17 Beamte stehen wegen Polizeigewalt unter Verdacht. Die Beweise gegen sie sind wohl deutlich. Deshalb wurde auch durchgegriffen. Das ist nicht immer so.
Es ist ein unglaubliches Bild: 150 Ermittler, die am Freitag das 1. Frankfurter Polizeirevier auf der Zeil und 21 Wohnungen von Polizeibeamten durchsuchen. Razzia bei der Frankfurter Polizei. Die Vorwürfe wiegen schwer. Polizisten sollen sechs festgenommenen Männern Gewalt angetan haben: Schläge, Tritte, ein Stoß mit dem Kopf gegen die Wand. In einem Fall sollen Beamte einen Mann eine Treppe hinuntergestoßen haben. Andere Beamte sollen das toleriert und gedeckt haben. Insgesamt geht es um 17 Beamte, darunter auch Führungskräfte.
Man mag sich nicht vorstellen, was alles auf Polizeistationen passiert, wenn man davon ausgeht, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist, die jetzt sichtbar wurde.
In Gang kamen die Ermittlungen nach Anzeigen durch die mutmaßlichen Opfer. Das Durchgreifen der Polizei gegen sich selbst ist ein lobenswertes, aber viel zu seltenes Ereignis. In den seltensten Fällen kommt bei Anzeigen gegen Polizeigewalt etwas heraus. Studien belegen, dass nur ein Bruchteil der Anzeigen gegen Polizisten wegen Körperverletzung vor Gericht kommt. Ungefähr 98 Prozent der Ermittlungen werden eingestellt.
Der Frankfurter Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) betonte noch am Tag der Razzia, es sei falsch, aus dem „Fehlverhalten Einzelner“ Rückschlüsse auf die Polizei als Ganzes zu ziehen. Doch geht es hier um Einzelfälle?
17 Fälle – das ist kein Fehlverhalten Einzelner. Beschuldigt sind Streifenbeamte bis hin zu Führungskräften. Eine Razzia in diesem Umfang ist selten. Denn wer eine Anzeige wegen Polizeigewalt stellt, bekommt häufig eine Gegenanzeige: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. So war es auch in diesem Fall – mit offenbar falschen Vorwürfen gegen die mutmaßlichen Opfer. Rechtsanwälte empfehlen deshalb, sich erst gar nicht auf den Rechtsweg einzulassen, wenn man von Polizeigewalt betroffen war.
Es ist erfreulich, dass die Vergehen am 1. Revier jetzt konsequent geahndet werden. Hier scheinen die Beweise so klar gewesen zu sein, dass man nicht mehr an der Verfolgung der Taten vorbeikam. Es gibt Aufzeichnungen durch Überwachungskameras im Polizeirevier, teils auch von Bodycams oder öffentlichen Videoanlagen.
Klar ist jedoch: Das heutige Durchgreifen der Beamten gegen Beamte ist gut, dies müsste es aber viel häufiger geben. Und Razzien dieser Art können vermieden werden, wenn viel eher hingeschaut und eingegriffen wird. Lange schon werden unabhängige Beschwerdestellen gefordert, die dann auch echte Eingriffsrechte haben – damit Polizeigewalt nicht länger vertuscht, sondern geahndet wird.