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Die US-Sanktionen treffen Serbiens Ölversorgung hart. Sie haben aber auch langfristige Folgen für Putins Energiestrategie.
Belgrad/Novi Sad/Moskau/Washington D.C.– Die US-amerikanischen Sanktionen gegen die serbische Öl-Firma Naftna Industrija Srbije (NIS) sind am 9. Oktober 2025 in Kraft getreten und setzen seither Putins Handelspartner massiv unter Druck. Wie der Kyiv Independent berichtete, erhielt das russisch kontrollierte Unternehmen keine Verlängerung seiner US-Sanktionsbefreiung mehr. „Die spezielle Lizenz des US-Finanzministeriums, die einen reibungslosen operativen Geschäftsbetrieb ermöglicht, wurde noch nicht verlängert“, teilte NIS in einer offiziellen Erklärung mit.
Die Sanktionen treffen nicht nur Serbien, sondern haben weitreichende Folgen für die gesamte Region. NIS, das zu 44,9 Prozent dem russischen Staatskonzern Gazprom Neft gehört, deckt über 80 Prozent des serbischen Kraftstoffbedarfs ab. Das Unternehmen betreibt die einzige Raffinerie des Landes und beschäftigt rund 13.500 Mitarbeiter.
US-Sanktionen: Kroatischer Pipeline-Betreiber verliert Millionen-Einnahmen
Besonders betroffen ist der kroatische Pipeline-Betreiber JANAF, der als Hauptlieferant für NIS fungiert. Laut Kyiv Independent gewährten die USA JANAF eine einwöchige Verlängerung bis zum 8. Oktober, um bereits vertraglich vereinbarte Öllieferungen nach Serbien abzuwickeln.
Der Transport von Öl durch JANAFs Pipeline nach Serbien macht über 30 Prozent der Unternehmenseinnahmen aus, was das kroatische Unternehmen nun vor erhebliche wirtschaftliche Herausforderungen stellt. Die Sanktionen haben bereits konkrete Auswirkungen auf den Alltag der serbischen Bevölkerung. Laut aktuellen Berichten der Wirtschaftskammer Österreich ist die Bezahlung an NIS- und Gazprom-Tankstellen mit internationalen Bankkarten wie Visa oder Mastercard nicht mehr möglich – nur noch Barzahlung wird akzeptiert.
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Der serbische Präsident Aleksandar Vučić kündigte am 7. Oktober an, dass Belgrad Gespräche mit Moskau führen werde, um die durch internationale Sanktionen entstandenen Probleme zu lösen. Trotz wiederholter Verurteilungen von Russlands Invasion in der Ukraine, einschließlich Abstimmungen bei den Vereinten Nationen, weigert sich Serbien, sich den westlichen Sanktionen gegen den Kreml anzuschließen und unterhält weiterhin enge Beziehungen zu russischen Beamten.
Laut Euronews hielt der Verwaltungsrat von NIS am 10. Oktober 2025 eine außerordentliche Sitzung ab, um die aktuelle Situation und Arbeitspläne unter den amerikanischen Sanktionsbedingungen zu erörtern. Der elfköpfige Verwaltungsrat unter Vorsitz von Aleksej Ursov berät über Strategien zur Bewältigung der Krise.
Trotz der Sanktionen versucht NIS, Geschäftskontinuität zu demonstrieren. Das Unternehmen versicherte, dass es über ausreichende Rohölreserven für die Raffination verfüge und dass seine Tankstellen in ganz Serbien vollständig mit allen Kraftstoffarten bestückt seien. Wie Euronews berichtete, plant NIS am 22. Oktober 2025 die Ausschüttung von Dividenden für das Jahr 2024 in Höhe von 28,18 Dinaren pro Aktie an die Aktionäre. Die Dividendenausschüttung wird jedoch nicht für alle Aktionäre erfolgen. Laut Euronews ist die Ausschüttung für Aktionäre, die auf der SDN-Liste (Specially Designated Nationals and Blocked Persons List) des US-Finanzministeriums stehen, bis zu ihrer Streichung von dieser Liste aufgeschoben.
Energiekrise in Serbien: US-Sanktionen gegen russische NIS – Vučić zwischen Ost und West © IMAGO / Wirestock/ Anadolu AgencyLangfristige Folgen für Putins Energiestrategie und Kriegsfinanzierung
Die Entwicklungen fügen sich in ein größeres Bild ein: Die Sanktionen gegen NIS sind Teil eines breiteren US-amerikanischen Maßnahmenpakets gegen den russischen Energiesektor, das darauf abzielt, Moskaus Kriegsfinanzierung zu schwächen. Für Serbien bedeuten die NIS-Sanktionen einen Wendepunkt. Das Land muss seine Energiepolitik überdenken und kann nicht länger zwischen Ost und West lavieren. Und während Serbien mit den Folgen der Sanktionen kämpft, zeigen sich in Russland bereits selbst dramatische Auswirkungen auf die Energieversorgung.
Ukrainische Drohnenangriffe haben seit August wiederholt russische Ölraffinerien getroffen, wodurch etwa ein Drittel aller Raffinerien des Landes betroffen sind. Seit Januar wurden bereits 21 der 38 großen Raffinerien angegriffen – ein Anstieg um 48 Prozent im Vergleich zum gesamten Jahr 2024. Die Folgen sind dramatisch: Russlands Rohölverarbeitungsvolumen fiel im Oktober auf 4,86 Millionen Barrel pro Tag, ein Rückgang von fast zehn Prozent gegenüber Juli.
Die Angriffe haben bereits zu Kraftstoffrationierungen in vier russischen Regionen geführt. Mehrere Tankstellenketten haben in Tyumen den Verkauf von Benzin auf 30 Liter pro Kunde begrenzt. In der Region Sverdlovsk führten mehrere Ketten – darunter Lukoil und Bashneft – Obergrenzen von 20 bis 30 Litern pro Auto ein. Moskau hat bereits drastische Gegenmaßnahmen ergriffen: Benzin- und Dieselexporte sind bis Jahresende verboten, stattdessen importiert Russland Kraftstoff aus China, Singapur und Südkorea. (ls)