite Öffentlichkeitsfahndung über tausende digitale Anzeigetafeln – vor allem an Bahn- und Flughäfen sowie Autobahnraststätten. Auch die Bundeswehr beteiligte sich an der Suche.

Pawlos war noch auf einem Video zu sehen

Ein letztes Lebenszeichen des Jungen war ein Video, auf dem der Sechsjährige laut Polizei zu sehen ist. Es zeigt ihn den Angaben zufolge mit einem Mann auf der Straße in Weilburg. Der Mann hatte Pawlos demnach noch vor Bekanntwerden seines Verschwindens zufällig auf einer stark befahrenen Straße gesehen und ihn von der Fahrbahn auf den Bürgersteig geführt.

Während der Mann den Polizeinotruf gewählt und seine Beobachtung geschildert habe, sei der Junge davonlaufen, hatte die Polizei berichtet. Die sofort entsandten Streifen hatten das Kind nicht mehr finden können. (dpa)

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Der Fall Pawlos erinnert an das Verschwinden des sechsjährigen Arian aus dem niedersächsischen Bremervörde. Der ebenfalls autistische Junge wurde zuletzt am 22. April 2024 gesehen. Die Polizei ging davon aus, dass das Kind das Elternhaus selbstständig verließ und leitete eine große Suche ein. Zeitweise waren bis zu 1.200 Helfer beteiligt.

Auch der Fall Arian verlief tragisch, Ende Juni gab es die traurige Gewissheit: Bei einer gefundenen Leiche handelte es sich um Arian. Die rechtsmedizinische Untersuchung ergab keine Hinweise auf ein Verbrechen. (dpa, lem)