Pressekonferenz in der russischen Botschaft in Berlin. Das ist ungewöhnlich, erst recht, weil nicht Russen eingeladen haben, sondern Deutsche. Genauer: das Team des rechtsextremen „Com­pact“-Magazins. Es will eine Putin-Medaille präsentieren, die in seinem Onlineshop angeblich der Renner ist, 74 Euro 95 das Stück.

Dienstag, Putins 73. Geburtstag, elf Uhr morgens. Der Chefredakteur von „Compact“, Jürgen Elsässer, trägt Smoking, dazu Fliege und Lackschuhe, der russische Botschafter Anzug und Krawatte. Auch drei AfD-Abgeordnete aus Sachsen-Anhalt sind gekommen. Eingeladen wurden sie von einem „Compact“-Mitarbeiter, der früher Poli­tiker in der AfD war. Einer der Abgeordneten berichtet, er habe sich heute Morgen noch schnell die Putin-Münze im „Compact“-Shop bestellt. „Lang lebe Wladimir Putin“, sagt der Chefredakteur auf der Bühne. Der Botschafter gratuliert aus der Ferne seinem Präsidenten. Wer sich dafür interessiert, wie deutsche Rechtsextreme mit der russischen Regierung netzwerken, bekommt hier etwas geboten.

Kein Wort vom Krieg

Gruß aus der BotschaftskücheGruß aus der BotschaftskücheFriederike Haupt

Nach der Pressekonferenz erwartet die Gäste ein Imbiss. Da werde man Meinungen austauschen, kündigt der Botschafter zuvor an. „Ich weiß nicht, ob wir alle Meinungen auf einen Nenner bringen, aber die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Er sagt das in freundlichem Ton, trotzdem klingt es wie eine Drohung.

Gereicht werden Lachs-Kanapees, Kaviar im Blätterteig, Käse-Trauben-Spießchen und Macarons, dazu Schaumwein. Hinter dem Buffet ragt im mehr als zwanzig Meter hohen Saal ein riesiges Fensterbild auf. Es zeigt den Spasski-Turm am Kreml, bunt wie ein Kirchenfenster. Zur vollen Stunde ertönt in der Botschaft der Glockenton vom Band. An Stehtischen mit weißen Hussen wird gespeist. Heitere Stimmung unter den „Compact“-Leuten, sie versichern dem Botschafter eilfertig, dass Deutschland Russland brauche, schon wegen der Bodenschätze. Deutschland wiederum biete Ingenieurskunst. Der Botschafter nimmt das lächelnd zur Kenntnis. Kein Wort vom Krieg.

Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.



In einer Ecke stehen Tee, Kaffee, Teller voller Schokolade in bunt gemustertem Papier und Körbe mit glasierten Lebkuchen. Diese Leb­kuchen hießen Prjaniki, erklärt eine junge Mitarbeiterin der Botschaft der F.A.S. Man esse sie nicht nur zu Weihnachten, sondern das ganze Jahr über, gern zum Tee. Besonders die Lebkuchen aus der Stadt Tula, nicht weit von Moskau, seien berühmt. Es ist, als spräche der Geist des friedlichen Russlands aus dem Jenseits zu einem.

Im russischen Äquivalent zu dem Ausdruck „Zuckerbrot und Peitsche“ steht Prjanik für das Zuckerbrot. Heute wird es „Compact“ und seinen Gästen gereicht. Die Peitsche saust woanders nieder.