Auch wenn Ratsfraktionen im Stadtrat konkrete Anfragen zu Themen stellen, die die Öffentlichkeit beschäftigen, werden ihre Fragen nicht immer auch öffentlich beantwortet. Immer wieder greift vor allem der Datenschutz, der solche Antworten dann meist in den nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung verbannt. So auch im Fall der Insolvenz der Gröner Group, mit der etliche Mieterinnen und Mieter auf einmal ohne Wasser in der Wohnung hockten. Und hätte die Stadt nicht auch Interesse an den Grundstücken, die Gröner in Leipzig noch besitzt?
Denn wenn die Gruppe nun insolvent ist, dürften ja doch – so sah es nicht nur CDU-Stadtrat Falk Dossin – auch die Grundstücke aus Gröner-Besitz zum Verkauf stehen, manche durchaus interessant für wichtige Leipziger Bauprojekte.
Die eigentliche Anfrage hatte die Linksfraktion gestellt: „Die jüngsten Entwicklungen rund um die Insolvenz der Gröner Group GmbH, ehemals CG Gruppe, mitsamt Firmenkomplex haben in Leipzig Besorgnis ausgelöst. Berichte über ausstehende Zahlungen an städtische Versorgungsunternehmen und mögliche Auswirkungen auf laufende Bauprojekte werfen Fragen auf. Es sind Fälle von Mieter*innen öffentlich geworden, die aufgrund von Zahlungsverzug des Vermieters gegenüber den Leipziger Stadtwerken, Strom oder Warmwasser abgestellt wurden, obwohl diese ihre Vorauszahlungen an den Vermieter fristgerecht geleistet haben.“
Und natürlich wollte die Linksfraktion wissen, wie Wasserwerke und Stadtwerke nun mit diesen Mietern umgehen, die ja ihre Vorauszahlungen alle geleistet haben. Beide städtische Unternehmen, so die Antwort aus dem Dezernat Stadtentwicklung und Bau, hätten dafür – auch schon aus früheren Insolvenzfälle resultierend – entsprechende Mechanismen entwickelt, wie sie damit umgehen.
Wie Wasserwerke und Stadtwerke damit umgehen
„Bei den Leipziger Wasserwerken ist auskunftsgemäß ein Standard-Prozess zum Schutz der Mieter im Falle des Zahlungsausfalls eines Vermieters erfolgreich etabliert. In einem solchen Fall bieten die Leipziger Wasserwerke den Mietern die Möglichkeit, sich vor einer Versorgungseinstellung zu schützen. Auch mögliche Mehrbelastungen der Mieter können durch eine offene Kommunikation vermieden werden.
Sollten tatsächlich Lieferunterbrechungen unvermeidbar und damit notwendig werden, setzen sich die Leipziger Wasserwerke vorher mit den Mietern in Verbindung und bieten Vereinbarungen zur Weiterversorgung an. Dadurch werden die Mieter auch nicht zweimal zur Kasse gebeten, sofern sie gleichzeitig die Zahlung des in Rede stehenden Betrages gegenüber dem Vermieter zurückbehalten“, schreibt das Dezernat in seiner Antwort.
Und: „Die Leipziger Stadtwerke informieren auskunftsgemäß grundsätzlich die Mieter durch Hausaushang im Vorfeld einer beabsichtigten Sperrung einer ‚Allgemeinanlage‘. Diese werden damit insbesondere auch über die Möglichkeit einer Kontaktaufnahme mit dem Versorger informiert, um eine Lösung zu finden. Im jeweiligen, individuell zu prüfenden Einzelfall besteht die Möglichkeit eines Zusammenschlusses der einzelnen Mieter als sogenannte Notgemeinschaft, welche als solche weiter beliefert werden kann.
Dies setzt u.a. voraus, dass die Notgemeinschaft Zahlungen direkt an die Stadtwerke leistet. Erfahrungsgemäß können solche Notgemeinschaften für die Stadtwerke aber auch Risiken und Abwicklungsschwierigkeiten hervorrufen (insbesondere bei Mieterwechsel, sprich wechselnde Zusammensetzung der Notgemeinschaft; Streit der Mieter über Haftungsanteile bzgl. der Gesamtforderung; vertretungsberechtigter Ansprechpartner der Notgemeinschaft für die Übersendung von Rechnungen, Preisanpassungen etc.).“
Dazu kommt, dass ja die kommunalen Unternehmen selbst Verträge mit der Gröner Group und entsprechend Ausfälle bei Zahlungen zu verkraften haben. Aber obwohl sich die Linke auch für die Höhe dieser Ausfälle interessierten, blieb die Antwort dazu unkonkret. Es handele sich um vertrauliche Kundendaten.
