Islamabad/Kabul (dpa) – Die Spannungen zwischen Afghanistan und der benachbarten Atommacht Pakistan eskalieren: Bei Gefechten an der Grenze wurden nach afghanischen Angaben Dutzende Soldaten getötet. Kabul und Islamabad machen sich gegenseitig für die Konfrontation verantwortlich. Katar, Saudi-Arabien und der Iran riefen beide Staaten zur Zurückhaltung auf.

Der Sprecher der in Kabul herrschenden islamistischen Taliban, Sabihullah Mudschahid , berichtete von 58 getöteten pakistanische Soldaten. Außerdem wurden nach seinen Worten 20 Grenzkontrollposten des Nachbarlandes vorübergehend eingenommen. Er sprach von «Vergeltungsaktionen» Afghanistans. Weiter sagte er vor Journalisten, auch neun afghanische Soldaten seien ums Leben gekommen. Auf Bitten Katars habe Afghanistan die Kämpfe eingestellt, nicht aber Pakistan.

Grenzkontrollposten besetzt 

Pakistanische Medien berichteten unter Berufung auf Sicherheitskreise, auf afghanischer Seite gebe es zahlreiche Opfer. Zudem hätten pakistanische Soldaten 19 Grenzkontrollposten in ihre Gewalt gebracht. Die pakistanische Armee habe die Gegenseite mit Artillerie beschossen, berichtete die pakistanische Zeitung «Dawn». Die Angaben beider Seiten ließen sich nicht unabhängig überprüfen. 

Das afghanische Verteidigungsministerium hatte zuvor mitgeteilt, die Attacken seien eine Reaktion auf «wiederholte Angriffe auf die Souveränität Afghanistans durch das pakistanische Militär». Berichten zufolge war die afghanische Hauptstadt Kabul am späten Donnerstagabend Ziel von Luftangriffen geworden. 

Pakistan hat Berichte über eine Verwicklung weder offiziell bestätigt noch zurückgewiesen. Pakistanische Geheimdienstkreise teilten der Deutschen Presse-Agentur mit, die Angriffe hätten Noor Wali Mehsud gegolten, dem Kopf der pakistanischen Taliban (TTP).

Eine rund 2.400 Kilometer lange Grenze

Pakistan hat seit einer Weile mit zunehmender Gewalt durch die TTP zu kämpfen und wirft den Taliban im Nachbarland vor, Kämpfern auf ihrem Boden Schutz zu gewähren. 

Die Machthaber in Kabul weisen die Vorwürfe zurück. Sie bezichtigten ihrerseits die pakistanische Seite, hinter jüngsten Angriffen des IS-Ablegers Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) in Afghanistan zu stecken. Dieser operiere von Pakistan aus mit Unterstützung des dortigen Militärs. Islamabad weist das zurück. 

Die Nachbarländer teilen sich eine rund 2.400 Kilometer lange Grenze, die 1893 zwischen dem damaligen Britisch-Indien und dem Emirat Afghanistan entstand. Der Verlauf der als «Durand-Linie» bekannten faktischen Grenze ist zwischen den Ländern umstritten.