Frankreichs Präsident Macron hat den am Montag zurückgetretenen und noch amtierende Ministerpräsident Sebastien Lecornu erneut zum Premierminister ernannt. Neuwahlen scheinen vorerst abgewendet. Doch die Parteien am rechten und linken Rand sagen der neuen Regierung bereits den Kampf an.

In der Regierungskrise in Frankreich hat Präsident Emmanuel Macron den am Montag zurückgetretenen und noch amtierende Ministerpräsident Sebastien Lecornu erneut zum neuen Premierminister ernannt. „Der Präsident der Republik hat Sébastien Lecornu zum Premierminister ernannt und ihn beauftragt, eine Regierung zu bilden“, teilte der Elysée am Freitagabend mit. Der 39-Jährige soll nach seinen Bemühungen zur Lösung der Regierungskrise als Premier weitermachen und ein neues Kabinett zusammenstellen.

Lecornu war am Montag angesichts der großen innenpolitischen Widerstände nach nicht einmal einem Monat im Amt zurückgetreten, was eine schwere Regierungskrise in Frankreich auslöste. Macron hatte ihn danach dennoch beauftragt, weiter mit Vertretern aller Parteien über Grundzüge eines Regierungsprogramms zu verhandeln. Lecornu steht damit erneut vor der Aufgabe, einen Sparhaushalt, auf den Frankreich wegen seiner horrenden Staatsverschuldung dringend angewiesen ist, trotz aller Widerstände durch das Parlament zu bringen.

Lecornu erklärte im Onlinedienst X, er akzeptiere „aus Pflichtgefühl“ die erneute Ernennung durch den Präsidenten. Alle Themen, die während der jüngsten Konsultationen besprochen worden seien, seien offen für die weitere parlamentarische Debatte. Zugleich erklärte Lecornu, die von ihm zu bildende neue Regierung werde für Erneuerung stehen müssen und für eine Vielfalt der Kompetenzen. Diejenigen, die in seine Regierung einträten, sollten frei davon sein, bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2027 kandidieren zu wollen.

Populisten in Frankreich sagen neuer Regierung Lecornus den Kampf an

Unmittelbar nach der erneuten Ernennung von Lecornu zum Regierungschef Frankreichs haben die Parteien am äußeren linken und rechten Rand der neuen Regierung den Kampf angesagt. Der Chef der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN), Jordan Bardella, kündigte am Freitagabend im Onlinedienst X an, seine Partei werde „sofort“ ein Misstrauensvotum gegen die neue Regierung im Parlament einbringen.

Die linkspopulistische Partei La France Insoumise (LFI) kündigte ihrerseits auf X die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Emmanuel Macron an.

Bardella nannte die Nominierung Lecornus einen „schlechten Scherz“. Die neue Regierung habe „keinerlei Zukunft“. Auch LFI zeigte sich empört über Macrons Vorgehen: „Frankreich und sein Volk werden gedemütigt“, erklärte ein Parteivertreter. Die Ernennung Lecornus sei ein „Stinkefinger gegenüber den Franzosen von einem verantwortungslosen Menschen, der von seiner Macht berauscht ist“.

Zuvor war Macron im Élysée-Palast mit den Parteispitzen zu Beratungen über einen Ausweg aus der Regierungskrise und die Ernennung eines neuen Premierministers zusammengekommen. Erwartet wurde, dass Macron im Anschluss an das Treffen bekannt gibt, wer nach dem Rücktritt von Sébastien Lecornu Anfang der Woche neuer Regierungschef wird. Hätte es keine Einigung gegeben, wäre es auch möglich gewesen, dass Macron das Parlament auflöst und Neuwahlen ausruft.

Als einzige nicht zu dem Treffen geladen waren die Parteien am rechten und linken Rand, Marine Le Pens Rassemblement National (RN) und Frankreichs Linkspartei La France Insoumise (LFI). Das Treffen mit den Parteivorsitzenden „muss ein Moment der kollektiven Verantwortung sein“, erklärte der Élysée-Palast. Wer in dem politisch zerstrittenen Land künftig Regierungschef wird und ob am Ende nicht doch Lecornu weitermacht, war bis zuletzt offen.

Die Parteien aus dem linken Lager machten nach ihrem guten Abschneiden bei der vorgezogenen Parlamentswahl im Sommer 2024 Druck, dass Macron einen Premier aus ihren Reihen ernennt. Die Parteivorsitzenden der Sozialisten, Olivier Faure, der Kommunisten, Fabien Roussel, und von Frankreichs Grünen, Marine Tondelier, trafen gemeinsam am Élysée-Palast ein und posierten für ein Foto, um ihr geeintes Auftreten deutlich zu machen.

Anders sah es bei den Konservativen aus. Zunächst traf Fraktionschef Laurent Wauquiez ein und danach erst Parteichef und Innenminister Bruno Retailleau, der mit Rückzugsdrohungen den Rücktritt des Premiers ausgelöst hatte. Sein Schritt sorgte bei etlichen Konservativen für Missmut.

dpa/cvb/saha