Stand: 10.10.2025 16:56 Uhr

Sie überlebte das Hamas-Massaker vom 7. Oktober versteckt unterm Bett, 13 Stunden in Angst. Jetzt lebt die Frau in Berlin und meidet aus Angst Kontakte mit Fremden. Im Berliner Abgeordnetenhaus sprachen sie und andere Überlebende vor Schülern.

Zwei Jahre nach dem Überfall der islamistischen Hamas auf Israel berichten Überlebende des Massakers, dass sie sich auf Berlins Straßen ziemlich unsicher fühlen.
 
Aus Angst vor Übergriffen und Anfeindungen telefoniere er in der Öffentlichkeit mit seiner Frau nur noch auf Englisch – und nicht auf Hebräisch, sagte Ofir Amir während einer Gedenk- und Diskussionsveranstaltung im Berliner Abgeordnetenhaus am Freitag.
 
Terroristen hatten Amir am 7. Oktober 2023 während seiner Flucht vom Nova-Musikfestival ein Bein durchschossen; er wartete vier Stunden auf Hilfe und wäre fast verblutet. 20 seiner Freunde starben während oder kurz nach dem Massaker.
 
Amir appellierte an die zur Diskussion eingeladenen Schüler im Plenarsaal, wie er weiter an das Gute zu glauben und sich im Alltag um andere zu kümmern. „Gebt ein bisschen Liebe, und ihr werdet sie zurückbekommen. Lasst uns zusammen Berlin wieder ein bisschen besser machen.“

Das Brandenburger Tor ist in den Farben der israelischen Fahne angestrahlt. Am 7. Oktober 2023 griffen Kämpfer der radikalislamischen Hamas Israel an, töteten zahlreiche Menschen und verschleppten Geiseln in den Gazastreifen. (Quelle: dpa/Pedersen)

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„Scheinbar cool, anti-israelisch zu sein?“

Eine junge Frau, die sich am 7. Oktober 2023 mehr als 13 Stunden lang in ihrem Kibbuz unter ihrem Bett versteckt hielt, berichtete, sie wohne nun in Berlin und führe hier bewusst „ein scheues Leben in einem eng begrenzten Umfeld“. Sie vermeide aus Angst vor Beleidigungen und Übergriffen im Alltag möglichst den Kontakt zu Unbekannten.
 
Weiter berichtete die Frau, sie fühle sich hierzulande auch im linken politischen Spektrum, wo sie sich immer verortet habe, ausgeschlossen – weil sie Jüdin und Israelin sei. Viele, die pro-palästinensisch argumentierten, hätten traurigerweise kaum Kenntnisse über den Nahostkonflikt, beklagte sie. „Ich habe das Gefühl, dass ich keinen Dialog führen kann.“ Auch seien mögliche Begegnungsräume mit pro-palästinensischen Aktivisten „auf einer ganz physischen Ebene“ nicht sicher für sie.
 
Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, sagte zu den Schülern, die islamistischen Terroristen hätten vor zwei Jahren „unsere gemeinsamen Werte angegriffen“. Dann fragte er: „Wie kann es sein, dass es scheinbar cool ist, anti-israelisch zu sein?“ Wenn dies zugleich bedeute, für die Hamas zu sein – „Dann sage ich: Stopp, liebe Freunde!“ Die Hamas stehe für den reinen Terror, für die Unterdrückung der eigenen Bevölkerung und ihren Missbrauch als menschliche Schutzschilde im Gaza-Krieg.

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Seibeld: Auch Kritik erlaubt und auch nötig

Die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Cornelia Seibeld (CDU), sagte, nun gebe es Hoffnung auf die Freilassung der noch im Gazastreifen verbliebenen Geiseln, darunter sieben deutsche Staatsbürger. „Ich hoffe sehr, dass ich den Satz ‚Bring them home now‘ heute auf einer Veranstaltung zum letzten Mal sagen muss.“
 
In Berlin sei der Krieg und das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung allgegenwärtig – auf den Straßen und Schulhöfen, aber auch auf Instagram und Tiktok. Deutschland werde immer für das Existenzrecht und die Sicherheit Israels einstehen, versicherte sie. Doch sei zwischen demokratischen Staaten auch Kritik erlaubt und auch nötig. Konkret rügte sie Gedankenspiele einzelner israelischer Politiker zu einer Vertreibung der Bevölkerung aus dem Gazastreifen oder über eine Annexion von Land, das den Palästinensern gehöre.

Rundfunk Berlin-Brandenburg