In Frankreich hat sich der Vorsitzende der konservativen Republikaner (LR), Bruno Retailleau, gegen eine Regierungsbeteiligung seiner Partei ausgesprochen. „Ich bin überzeugt, dass wir nicht teilnehmen sollten“, sagte der geschäftsführende Innenminister. Er werde nicht in die Regierung eintreten. Seiner Partei drohe im Fall einer Regierungsbeteiligung der Bedeutungsverlust, sagte Retailleau.

Mit dem Senats-Vorsitzenden Gérard Larcher sowie dem Europaabgeordneten und Vize-Parteichef François-Xavier Bellamy sprachen sich zwei weitere führende Mitglieder der Konservativen gegen eine erneute Regierungsbeteiligung aus. Larcher verwies auf den seiner Meinung nach zu erwartenden Druck von Seiten der Sozialisten. Diese würden unter anderem versuchen, eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik zu verhindern, sagte Larcher.

Inwiefern sich die Äußerungen der führenden Parteimitglieder mit der Stimmung in der Partei decken, ist unklar. Am Freitagabend hatte sich eine Mehrheit der LR-Abgeordneten für eine Unterstützung von Premierminister Sébastien Lecornu ausgesprochen.

Frankreich befindet sich in einer schweren innenpolitischen Krise. Präsident Emmanuel Macron hatte Lecornu am Freitag erneut mit der Regierungsbildung beauftragt – obwohl dieser zuvor an dieser Aufgabe gescheitert und am Montag nach nicht einmal einem Monat im Amt seinen Rücktritt erklärt hatte.

Haushalt für 2026 drängendstes Problem

Von den Parteien am linken und rechten Rand des politischen Spektrums kam am Freitagabend umgehend Widerstand. Der Chef der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN), Jordan Bardella, kündigte an, seine Partei werde „sofort“ ein Misstrauensvotum gegen die neue Regierung einbringen. Die linkspopulistische Partei La France Insoumise (LFI) strebt die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Macron an.

© Lea Dohle

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Die Sozialisten, deren Unterstützung für die Bildung einer stabilen Regierung notwendig ist, fordern nach wie vor das Aussetzen der von Macron im Jahr 2023 durchgesetzten und in Frankreich äußerst unpopulären Rentenreform. Die Partei drohte damit, ebenfalls für ein Misstrauensvotum zu stimmen, sollte Lecornu die Rentenreform nicht „sofort und komplett aussetzen“.

Frankreich hat seit der von Macron einberufenen vorgezogenen Parlamentswahl im Sommer 2024 keine stabile Regierung mehr. Die Nationalversammlung ist in drei Blöcke gespalten – das linke Lager, das Regierungslager in der Mitte und das rechtspopulistische Lager. Keiner der drei Blöcke kommt auf eine Mehrheit. Zudem muss Lecornu in dem hochverschuldeten Land einen Haushalt für 2026 durch das gespaltene Parlament bringen. Wie ihm dies gelingen soll, ist unklar.

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