Die Uni Hohenheim wird bei ausländischen Studierenden immer beliebter. Doch nach der Ankunft in Stuttgart finden sich viele von ihnen plötzlich in einer verzweifelten Lage wieder.
Sie haben sich auf Deutschland gefreut, auf ihr Master-Studium an der Universität Hohenheim mit ihrem guten internationalen Ruf und ihrem schönen Campus. Doch schon wenige Tage nach ihrer Ankunft in Stuttgart sind Saikumar Kuruva und Primul Theja Bandarikanti bitter enttäuscht. Denn dass es so schwer werden würde, einen bezahlbaren Ort zum Wohnen zu finden, damit haben die beiden 23-Jährigen aus Indien nicht gerechnet.
Einen Platz im Wohnheim haben sie nicht ergattert. Die Absage kam im September. Da blieb nur noch wenig Zeit, um sich nach einer anderen Bleibe umzuschauen. Die beiden Studenten suchten noch von ihrer Heimat aus auf Online-Portalen nach einer Wohnung – doch in der Regel bekamen sie nicht einmal eine Antwort. Also reisten sie sozusagen auf gut Glück nach Stuttgart. Aktuell wohnen sie in einem Hotel in der Innenstadt. Doch das ist auf die Dauer viel zu teuer.
Uttej Chadaravalli ging es genauso, als er vor mehreren Jahren als Student von Indien nach Hohenheim kam. Mittlerweile hat er eine Wohnung gefunden; nun hilft er anderen und informiert zum Beispiel bei großen Online-Meetings. „Es ist schwierig, eine Wohnung zu bekommen, wenn man nicht gut Deutsch kann“, erzählt der 29-Jährige. Das bestätigt auch Raphael Scholz. Er setzt sich schon seit Jahren ehrenamtlich für die internationalen Studierenden ein, begleitet sie auch schon mal zu Wohnungsbesichtigungen und sagt: „Deutsche haben es da leichter. Manche Menschen haben bewusst oder unbewusst Vorbehalte gegenüber Studierenden aus anderen Ländern.“
Wohnraummentoring des Akademischen Auslandsamts
Das Akademische Auslandsamt der Uni Hohenheim hat ein Wohnraummentoring ins Leben gerufen. Alessa Heisler, die bei dem Amt für die Betreuung internationaler Studierender zuständig ist, und ihr kleines Team unterstützen Neuankömmlinge bei der Suche nach einer bezahlbaren Bleibe. Sie informieren, wo man nach freien Wohnungen schauen kann, wie man sich vor Betrügern auf dem Wohnungsmarkt schützt und was man bei einer Bewerbung oder einem Vor-Ort-Termin beachten sollte – wenn man denn mal zu einer Besichtigung eingeladen wird.
Die Zahl der ausländischen Studierenden an der Uni Hohenheim ist in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Vor der Pandemie seien es noch etwa 150 gewesen, in diesem Semester dann mehr als 330, nennt Alessa Heisler Zahlen. Etwa 200 von ihnen hätten aktuell noch keine Wohnung, etwa 100 von ihnen seien im Wohnraummentoring-Programm. „Die Situation auf dem Wohnungsmarkt hat sich geradezu dramatisch zugespitzt. Man kann niemandem einen Vorwurf machen. Niemand kann Zimmer aus dem Hut zaubern“, sagt sie. Es gebe schlicht zu wenig bezahlbaren Wohnraum.
Knapp 1200 Wohnheimplätze in Hohenheim
Das Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim betreibt in Stuttgart neun Wohnheime mit 1187 Plätzen. In einigen Wohnheimen wird saniert. An der Fruwirthstraße 15 bis 19 ist derzeit eine große Baustelle. Dort entstehen 126 neue Wohneinheiten. Am 16. Oktober wird der Spatenstich gefeiert, die Eröffnung ist für Mitte 2027 geplant. Doch auch danach wird das Thema Wohnraummangel bestehen bleiben.
Im August riefen das Studierendenwerk und die Oberbürgermeister der beiden Universitätsstädte, Frank Nopper und Boris Palmer, die Bürgerinnen und Bürger dazu auf, freien Wohnraum für Studierende bereitzustellen. „Jede freie Unterkunft hilft. Wir betreiben über 100 Wohnheime mit 6000 Wohneinheiten – aber die Nachfrage ist ungebrochen hoch“, wird Edith Hein, die Geschäftsführerin des Studierendenwerks, in einer Pressemitteilung zitiert. „Allein im Jahr 2024 haben wir rund 12 000 Bewerbungen erhalten. Ohne zusätzliche private Angebote können wir dem Bedarf nicht gerecht werden“, so Edith Hein weiter.
Alessa Heisler ist beim Akademischen Auslandsamt der Uni Hohenheim für die Betreuung internationaler Studierender zuständig. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski
Diesem Aufruf schließt sich auch Alessa Heisler an. Sie betont, dass nicht nur ausländische Studierende mit dem angespannten Wohnungsmarkt zu kämpfen haben. Doch diese Gruppe habe es besonders schwer. „Ich glaube, den meisten Menschen hierzulande ist gar nicht klar, wie sich ausländische Studierende finanzieren“, sagt sie. Studierende aus Nicht-EU-Ländern hätten in der Regel ein Sperrkonto, von dem sie monatlich einen festen Betrag abheben können. Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, gehen die meisten nebenher noch arbeiten. „Das macht sie zu verlässlichen Mietern“, stellt Alessa Heisler klar. Doch sie brauchen eine Wohnung, um sich im Bürgerbüro anzumelden. Erst wenn sie eine feste Adresse haben, haben sie Zugriff auf ihr Sperrkonto. Letztlich sei das eine Zwickmühle.
„Jeder hat ein Recht auf eine Wohnung. Es sollte nicht so sein, dass es so schwer ist, eine zu finden – und so teuer“, findet Raphael Scholz. „Für uns als Uni ist es schön, dass so viele ausländische Studierende kommen. Und es passt auch zu Stuttgart, es ist ein Aushängeschild“, ergänzt Alessa Heisler. Aber wenn die jungen Menschen dann keine bezahlbare Wohnung finden, ist der gute Ruf der Landeshauptstadt und der Uni Hohenheim schnell dahin.
Wohnen an der Uni Hohenheim
Wohnungsbörse
Die Universität Hohenheim bietet eine Wohnungsbörse an. Dort können Vermieter schnell, unkompliziert und kostenlos Inserate aufgeben. Aktuell finden sich dort mehr als 100 Angebote. Die Preise für ein kleines Zimmer betragen zwischen 250 und 550 Euro.
Kontakt
Die Wohnungsbörse ist im Internet unter www.uni-hohenheim.de/wohnungsboerse zu finden. Ansprechpartner bei Fragen ist die Geschäftsstelle für Sport, Musik und Wohnen der Uni Hohenheim.