Mit dem „Paukenschlag“, den Dr. Johannes Slawig wählte, um am Mittwoch seinen Rückzug vom Vorsitz der Wuppertaler CDU zu verkünden, hat der Ex-Kämmerer die staatsmännische Karte nur bis zur Hälfte seines drei Seiten langen Rücktrittstextes gespielt – komplett nachzulesen bei uns auf www.wuppertaler-rundschau.de. Im zweiten Teil ist die Erklärung leider ein Musterbeispiel für das, was die Psychologie „Schuldverschiebung“ nennt.
Kurz gesagt: Johannes Slawig, jahrzehntelang als Kämmerer zweifellos einer der mächtigsten Männer dieser Stadt, übernimmt die Verantwortung für den Abgrund, in dem sich die christdemokratische Partei schon seit der Bundestagswahl befindet. Aber dann übernimmt er die Verantwortung dafür doch wieder nicht – denn es gab ja noch diese vermaledeite Oberbürgermeisterwahl.
Der Rundumschlag, mit dem Slawig in Sachen des krachenden CDU-Scheiterns bei der OB-Entscheidung nicht nur den Kandidaten Matthias Nocke frontal angreift, sondern auch mit großer Kraft in die eigenen Partei(Spitzen-)Reihen hineinschlägt, lässt seit Mittwoch allüberall in der Stadt Menschen ganz unterschiedlicher (politischer) Couleur die Köpfe schütteln.
Darüber hinaus ist es auch keine besonders gute Idee, die erfolgreiche (und parteilose) Personal- und Digitalisierungs-Dezernentin Sandra Zeh nachträglich noch einmal gegen Matthias Nocke in Stellung zu bringen. Beide sind Mitglieder des Verwaltungsvorstandes – und müssen miteinander auskommen.
Dass sich Johannes Slawig mit seiner Idee, Sandra Zeh ins OB-Rennen zu schicken, innerparteilich nicht durchgesetzt hat, könnte auch diesen Grund haben: Slawig selbst hatte weit im Vorfeld der OB-Frage deutlich gesagt, dass es – nach der aus CDU-Sicht üblen Erfahrung mit dem Grünen Uwe Schneidewind – nicht wieder passieren dürfe, dass jemand ohne christdemokratisches Parteibuch (und umfangreiche Wuppertal-Erfahrung) sich für die CDU um das Oberbürgermeisteramt bewirbt. Ich fand es deswegen doch erstaunlich, dass Johannes Slawig vehement (und das war kein Geheimnis) auf Sandra Zeh gesetzt hat.
Gar kein Geheimnis ist außerdem seit langer Zeit, dass Johannes Slawig und Matthias Nocke nicht miteinander harmonieren. Trotzdem ist die Wortwahl, mit der der jetzt frischgebackene Ex-CDU-Chef den zumindest innerhalb der (freien) Kulturszene beliebten Dezernenten „anspricht“, gar kein feiner Zug. Es ist korrekt: Matthias Nocke war chancenlos gegen Miriam Scherff von der SPD. Jetzt aber „Demut und Selbstkritik“ von Nocke zu verlangen und ihn zum Rücktritt aufzufordern, schießt weit über das Ziel hinaus.
Apropos Ziel: Welches verfolgt Johannes Slawig? Das fragen jetzt viele Menschen in Gesprächen. Will er bewusst verbrannte Erde, einen riesigen Scherbenhaufen hinterlassen? Hofft er, so die CDU zum Phoenix zu machen, der sagenumwoben aus der Asche wiederaufersteht?
Das zumindest wird schwerlich gelingen. Schon gar nicht so schnell, wie es jetzt notwendig wäre. Wuppertal braucht selbstverständlich eine klassisch verwurzelte, konservative Partei mit entsprechendem Format und Selbstbewusstsein für den demokratischen Diskurs. Jemand wie Ex-CDU-Kapitän Hermann-Josef Richter, der weiß Gott Ecken und Kanten hatte (und noch hat) verkörperte dieses Format. Wenn die CDU nicht bald jemanden wie Richter (und damit sind explizit auch Frauen gemeint) findet, läuft sie Gefahr, zum Spielball der AfD zu werden.
Auf verbrannter Erde wächst lange nichts mehr. Dabei hat Wuppertal viel vor der Brust. Wenn SPD und CDU jetzt ohne Altlasten ein gutes Stück weit zueinanderfinden (und dabei um die Unterstützung weiterer Demokraten werben), kann das dieser Stadt nicht schaden.