Aktuell kein Grundstückskauf in Sicht
Aber wesentlich mehr Fragen warfen die in Gröner-Besitz befindlichen Grundstücke auf, zu denen die Antworten größtenteils unter den Datenschutz fielen, sodass nachfragende Stadträte in der öffentlichen Fragestunde schon sehr vorsichtig formulieren mussten, als sie wie die CDU-Stadträte Falk Dossin und Michael Weickert und die Linke-Fraktionsvorsitzende Franziska Riekewald, nachfragten, ob die Stadt Zugriff auf diese Grundstücke haben könnte.
Und es scheinen einige Grundstücke zu sein, die Gröner in Leipzig zu Zeiten erworben hat, als diese noch preiswert zu haben waren. Die Liste selbst ist nicht öffentlich. Aber zumindest zwei Grundstücke wurden am 16. April benannt – eins an der Wilhelm-Sammet-Straße in Eutritzsch und der Alte Postbahnhof in Schönefeld.
Für den Alten Leipziger Postbahnhof Süd gibt es mit der Gröner sogar einen städtebaulichen Vertrag zur Herstellung einer straßenseitigen Anbindung des künftigen Gewerbegebietes im Bereich der Brandenburger Straße. „Nach Fertigstellung, Ab- und Übernahme der zukünftig öffentlichen Erschließungsflächen sollen diese gemäß städtebaulichem Vertrag kosten- und lastenfrei in das Eigentum der Stadt übertragen werden“, stellt der Vertrag fest. Nur: Wenn nichts fertiggestellt wird, wird auch nichts übergeben.
Und ganz so einfach ist es auch nicht, dass Leipzig jetzt einfach Gröner-Grundstücke kauft. Denn es sei überhaupt noch nicht klar, ob sie überhaupt auf den Markt kommen, so Baubürgermeister Thomas Dienberg, oder weiter unter Verwaltung eines Insolvenzverwalters bleiben.
Ein prinzipielles Interesse, weitere Grundstücke für wichtige Leipziger Investitionsvorhaben zu erwerben, bestehe natürlich, hatte das Baudezernat festgestellt: „Übrigen wird laufend geprüft, ob sich Ankaufsgelegenheiten auf dem Grundstücksmarkt ergeben, so auch im benannten Insolvenzzusammenhang. Verhandlungsstände oder konkrete Liegenschaften, die ggf. im Zuge des bzw. der Insolvenzverfahren der Gröner Group GmbH bzw. zugehöriger Projektgesellschaften erworben werden sollen, können allerdings aktuell nicht benannt werden.
Die Anmeldung einer Insolvenz eines Immobilienunternehmens bzw. einer Projektgesellschaft bedeutet nicht automatisch, dass sämtliche zugehörigen Grundstücke unmittelbar verkauft werden. Je nach Einzelfall kann es durchaus sein, dass laufende Projekte bzw. Projektgesellschaften auch unter der Aufsicht eines Insolvenzverwalters fortgeführt werden.
Sollte es im Verlauf des Verfahrens doch zu Verkäufen aus der Insolvenzmasse kommen und sich dabei Objekte als grundsätzlich geeignet für kommunale Aufgaben erweisen, kann eine Stadt gegebenenfalls prüfen, ob ein Erwerb infrage kommt. In einem solchen Fall agiert sie in der Regel als Marktteilnehmerin unter üblichen Wettbewerbsbedingungen – es sei denn, es greifen spezielle gesetzliche Regelungen wie etwa allgemeine oder besondere kommunale Vorkaufsrechte.“
Wettbewerbsbedingungen aber heißt: Die Stadt wäre dann immer nur ein Bieter unter vielen. Und in der Regel erhält dann der Meistbietende den Zuschlag. Und das ist selten die Kommune. Konkret zum Augenblick erklärte das Baudezernat: „Aktive Verhandlungen zum Erwerb von Objekten im Bestand der Gröner Group werden derzeit nicht geführt.“
Viel mehr wird es dazu auch in der nichtöffentlichen Sitzung nicht gegeben haben – außer wohl mehr Informationen zu den bekannten Gröner-Grundstücken in Leipzig.