Es war sein letzter öffentlicher Auftritt: Er war gesundheitlich schwer angeschlagen – trotzdem hatte es sich Papst Franziskus nicht nehmen lassen, bei der traditionellen Ostermesse in Rom den Gläubigen am Ostersonntag nah zu sein. Vor mehreren Zehntausend Gläubigen auf dem Petersplatz spendete Papst Franziskus den Segen Urbi et Orbi (Der Stadt und dem Erdkreis).

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Das 88 Jahre alte Oberhaupt der katholischen Kirche erschien nach der Ostermesse unter großem Jubel auf dem Balkon des Petersdoms. Den kurzen Segen sprach er mit schwacher Stimme – es sollte sein letztes Urbi et Orbi sein. Am Morgen des Ostermontags verkündete der Vatikan den Tod von Franziskus.

Ich wünschte, wir könnten wieder zurückfinden zu der Hoffnung, dass Frieden möglich ist.

Aus der Osterbotschaft des Papstes

Zuvor hatte Franziskus im Vatikan US-Vizepräsident JD Vance für einige Minuten zum Gespräch empfangen. Dann wurde er im Rollstuhl auf den Balkon des Petersdoms gefahren. Zu den Wartenden sagte der Papst, der ohne Beatmungskanülen zur Sauerstoffzufuhr erschiene war, auf Italienisch: „Liebe Schwestern und Brüder: Frohe Ostern.“ Immer wieder ertönten Rufe „Es lebe der Papst.“

US-Vizepräsident Vance trifft Papst Franziskus.

© IMAGO/Catholicpressphoto/IMAGO/Vatican Media

Das Oberhaupt von weltweit mehr als 1,4 Milliarden Katholiken war nach einer lebensgefährlichen Lungenentzündung vor vier Wochen aus dem Krankenhaus entlassen worden. Auf Empfehlung der Ärzte soll er sich noch schonen. Deshalb ließ sich Franziskus bei der Ostermesse auf dem Petersplatz von dem italienischen Kardinal Angelo Comastri vertreten. Er selbst war bei der Messe nicht dabei.

Was ist „Urbi et Orbi“?

Der Segen „Urbi et Orbi“ (der Stadt Rom und dem Erdkreis) ist eines der bekanntesten Rituale der katholischen Kirche. Er wird zu Weihnachten und zu Ostern gespendet. Allen, die die Worte des Papstes hören, sei es persönlich in Rom oder über moderne Kommunikationsmittel an jedem anderen Ort auf der Welt, wird nach der Kirchenlehre ein Ablass gewährt.

„Ich wünschte, wir könnten wieder zurückfinden zu der Hoffnung, dass Frieden möglich ist“, heißt es in der Osterbotschaft des Papstes, die stellvertretend von dem Zeremonienmeister Diego Giovanni Ravello von der Loggia aus verlesen wurde. „Das Böse ist nicht aus unserer Geschichte verschwunden, es wird bis zum Ende bleiben, aber es hat nicht mehr die Vorherrschaft, es hat keine Macht mehr über diejenigen, die das Gnadengeschenk dieses Tages annehmen“, heißt es weiter.

Auch ging Franziskus darin auf die vielen Kriege und Konflikte auf der Welt ein: „Wie viel Todeswillen sehen wir jeden Tag in den vielen Konflikten in verschiedenen Teilen der Welt! Wie viel Verachtung wird den Schwächsten, den Ausgestoßenen, den Migranten bisweilen entgegengebracht!“

Israel ein Schwerpunkt in Osterbotschaft von Franziskus

Franziskus ging besonders auf den Krieg zwischen Israel und der Hamas ein. „Den leidenden Christen in Palästina und Israel wie dem gesamten israelischen und palästinensischen Volk bekunde ich meine Nähe“, hieß es in der Botschaft. 

Seine Gedanken seien „insbesondere bei der christlichen Gemeinde im Gazastreifen, wo der schreckliche Konflikt“ weiterhin Tod und Zerstörung bringe „und eine dramatische und unwürdige humanitäre Situation verursacht“. Zudem sprach er über den Krieg in der „gepeinigten Ukraine“ sowie die Konflikte im Jemen, zwischen Aserbaidschan und Armenien, im Sudan und in Syrien.

Franziskus prangerte zudem ein „wachsendes Klima des Antisemitismus“ an, das sich „in der gesamten Welt“ ausbreite und „besorgniserregend“ sei. Erneut rief der Papst zudem zur Abrüstung auf. „Es kann keinen Frieden geben ohne echte Abrüstung! Der Anspruch eines jeden Volkes, für seine eigene Verteidigung zu sorgen, darf nicht zu einem allgemeinen Wettrüsten führen“, hieß es in der Osterbotschaft.

Papst Franziskus fährt in seinem Papamobil an der Menschenmenge auf dem Petersplatz vorbei.

© dpa/Andrew Medichini

Zudem sprach Franziskus über die Christen, die sich „vielerorts nicht frei zu ihrem Glauben bekennen“ könnten und fügte an: „Es kann keinen Frieden geben, wenn es keine Religionsfreiheit oder keine Gedanken- und Redefreiheit und keinen Respekt vor der Meinung anderer gibt.“

Später wurde Franziskus im offenen Auto rund eine Viertelstunde lang über den Petersplatz gefahren, wo ihm die Gläubigen zujubelten. Der 88-Jährige, der erst vor einem Monat aus dem Krankenhaus entlassen worden war, segnete umringt von zahlreichen Leibwächtern mehrere Säuglinge und Kleinkinder, die ihm ins offene Papamobil gereicht wurden. 

Papst traf Vance dauerte nur wenige Minuten

Das Treffen mit US-Vizepräsident Vance habe nur ein paar Minuten gedauert, man habe sich gegenseitig frohe Ostern gewünscht, teilte das Presseamt des Vatikans mit. Vance ist seit Karfreitag mit seiner Familie in Rom zu Besuch und hatte am Samstagmorgen auch Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin getroffen.

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Im Vorfeld der Osterfeierlichkeiten war aufgrund der lebensbedrohlichen Atemwegserkrankung des Pontifex und seines langen Krankenhausaufenthalts fraglich gewesen, in welcher Form Franziskus an den Osterfeierlichkeiten teilnehmen würde. An der traditionellen Kreuzweg-Prozession in Rom am Karfreitag hatte das Oberhaupt der 1,3 Milliarden Katholiken nicht teilgenommen.

Franziskus war im Februar wegen einer beidseitigen Lungenentzündung in die Gemelli-Klinik in Rom gebracht worden und entging dort nach Angaben seiner Ärzte nur knapp dem Tod. (dpa, lem)