Leipzig – Sie geht – aber natürlich nicht leise. Jette Nietzard (26), die scheidende Chefin der Grünen Jugend, hat bei ihrem Abgang beim Grüne-Jugend-Bundeskongress in Leipzig noch einmal das geliefert, was sie so berühmt-berüchtigt gemacht hat: viel Trotz, viel Pathos und null Selbstkritik.
„Mir ist egal, was Menschen sagen, was Grüne denken und was Journalisten schreiben“, rief sie zu Beginn ihrer Abschiedsrede in die Halle. Unter den Augen des Grünen-Bundeschefs Felix Banaszak (35). Der vernahm es mit unbewegter Miene. Ihr sei nur wichtig gewesen, „dass der Verband links bleibt“.
„Das war furchtbar“
Denn statt sich zu den handfesten Mobbing-Vorwürfen gegen sie zu äußern (Stichwort: Co-Chef Jakob Blasel, wochenlang ignoriert, mürbe gemacht, zum Rückzug getrieben), hielt Nietzard lieber Hof über die großen Fragen der Revolution. Selbstkritik? Fehlanzeige.
Emotional: Die scheidende Grüne-Jugend-Chefin Jette Niezard
Foto: Jennifer Brückner/dpa
Dafür jede Menge Trotz. Zunächst bekam die grüne Mutterpartei noch eins mit: zu feige, zu angepasst, zu sehr Establishment. Dieselbe Partei, die sie bis zuletzt (im Juni) mit „All Cops are Bastards“-Pulli und „Söder ist ein Hundesohn“-Ausfällen regelmäßig in Wallung brachte.
„Das Wochenende im Juni war das Schlimmste meiner Amtszeit“, klagte Nietzard – mit nun bebender Stimme. „Das war furchtbar, als alle meinen Rücktritt gefordert haben.“
„Niemandem in den Arsch gekrochen“
Zum Schluss dann noch ein Stoßseufzer fürs grüne Poesiealbum.
Sie sei „niemandem in den Arsch gekrochen“, glaube „nicht mehr an die Grüne Partei“, bleibe aber trotzdem Mitglied. Schließlich könne man „schweigend nichts erkämpfen“.
Geschwiegen hat Nietzard dagegen zu all den Vorwürfen der zurückliegenden Tage. Sie soll Mitglieder angeschrien, eingeschüchtert und diffamiert, Männer, die ihr nicht passten, als „Antifeministen“ verunglimpft haben. Ein Wort der Erklärung oder gar Entschuldigung? Fehlanzeige.
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Auf all die Vorwürfe ging Bundessprecher Banaszak in seinem kurzen Grußwort nicht ein, appellierte stattdessen an die Geschlossenheit der grünen Familie. Er wolle keine angepasste Jugend, aber eine, mit der man weniger über die Medien und stattdessen mehr direkt miteinander ins Gespräch kommt.
Banaszaks Rede wurde von einem Banner eingerahmt, das mehrere Delegierte hochhielten, auf dem „Felix, links abbiegen“ zu lesen stand. Nach seiner Rede stimmten Teile der Delegierten „Linksruck jetzt“-Sprechchöre an.
Das „miteinander ins Gespräch kommen“, könnte noch kompliziert bleiben.